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4. Mai 2023
Aktuare beleuchten Auswirkungen des Zinsanstiegs auf Versicherer

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Aktuare beleuchten Auswirkungen des Zinsanstiegs auf Versicherer

Die Deutsche Aktuarvereinigung hat während eines Pressegesprächs die Auswirkungen des veränderten Zinsumfelds auf Lebens- und Schadensversicherer beleuchtet. Dringenden Handlungsbedarf sehen die Aktuare auch bei der Altersversorgung sowie in der Pflege.

Die drastisch gestiegene Inflation des letzten Jahres und das darauf reagierende Zinsumfeld hat sich erstmals seit ihrer Einführung im Jahr 2011 reduzierend auf die Zinszusatzreserve (ZZR) der Versicherer ausgewirkt. Eine marktweite und signifikante Überschussbeteiligung sei durch deren Abschmelzen aber kurzfristig noch nicht erwartbar. Dies hat Dr. Maximilian Happacher, neuer Vorsitzender des Deutschen Aktuarvereinigung e. V. (DAV) während eines digitalen Pressegesprächs am Donnerstag erklärt.

Im Jahr 2021 sank der Referenzzins noch um 16 Basispunkte. Damit verbunden war eine Zuführung zur ZZR von 10 Mrd. Euro. Im Jahr 2022 jedoch stagnierte der Referenzzins bei 1,57% und führte damit zu einem Rückfluss aus der ZZR von etwa 4 Mrd. Euro. Ende 2022 hatte die ZZR damit ein Volumen von etwa 92 Mrd. Euro. Aufgrund der derzeitigen Entwicklungen gehe man davon aus, das der Referenzzins auch dieses Jahr stabil bleibt. Damit erwartet die DAV auch für das laufende Jahr Rückflüsse aus der ZZR in Höhe von 4 bis 5 Mrd. Euro.

Stille Lasten für Lebensversicherer derzeit nicht bedrohlich

Die veränderte Zinssituation habe sich unterschiedlich auf verschiedene Versicherer ausgewirkt, so Happacher. Verglichen mit der Personenversicherung hat die Schadenversicherung wesentlich kürzere Verbindlichkeiten gegenüber ihren Kunden. Hier werden Schäden oft innerhalb kurzer Zeit, etwa Tagen oder Wochen, reguliert. Aufgrund dessen halten Schadenversicherer oft kurzfristige Kapitalanlagen und profitieren deshalb schneller von steigenden Zinsen als Personenversicherer.

Bei den Lebensversicherungsunternehmen dagegen haben sich durch lang laufende festverzinsliche Wertpapiere und das sich veränderte Zinsumfeld mittlerweile vermehrt stille Lasten gebildet, so Happacher. Diese beliefen sich laut Zahlen des Analysehauses Assekurata Assekuranz Rating-Agentur GmbH Ende 2022 auf knapp 100 Mrd. Euro. „Das gleicht die vergleichsweise langsam frei werdende ZZR kurzfristig nicht aus“, sagt Happacher.

Stille Lasten lösen sich jedoch auf, wenn das Papier bis zur Endfälligkeit gehalten wird. Demnach werden diese für Lebensversicherer lediglich im Falle eines unerwarteten, übermäßigen Liquiditätsbedarf ein Problem. Das sei allerdings nicht zu erwarten, da sich die Stornoquote der Lebensversicherer die letzten Jahre auf solidem Niveau bewegt hat. „Für die Lebensversicherer sind die stillen Lasten Stand heute nicht bedrohlich“, so Happacher während des Pressegesprächs.

So stieg die durchschnittliche Solvenzquote der deutschen Lebensversicherer von 283,81% im Jahr 2021 auf 345,77% im Jahr 2022.

Weniger Bürokratie und abgesenkte Garantien bei Altersversorgung

Dringenden Handlungsbedarf sehen die Aktuare im Bereich der staatlich geförderten privaten Altersversorgung. Derzeit besteht das Problem, dass die Inflation deutlich über dem Zinsniveau liegt – daraus ergibt sich eine negative Realverzinsung, so die neue stellvertretende DAV-Vorsitzende Susanna Adelhardt. „Der finanzielle Aufwand der Menschen für eine kapitalgedeckte Vorsorge, die auch den negativen Realzins ausgleicht, steigt dadurch. Dabei ist die staatlich geförderte Altersvorsorge im Kollektiv wichtiger denn je, da sie mit der lebenslang zusätzlichen Rentenzahlung im Alter dazu beiträgt, die Folgen der demografischen Entwicklung auf den Einzelnen abzudämpfen“, so Adelhardt.

Die rückläufige Zahl der Riesterverträge zeige die Notwendigkeit politischer Reform. Die DAV fordere daher neben einfacherer Förderung und dem Abbau bürokratischer Hürden auch die Erhöhung der Ertragsaussichten. „Abgesenkte Garantien würden das bewirken. Denn hierdurch wären auch mehr Investitionen in etwas risikoreichere, aber eben auch ertragreichere Sachwerte wie zum Beispiel Aktien möglich.“

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