Alternative Medizin liegt schon seit Längerem im Trend. Nicht nur die privaten Krankenversicherungen übernehmen häufig die Kosten für alternative Behandlungsmethoden. Auch gesetzliche Krankenkassen, die sich von den Wettbewerbern abheben wollen, bieten ein erweitertes Leistungsspektrum an. Einen Anspruch haben die gesetzlich Versicherten jedoch nicht.
Naturheilklinik oder Naturheilzentrum
Anders sieht es aus, wenn es sich um ein Krankenhaus mit Schwerpunkt auf Naturheilwesen handelt. In solchen Einrichtungen können Ärzte selbst festlegen, welche Maßnahmen sie bei einem Patienten anwenden und dementsprechende Fallpauschalen mit den Krankenkassen abrechnen. Doch wie sieht das bei einem Naturheilzentrum aus? Dazu musste das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen nun ein Urteil fällen.
Kostenübernahme für Alternativmedizin beantragt
Ein Mann, der seit Längerem an verschiedenen chronischen Erkrankungen leidet, beantragte bei seinem gesetzlichen Krankenversicherer die Kostenübernahme für diverse alternative Behandlungen. Zu seinen Beschwerden gehörten chronische Erschöpfung, allergisches Asthma, Tinnitus sowie infektbedingtes akutes Nierenversagen.
Heilzentrum ist auf Erschöpfungssyndrom spezialisiert
Seiner Krankenkasse gegenüber begründete er die Behandlung in dem Naturheilzentrum damit, dass es für sein Leiden keine Kassenärzte gebe, die in der Lage seien eine passende Behandlung bei ihm durchzuführen. Die Therapeuten des besagten Naturheilzentrums seien hingegen auf die Behandlung von Erschöpfungssyndromen spezialisiert.
Privatbehandlung wird abgelehnt
Der Mann hatte zuvor auch schon zahlreiche Privatärzte vorgeschlagen, die bereit gewesen wären seine Beschwerden zu behandeln. Jedes Mal hatte die Krankenkasse jedoch die Behandlung in einer Privatpraxis abgelehnt. Eigene Arztvorschläge habe die Kasse nicht geliefert, worauf er sich in seiner Not an das Naturheilzentrum wandte.
Arztvorbehalt
Die Krankenkasse des Mannes lehnte seinen Antrag auf Kostenübernahme ab. Ihrer Ansicht nach seien die Heilpraktiker des Zentrums nicht berechtigt, die erbrachten Leistungen über die gesetzliche Krankenversicherung abzurechnen. Die Behandlung sei zugelassenen Ärzten vorbehalten. Dagegen klagte der Mann vor dem Sozialgericht Hannover.
Prozessverlauf
Das Sozialgericht entschied zugunsten der Krankenkasse, woraufhin der chronisch Erkrankte vor dem LSG in Berufung ging. Doch auch das LSG Niedersachsen-Bremen wies seine Klage ab.
Nicht jede Behandlung abgedeckt
Das LSG urteilte, dass sich der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nicht auf die Therapie durch Behandler erstreckt, die keine Approbation vorweisen können. Aus diesem Grund seien etwa ärztliche und psychotherapeutische Behandlungen abgedeckt, die Leistung von Heilpraktikern jedoch nicht.
Berufliche Mindestqualifikation ist unverzichtbar
Von dem gesetzlichen Arztvorbehalt könne auch im vorliegenden Fall nicht abgewichen werden, stellte das Gericht in seiner Urteilsbegründung fest. Auch bei erfolgloser Arztsuche könne die Vorgabe nicht übergangen werden. Eine zwingende berufliche Mindestqualifikation sei für den Anspruch auf Behandlung unverzichtbar. Heilpraktiker seien somit von der selbstständigen Leistungserbringung für gesetzlich Versicherte ausgeschlossen.
Therapeutischer Nutzen konnte nicht belegt werden
Auch ein anerkannter therapeutischer Nutzen der zum Einsatz gekommenen Heilmittel konnte nicht belegt werden, so das LSG. Der Feldenkrais-Methode stünde beispielsweise eine etablierte Standardmethode wie die Physiotherapie gegenüber, die bei Wirbelsäulenbeschwerden deshalb vorzuziehen sei. Ebenfalls aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen ausgeschlossen, seien Nahrungsergänzungsmittel wie Ginseng und Zink, die im Heilzentrum zur Behandlung des Erschöpfungssyndroms eingesetzt wurden. Dementsprechend muss der Mann für sämtliche Kosten der Behandlung im Naturheilzentrum selbst aufkommen. (tku)
LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 19.08.2020, Az.: L 4 KR 470/19
Bild: © Sonja Birkelbach – stock.adobe.com
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