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22. Dezember 2017
Anbieter, Vertriebe, Anleger: Wem nützt die Investment AG?

Anbieter, Vertriebe, Anleger: Wem nützt die Investment AG?

Auf geht’s in die nächste Runde: Die Investment AG nimmt einen zweiten Anlauf in die Welt der geschlossenen Sachwertinvestments. Das hat nicht nur Folgen für Anbieter, sondern auch für die Vertriebe und Anleger – zumal einige aktuelle Entwicklungen die Attraktivität der Investment AG fördern, sagt die freie Journalistin Stephanie von Keudell

Seit gut vier Jahren ist das Kapitalanlagesetzbuch (KAGB) in Kraft, aber die Platzierungszahlen von Sachwertbeteiligungen haben sich immer noch nicht von dem Regulierungsschock erholt – nur sieben Neuemissionen zählte Scope im dritten Quartal 2017. Liegt das nur an den Anforderungen der gesetzlichen Grundlage oder scheuen Vertriebe und Anleger generell vor Sachwertinvestments zurück? Die zahlreichen Angebote unter dem Vermögensanlagengesetz stützen diese Vermutung – doch auch der gegenläufige Schritt hin zu mehr Regulierung, hinein in eine voll regulierte Anlagewelt, ist denkbar und wird aktuell vorbereitet: Die Investment AG nimmt einen zweiten Anlauf in die Welt der geschlossenen Sachwertinvestments.

Mehr Komplexität als eine KG

Wir erinnern uns: Bereits 2016 hatte die DB Private Equity mit der Deutsche Invest Reale Werte geschl. Investment AG den Versuch unternommen, Investitionen in die Sektoren Immobilien, Infrastrukturanlagen (einschließlich Energie) und Transport via Investment AG an den Anleger zu bringen. Doch der Zuspruch blieb aus, die Anbieterin zog das Produkt zurück. Kein Wunder: Die Investment AG mit fixem Kapital als eine von zwei zulässigen Rechtsformen für geschlossene Fonds ähnelt der luxemburgischen SICAV und unterliegt, solange das KAGB nichts anderes vorschreibt, dem Aktienrecht. Sie benötigt deshalb einen Wertpapierprospekt und bringt so im Vergleich zur KG ein Mehr an Komplexität mit sich. Sie lohnt sich deshalb erst bei größeren Anlagevolumina ab etwa 30 Mio. Euro, schätzt Dr. Christian Reibis vom internationalen Beratungsunternehmen Baker Tilly, das aktuell eine Investment AG vorbereitet. Da klassische AIFs häufig mit niedrigeren Eigenkapital­volumina in die Platzierung gehen, bietet es sich bei Bedarf an, in einer Investment AG als Portfoliolösung mehrere Assets, etwa direkte und indirekte Investitionen und sogar Zweitmarktinvestments, zusammenzufassen.

Investmentsteuergesetz

Welche Entwicklungen fördern aktuell die Attraktivität der Investment AG? Dafür gibt es eine ganze Reihe von guten Gründen, ist Martina Hertwig überzeugt. Zunächst tritt am 01.01.2018 das Investmentsteuergesetz in Kraft, es sieht eine Besteuerung nach dem Trennungsprinzip vor – sowohl aufseiten des Investmentfonds als auch aufseiten des Anlegers. Die AG unterliegt der Körperschaftsteuer in Höhe von 15% plus Solidaritätszuschlag, der Anleger zahlt 25% Abgeltungsteuer plus Soli. So weit, so gut – noch deutlich besser sieht es bei Immobilieninvestments aus: § 20 Abs. 3 InvStG sieht eine Teilfreistellung von der Besteuerung vor, falls mindestens 51% des Nettoinventarwerts der AG in Immobilien investiert sind, so dass beim Anleger nur noch 40% der vom Fonds erwirtschafteten Einkünfte besteuert werden. Für einen Anleger mit Spitzensteuersatz liegt der steuerliche Vorteil der Investment AG bei Immobilieninvestments während der Laufzeit demnach bei rund 20 Prozentpunkten, rechnet Martina Hertwig vor. Betrachtet man einen eventuellen Veräußerungsgewinn, hat die KG wiederum die Nase vorn: Hier ist der Veräußerungsgewinn steuerfrei, bei der Investment AG wird er analog zu den laufenden Einkünften besteuert.

Gewerblicher Grundstückshandel

Gerade wenn der Schwerpunkt des Portfolios auf Immobilieninvestments liegt, hat die Investment AG einen weiteren Vorteil zu bieten, auf den Thomas Milkoreit von der HTB Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im „Fondsbrief“ hinweist: Objektveräußerungen bei Dachfondskonstruktionen oder bei Beteiligungen an mehreren Immobilien in einem Jahr bergen das Risiko, dass dem Anleger ein gewerblicher Grundstückshandel unterstellt wird. Die Investment AG als Kapitalgesellschaft hingegen schirmt den Anleger, anders als die Personengesellschaft KG, davor ab.

Zeichnungsprozess vs. Aktienerwerb

Darüber hinaus kann die Investment AG Vorteile für den (Banken-)Vertrieb mit sich bringen, aus dessen Reihen die ersten Rufe nach ihrem Revival im Sachwertsegment kommen. Zwar bleibt auch die Investment AG ein geschlossenes Konstrukt und ist ihre Aktie demnach nicht frei handelbar, dennoch ist die Abwicklung deutlich einfacher als bei der Zeichnung eines KG-Anteils: Der Anleger erwirbt eine oder mehrere Aktien der Investment AG, während der Zeichner eines KG-Anteils als Kommanditist eingetragen werden muss. Bankkunden, die bereits über ein Depot verfügen, können sich so in der Regel Identifizierung und Geeignetheitsprüfung sparen, erklärt Martina Hertwig, und durchlaufen lediglich den ihnen bekannten zügigen Prozess des Wertpapiererwerbs. Dadurch kann die Hemmschwelle zum Erwerb einer Sachwertbeteiligung sinken. Einen Überblick über den Erwerbsprozess leistet die folgende Grafik (Quelle: Baker Tilly):

 

 Wem nützt die Investment AG?

 

Die depotfähige Aktie mit Wertpapierkennnummer erleichtert und unterstützt somit wesentlich den angestrebten elektronischen Zeichnungsprozess. Nicht zuletzt die schwerfällige herkömmliche Umsetzung der Entscheidung für eine Anlage in Sachwerten wird verschiedentlich als Hindernis für eine Erholung der Sachwertbranche gesehen – gerade die Millennials bevorzugen unkomplizierte Online-Investments und bevorzugen deshalb tendenziell Crowdinvesting vor dem klassischen AIF. Unter diesem Aspekt ist die Investment AG mit einer wesentlich kleinteiligeren Stückelung, als sie der geschlossene AIF erlaubt, deutlich konkurrenzfähiger. Im Vergleich zum Crowdinvesting, das meist in Form von Nachrangdarlehen erfolgt, bietet sie allerdings nicht nur die jährliche Bewertung nach Aktienrecht, sondern eine deutlich stärkere Rechtsposition. Für den klassischen AIF, der gerade erst den Weg zur digitalen Zeichnung beginnt, erwächst damit in der Investment AG ein zweiter, in vielerlei Hinsicht bedrohlicherer Konkurrent.

Wer macht den ersten Schritt?

Die Einordnung der Investment AG hinsichtlich Sachwert oder liquide Assets in enger Abstimmung mit dem Bankenvertrieb muss allerdings erst noch erfolgen, nicht nur in dieser Hinsicht bleibt also noch eine Menge Pionierarbeit zu leisten. So kurz nach der aufwendigen Umsetzung des KAGB schrecken viele Anbieter davor zurück, sofort den nächsten arbeits- und kostenaufwendigen Regulierungsschritt zu tun. Regulierung ist allerdings keine Eintagsfliege, sondern eine kontinuierliche Herausforderung für Anbieter, Vertriebe und Anleger, betont Martina Hertwig. Auch ohne Investment AG kommt mit MiFID II ein neuer Pflichtenkatalog auf Anbieter zu; Zielmarktbestimmung, Geeignetheitserklärung und Gesamtkostenquote sind nur Stichworte für die neuen Aufgaben. Die Investment AG ist ein (möglicher) weiterer Schritt hinaus aus dem grauen Kapitalmarkt, hinein in die voll regulierte Welt, und als solcher eine echte Chance für die Sachwertbranche, den Stellenwert im privaten Portfolio zu verteidigen, der ihr gebührt.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 12/2017, Seite 72 f.