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9. Januar 2024
Ausblick: Versicherer blicken verhalten zuversichtlich auf 2024

Ausblick: Versicherer blicken verhalten zuversichtlich auf 2024

GDV-Präsident Dr. Norbert Rollinger hat AssCompact einen Ausblick auf das Jahr 2024 gegeben. Themen sind Altersvorsorge, Elementarversicherung, Nachhaltigkeit, Digitalisierung und KI sowie Solvency-II-Review und die anstehende Europawahl.

Ein Artikel von Dr. Norbert Rollinger, Präsident des Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV)

Nach einem schwierigen Jahr mit großen geopolitischen Krisen und anhaltend hoher Inflation blicken die deutschen Versicherer verhalten zuversichtlich auf 2024. Einige Auf­gaben und Herausforderungen des Jahres 2023 bleiben auch im neuen Jahr auf der Agenda.

Altersvorsorge

Für die private Altersvorsorge will das Bundesministerium der Finanzen nach den Arbeiten der Fokusgruppe im Frühjahr ein Eckpunktepapier vorlegen. Aus Sicht des GDV wird es ohne grundlegende Reform kein Durchstarten in der geförderten privaten Altersvorsorge geben. Die Versicherer werden auch weiterhin Lösungsvorschläge und Know-how einbringen. Dem Verband geht es vor allem um Sicherheit und Planbarkeit für die lebenslange Rente als sozialpolitisch sinnvolle und notwendige Form der Auszahlung.

Auch in der betrieblichen Altersversorgung soll es 2024 mit einem Reformgesetz weitergehen. Neben Verbesserungen beim Sozialpartnermodell bleibt wichtig, die bAV auch darüber hinaus zu stärken. Die Direktversicherung bleibt gerade für kleine und mittlere Unternehmen der Durchführungsweg der ersten Wahl. 

Elementarversicherung

Ganz oben auf der Tagesordnung bleibt auch im kommenden Jahr das Thema Pflichtversicherung für Elementarschäden. Eine Bund-/Länder-Arbeitsgruppe hat die Beratungen zur Umsetzbarkeit einer Pflichtversicherung aufgenommen. Wir Versicherer bemühen uns weiterhin um die Erhöhung der Ver­sicherungsdichte. Doch ohne Prävention und Klimafolgenanpassung wird die Versicherungslücke bei Naturgefahren nicht zu schließen sein. Deshalb setzt sich der Verband weiterhin für ein Gesamtkonzept aus Prävention, Klimafolgenanpassung und Versicherung ein. 

Nachhaltigkeit

Was den Verband 2024 ebenfalls weiterhin bewegen wird: Die meisten Unternehmen stecken mitten in der Umsetzung der neuen Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Dabei zeigt sich, dass der mit den Berichtspflichten verbundene Bürokratieaufwand zum Teil enorm ist. Dazu kommen weitere Anforderungen etwa aus der Taxonomie oder der geplanten Europäischen Lieferkettenrichtlinie.

Der GDV wird nicht müde, die politischen Akteure auf allen Ebenen auf die überbordenden Berichtspflichten hinzuweisen und Erleichterungen einzufordern. Wir müssen von einer reinen Compliance-Orientierung zu einer Nachhaltigkeitsberichterstattung mit Impact kommen.

Digitalisierung, KI

Und selbstverständlich bleibt die Digitalisierung eine der zentralen Herausforderungen nicht nur der Versicherungswirtschaft, sondern des ganzen Landes. Gerade auf nationaler Ebene spielt der restriktive Datenschutz eine enorme Rolle. Der Gesetzgeber muss den Interpretationsspielraum der Landesbehörden begrenzen, damit Innovationen auch tatsächlich zum Einsatz kommen – so wie im Koalitionsvertrag vorgesehen.

Spannend wird auch, wie und wann die europäische KI-Verordnung auf den Weg gebracht wird. Die anfängliche Euphorie, dass die Europäische Union das weltweit erste Regelwerk für den Einsatz künstlicher Intelligenz umsetzt, wurde kürzlich durch die Exekutivverordnung der USA gebremst. Wichtig ist, dass die derzeitig hohen Compliance-Vorschriften intensiv überdacht werden. Sonst besteht die Gefahr, dass Europa dem Megatrend KI auf Jahre hinterherlaufen wird.

Solvency-II-Review, Europawahl

Beim Solvency-II-Review zeichnet sich ab, dass es bei dem bewährten risikobasierten Aufsichtssystem bleiben wird. Als Konsequenz der letzten Jahre werden Zinsänderungsrisiken in Zukunft stärker berücksichtigt. Die vorgesehenen Erleichterungen für kleinere Versicherer begrüßen wir sehr. Ob sie viele Ver­sicherer anwenden können, wird allerdings erst die Praxis zeigen.

Zu guter Letzt möchte ich ein besonders wichtiges Thema aufgreifen: Die anstehende Europawahl im Sommer 2024. Es liegt auf der Hand, dass wir als GDV auf europäischer Ebene die Interessen unserer Mitgliedsunternehmen bestmöglich vertreten und in einen konstruktiven Austausch mit Entscheidungsträgern und -trägerinnen gehen. Als Wirtschaftsverband liegt es aber auch in unserer Verantwortung, in einer offenen, demokratischen und stabilen Europäischen Union zu arbeiten. Dessen müssen wir uns immer bewusst sein.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 01/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © GDV

 
Ein Artikel von
Dr. Norbert Rollinger