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17. Januar 2022
Arbeitsassistenz: Kostenübernahme kennt keine Altersgrenze

Arbeitsassistenz: Kostenübernahme kennt keine Altersgrenze

Laut aktuellem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts kann ein schwerbehinderter Mensch auch nach Erreichen seines Regelrentenalters mit der Kostenübernahme für eine notwendige Arbeitsassistenz rechnen, da für diese Kostenübernahme gesetzlich keine Altersgrenze festgelegt ist.

Ein schwerbehinderter Mensch kann die Übernahme der Kosten für eine notwendige Arbeitsassistenz auch nach Erreichen seines Regelrentenalters beanspruchen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) per Urteil entschieden.

Landeswohlfahrtsverband: Kläger bezieht Altersrente

Im konkreten Fall ist ein blinder Mann mit einem Grad der Behinderung von 100 als schwerbehindert anerkannt. Die Leistungen für eine Assistenzkraft in Höhe von monatlich 1.650 Euro (22 Wochenstunden), die er für seine selbstständige Tätigkeit als Lehrer, Berater und Gewerbetreibender erhielt, erbrachte der betreffende Landeswohlfahrtsverband aber nur bis zum 30.06.2016, mit dem Argument, dass der blinde Mann ab dem 01.07.2016 eine Altersrente beziehe. Den Antrag des weiterhin erwerbstätigen Mannes, die Kosten vom 01.07.2016 bis zum 30.06.2017 weiter zu übernehmen, lehnte der Landeswohlfahrtsverband ab. Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Auf die Revision des Klägers hat das BVerwG die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an diesen zurückverwiesen.

BVerwG: Arbeitsassistenz kennt keine gesetzlich geregelte Altersgrenze

Für den Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine notwendige Arbeitsassistenz als begleitender Hilfe im Arbeitsleben (gemäß § 102 Abs. 4 des Sozialgesetzbuchs Neuntes Buch – SGB IX – alter Fassung, dem § 185 Abs. 5 SGB IX neuer Fassung entspricht) ist eine Altersgrenze laut BVerwG weder ausdrücklich im Gesetz geregelt noch lässt sie sich diesem, entgegen der Auffassung der Vorinstanzen, im Wege der Auslegung entnehmen.

Der Anspruch setzt nach Ansicht des BVerwG zum einen für eine Einordnung als Hilfe im Arbeitsleben nach Wortlaut, Systematik und Sinn und Zweck der Regelung nur voraus, dass der schwerbehinderte Mensch einer nachhaltig betriebenen Erwerbstätigkeit nachgeht, die geeignet ist, dem Aufbau bzw. der Sicherung einer wirtschaftlichen Lebensgrundlage zu dienen.

Berücksichtigung der konkreten Arbeitsumstände

Zum anderen ist erforderlich, dass tatsächlich Arbeitsassistenzleistungen erbracht werden, die unter Berücksichtigung der konkreten Arbeitsumstände zum Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile notwendig sind. Da der Verwaltungsgerichtshof zu diesen Voraussetzungen keine ausreichenden Tatsachenfeststellungen getroffen hat, konnte das BVerwG als Revisionsgericht nicht selbst abschließend in der Sache entscheiden, sondern hatte diese an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen.

BVerwG, Urteil vom 12.01.2022 – 5 C 6.20

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