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6. August 2020
Auf dem Weg zur Flatrate-Versicherung?

Auf dem Weg zur Flatrate-Versicherung?

Flatrate-Versicherungen gelten in der Digitalwelt als Versicherungsprodukte der Zukunft. Heute gibt es sie bereits im Bereich Kfz oder Hörgeräte und Brillen. Auch einige Start-ups versuchen sich auf dem Gebiet. Der Digitalverband Bitkom sieht auf Fünf- bis Zehnjahressicht durchaus Chancen für diese „Rundum-Sorglos-Produkte“.

Bitkom ist der Digitalverband Deutschlands und beschäftigt sich auch intensiv mit dem Bereich Versicherungen. So hat er sich zuletzt über das Versicherungsprodukt der Zukunft Gedanken gemacht und beleuchtet, wie die Angebote von morgen aussehen könnten.

Es muss bequem sein

Bevor aber eine mögliche neue Produktwelt in Augenschein genommen werden kann, muss zuerst der Blick auf die heutigen Kundenerwartungen fallen. So haben Amazon und Google das Kundenverhalten in Deutschland verändert. Die großen Internetfirmen geben vor, was Kundenorientierung bedeutet und ermöglichen ihren Kunden eine neue Bequemlichkeit – oder suggerieren diese zumindest. Jedenfalls gelten die Servicelevels der Internetgiganten heute als Standard. Und da die Kunden immer internetaffiner werden, wird sich ihre Erwartungshaltung immer mehr in diese Richtung entwickeln.

Bitkom leitet daraus ab, dass komplizierte AGBs und Spartendenken in der Versicherungswirtschaft keine Zukunft mehr haben werden. Versicherungsprodukte müssten einfacher werden. Chancen für eine 1:1 Umsetzung der klassischen Produkte in die Digitalwelt sieht der Verband nicht – auch aufgrund der starken gesetzlichen Regulierung. Hingegen identifiziert er zwei Tendenzen, wohin sich die Versicherungsprodukte entwickeln könnten: Diese lauten Flatrate-Produkte und On/Off-Produkte.

Flatrate-Versicherung aus dem Ökosystem

Sogenannte Flatrate-Versicherungen gibt es heute schon am Markt. Meist werden sie direkt beim Kauf eines Produktes mitangeboten. Dahinter steckt die Idee eines Rundum-Sorglos-Pakets, was allerdings auch schon viele klassische Versicherungen versprechen.

Flatrate-Versicherungen fahren einen All-Risk-Ansatz zu einem Fixpreis, verfügen über eine hohe Flexibilität und inkludieren weitere Services. Bitkom erkennt darin neue Kundenbindungs- und Ertragspotentiale und schreibt in einem Positionspapier: „Der Premiumanbieter der Zukunft wird weniger über Kleingedrucktes als Ausschluss der AGBs punkten können, als vielmehr über transparente Zusagen mit wenigen, verständlich definierten Ausnahmen (gemäß All-Risk-Ansatz).“ Darum herum sollen sich dann Zusatzleistungen gruppieren, die sich etwa aus einem Ökosystem heraus speisen könnten.

Beispiel für eine Flatrate-Versicherung

Ein Beispiel, wie ein Flatrate-Produkt aussehen könnte, führt Bitkom auch an. Die Basis könnte etwa ein Schutz sein, der Haftpflicht, Hausrat und Glas enthält, entsprechend anpassbar an die jeweilige individuelle Ausgangssituation. Dazu könnten frei konfigurierbare Elemente ergänzt werden. Solche „Regler“ könnten sein: Unfall, Rechtsschutz (beispielsweise als On/Off-Produkt oder Auswahl von Privat-, Miet-. Arbeits- und/oder Verkehrs-Rechtsschutz) , Wohngebäude, Mobilität, Risiko-LV (flexibel anpassbar) und Berufsunfähigkeit (mit automatischer Angleichung ans Gehalt).

Bestrebungen, solche Produkte umzusetzen, sehen die Digitalexperten bereits in der Versicherungswirtschaft. Versicherer würden diesbezüglich in ihre IT-Systeme investieren, denn solche Produkte benötigten auf Versichererseite auch jede Menge Effizienz.

Bitkom gelangt letztlich zu dem Fazit, dass sich Flatrate-Versicherungen durchsetzen werden und gibt zu bedenken, dass auch Amazon und Apple irgendwann Versicherungen anbieten könnten, etwa Cyberpolicen. Diese könnten bei Amazon beispielsweise dem Vorbild einer Prime-Mitgliedschaft folgen.

On/Off-Verträge am anderen Ende der Skala

Bei Flatrate lautet das Prinzip: alles drin, jederzeit. Eine beinahe gegensätzliche Ausprägung, die die digitale Produktwelt künftig prägen könnte, sind On/Off-Verträge, die temporären Schutz in einer aktuelle Situation anbieten. Heute schon sieht man diese als situative Versicherungen am Markt, etwa in Form eines Drittfahrschutz in der Kfz-Versicherung oder als Eventversicherungen wie zum Beispiel für den Besuch des Oktoberfests. Interessant sein könnte hier alles, was im Trend liegt, etwa eine Kurzzeit-Unfallversicherung bei Nutzung eines „E-Scooters to go“. Es sei selbsterklärend, meint Bitkom an der Stelle, dass ein solches Geschäftsmodell ausschließlich mobil funktioniert. Die Vorteile lägen auf der Hand – für Versicherer und Kunden: Hohe Geschwindigkeit beim Abschluss, hohe Flexibilität, kein Papier, hoher Grad an Self-Services (z.B. Vertragsänderungen über eine App), prompte Sofortregulierung bei Schäden.

Bitkom geht deshalb davon aus, dass diese Art der Verträge neben den Flatrate-Versicherungen ebenfalls ihre Daseinsberechtigung haben werden. Mit einem schnellen kompletten Umbruch der Produktwelt rechnet aber auch Bitkom nicht. Bis es soweit sei, müssten digitale (Standard-) Produkte, welche aus den klassisch gewachsenen Versicherungsgeschäften entwickelt wurden, als Überbrückung in die neue Produktwelt dienen. (bh)

Hier geht es zum Positionspapier „Versicherungsprodukt von Morgen des Bitkom e.V.

Bild: © electriceye – stock.adobe.com