Viele Vermittlerinnen und Vermittler bemühen sich, die im letzten August in Kraft getretene Abfragepflicht nach Nachhaltigkeitspräferenzen so vorzunehmen, wie es vom Gesetzgeber verlangt wird. Doch nicht alle Kunden sind auch daran interessiert. Die Ergebnisse des 15. Vermittlerbarometers des Bundesverband Finanzdienstleistung AfW e. V. (AfW) ergeben, dass nur etwa die Hälfte der Kunden (53%) sehr an dem Thema interessiert ist und mit ihrem Vermittler oder ihrer Vermittlerin über ihre Nachhaltigkeitspräferenzen sprechen möchte. 22% möchten nicht darüber sprechen. Einem Viertel der Kunden (25%) ist das Thema ESG (Environmental, Social, Governance – zu Deutsch Umwelt, Soziales, Unternehmensführung) schlichtweg egal.
Einarbeitung in die ESG-Thematik braucht Zeit
Auch auf Vermittlerseite läuft es noch nicht reibungslos. Auch hier ist es nur etwa die Hälfte der Vermittler (52%), die sich ausreichend zu dem Thema informiert sieht. Ein Drittel (33%) verneint die Frage. Die Mehrheit (54%) kann ihren Kunden alle drei Fachbegriffe ESG, Taxonomie und Greenwashing erklären. Ein knappes Drittel (32%) hat bei mindestens einem der Begriffe Mühe.
Jedoch betont der AfW, dass die Umfrage, dem das diesjährige Vermittlerbarometer zugrunde liegt, bereits im Oktober und November 2022 durchgeführt wurde, also nur wenige Monate nach Einführung der gesetzlichen Abfragepflicht. Zudem sei es Vermittlern nicht einfach gemacht worden, so AfW-Vorstand Norman Wirth.
„Die Verankerung der Nachhaltigkeit in der Beratung ist ein Prozess, der Zeit braucht. Die überstürzte und inkonsistente Einführung seitens der Regulierung hat den Start unnötig erschwert. Wir erwarten aber, dass sich in einem Jahr der Kenntnisstand und die Umsetzung in der Praxis bei den Beraterinnen und Beratern deutlich verbessert haben wird“, so Wirth.
Produktzuordnung ohne technische Hilfe aktuell kaum möglich
Gegenüber den Vermittlern und Vermittlerinnen findet Wirth lobende Worte: „Wir sehen, dass viele Vermittler sich mittlerweile in die Thematik eingearbeitet haben und die Abfrage nach Nachhaltigkeitspräferenzen in ihren Beratungsprozess integriert haben“, so Wirth. So gebe es inzwischen auch viele Beratungshilfen, die den Prozess erleichtern.
Diese werden auch von den Vermittlerinnen und Vermittlern genutzt. So geben 41,9% an, dass sie Software-Tools während ihrer Beratung verwenden. Schriftliche Fragehilfen verwenden 30,6% der Berater und Beraterinnen, 34,1% nutzen auch allgemeines Informationsmaterial.
Ohne technische Hilfe sei eine rasche Zuordnung der Produkte zu den passenden Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden kaum möglich, heißt es vonseiten des AfW. Hier seien aktuell noch die Produktgeber gefragt.
Über das AfW-Vermittlerbarometer
Das AfW-Vermittlerbarometer wurde in Kooperation mit den Fördermitgliedern des Verbandes nunmehr zum 15. Mal durchgeführt. Die diesjährige Online-Umfrage mit mehr als 50 Fragen zu Tätigkeit, Einkommen, Regulierung und anderen aktuellen Fragen wurde von mehr als 1.300 Teilnehmern und Teilnehmerinnen beantwortet. Ein Drittel davon sind AfW-Mitglieder. 87% weisen Maklerstatus auf, zwei Drittel verfügen über die Erlaubnis als Finanzanlagenvermittler oder -vermittlerin nach § 34f GewO. (js)
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