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10. September 2018
Auf die Rente, fertig, … oops!

Auf die Rente, fertig, … oops!

Es gibt Dinge, die gibt es einfach nicht. Auch dann nicht, wenn man sie sich noch so sehr wünscht. Das Perpetuum Mobile gehört dazu. Und vermutlich auch das, was sich ein Makler ausmalt, wenn ihm ein Bestandsaufkäufer sagt: „Wir übernehmen die Verantwortung, die Haftung und die Betreuung der Bestände, bezahlen aber weiterhin 100% der Bestandscourtage an den ausscheidenden Makler.“

Endlos aus dem Vollen schöpfen. Das geht vermutlich weder in Energiefragen noch in Finanzfragen. So wie es immer Menschen gibt, die an das Perpetuum Mobile glauben, lernen wir bei mir im Institut immer wieder Menschen kennen, die aus der Aussage des obigen Bestandskäufers herauslesen, sie würden nach dem Verkauf ihres Maklerunternehmens 100% ihrer letzten Bestandscourtage als Rente beziehen dürfen. Dabei wäre bei so einem angeblichen Leistungsversprechen eine gewisse kaufmännische Vorsicht doch sicherlich angebracht.

Letztes Jahr hatte ich mich an dieser Stelle schon kritisch mit den gängigen Maklerrentenmodellen auseinandergesetzt. Jetzt gibt es ein neues. Eines, das dem Makler 100% Bestandscourtage verspricht. Wir haben uns die Vertragsentwürfe und die FAQs angesehen und uns mit Juristen und Steuerfachleuten unterhalten.

Leider reicht eine Seite in der AssCompact nicht im Ansatz dazu aus, das Modell im Detail zu behandeln. Zu viele Fragen stellen sich. Zu vieles, was der Anbieter für klar hält, ist aus unserer Sicht noch lange nicht klar. Immerhin bringen die FAQs ein gewisses Maß an Transparenz. Andere Anbieter liefern meist weniger Informationen. Aber auch die FAQs werfen den Blick nicht auf alle wirklich wichtigen Fragen.

Steuerpflicht nicht außer Acht lassen

Nur einige Beispiele, die uns vorsichtig werden lassen: Der Anbieter nennt seine Zahlungen „Leibrente“. Aber nur, weil die dem Verkäufer gezahlte variable Vergütung als „Leibrente“ tituliert wird, heißt das noch lange nicht, dass die Finanz­behörden dies auch so sehen und Steuervorteile gewähren. Ein kleines Indiz dafür, dass selbst der Anbieter seinen Aussagen nur bedingt traut, ist die Klausel, die die eventuelle Umsatzsteuerlast dem Verkäufer aufbürdet. Der Verkäufer würde in diesem Fall fast ein Fünftel seiner erhofften Einnahmen verlieren und eventuell sogar auch noch der Gewerbesteuerpflicht unterliegen.

Bestandsgröße und Gebühren bedenken

Was die meisten überlesen, was aber eigentlich logisch ist: Die Maklerrente wird nur auf den courtagewirksam übertragenen Bestand gezahlt. Schafft es der Verkäufer nicht, die Zustimmung seiner Kunden für die Datenweitergabe einzuholen, können schnell 10 bis 30% des Bestands auf der Strecke bleiben. Bei schlecht betreuten Beständen auch mal mehr.

Wer die FAQs genau liest, wird auch feststellen, dass anstatt der 100% eigentlich auf Dauer nur 90% bezahlt werden und zusätzlich jährliche Gebühren von ca. 10 bis 12% anfallen.

Nicht vom Marketing blenden lassen

Haben Sie mitgerechnet, wie weit wir bereits nach nur drei Fragen von den 100% Bestandscourtage weg sind?

Bei den Bestandsrenten ist es eben wie bei allen anderen Nachfolgemodellen auch. Sie sind in bestimmten Situationen attraktiv. Auf das falsche Unternehmen angewendet kann man damit aber auch ein Vermögen verbrennen.

Da hilft nur eines: sich unabhängig informieren und nicht vom Marketing blenden lassen.

Der Bestandsmarktplatz ist eine gemeinsame Initiative von AssCompact und dem Resultate Institut. Resultate-Gründer Andreas Grimm beleuchtet an dieser Stelle regelmäßig Aspekte zur Nachfolgeplanung.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 09/2018, Seite 112.
 
Ein Artikel von
Andreas W. Grimm