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4. Mai 2023
BaFin nimmt Online-Vertrieb der Versicherer unter die Lupe
BaFin nimmt Online-Vertrieb der Versicherer unter die Lupe

BaFin nimmt Online-Vertrieb der Versicherer unter die Lupe

Die meisten Versicherer bieten die Möglichkeit, Verträge online abzuschließen. Im Rahmen einer Analyse hat die BaFin beleuchtet, wie digital der Vertrieb der Versicherer aufgestellt ist. Dabei hat die Finanzaufsicht auch Missstände entdeckt und mahnt die Versicherer, sich an die regulatorischen Vorgaben zu halten.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat sich in einer Marktuntersuchung, über die im aktuellen BaFin-Journal berichtet wird, mit dem Online-Vertrieb der Versicherer befasst. Für die Analyse hat die Finanzaufsicht über 300 Erstversicherer mit Sitz in Deutschland befragt. Betrachtet wurden die Jahre 2019 bis 2021 und die Planungen der Unternehmen für das Jahr 2022. Als Online-Vertrieb definiert die BaFin dabei den Vertrieb via Website und/oder App für internetfähige Mobilgeräte.

Rund 7 von 10 Gesellschaften mit Online-Vertrieb

In der Befragung gaben rund 70% der Versicherer an, den Online-Vertrieb neben anderen Vertriebswegen oder ausschließlich anzubieten. Der Anteil der Gesellschaften ohne Vertrieb via Webseite oder App war bei den Lebensversicherern am höchsten. Als Grund hierfür nennen die Unternehmen die hohe Beratungsintensität in diesem Bereich.

35 Versicherer bieten eine App

Wie die Untersuchung weiter zeigt, erfolgte das Angebot bei 180 Versicherern über die eigene Internetseite, bei 170 über ungebundene Vermittler. Auch gebundene Vermittler spielen im Online-Vertrieb bei vielen Gesellschaften eine Rolle – konkret bei 133. Eine eigene App haben nur 35 Versicherer im Angebot. Einige Unternehmen bieten ergänzend zur digitalen Antragstrecke eine Chatfunktion oder Videotelefonie.

Wie steht es um die regulatorischen Anforderungen?

Die Finanzaufsichtsbehörde hat in der Untersuchung auch begutachtet, ob beim Online-Vertrieb die regulatorischen Anforderungen eingehalten werden. Dabei ging es insbesondere um die vorvertraglichen Informationspflichten und die Beratungspflichten gemäß Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Hierfür wählte die BaFin jeweils zehn Versicherer der Bereiche Leben, Kranken und Schaden/Unfall für eine vertiefende Abfrage aus.

Vorvertragliche Informationspflicht wird erfüllt

Laut Finanzaufsicht stellten alle Gesellschaften die vorvertraglichen Informationen in der vorgeschriebenen Textform und rechtzeitig zur Verfügung, also bevor Kunden ihre Erklärung zum Vertragsabschluss übermitteln. Zudem bieten die meisten der befragten Versicherer im Online-Vertrieb anlassbezogene Beratung an. Nimmt der Kunde dieses Angebot nicht in Anspruch, erfolgte rechtzeitig ein Hinweis darauf, dass sich dies nachteilig auswirken könnte, falls Kunden einen Schadensersatzanspruch geltend machen wollten.

Technisch läuft es offenbar rund, denn bei der elektronischen Übermittlung von Informations- und Beratungsunterlagen kam es bislang nicht oder kaum zu Problemen.

Bleibt noch der Blick auf die Stornoquoten und die Zahl begründeter Beschwerden. Bei online und nicht-online abgeschlossenen Verträgen zeigen sich kaum signifikante Unterschiede.

Was die BaFin bemängelt

Die Finanzaufseher stellten aber auch Missstände im Online-Vertrieb fest. So hielten Versicherer die gesetzlichen Vorgaben nicht immer ein. Demnach gaben einzelne Gesellschaften an, ein Online-Abschluss sei nur möglich, wenn Kunden auf eine Beratung verzichten würden. Dies widerspreche § 6 Abs. 1 Satz 1 VVG, wenn eine Beratung im konkreten Fall erforderlich war, also ein Beratungsanlass bestand. Ein Beratungsanlass könne beispielsweise aus der persönlichen Situation oder dem Bedarf der Verbraucher sowie der Komplexität des Versicherungsproduktes resultieren, wie die BaFin hier anführt. Den Verbrauchern sei in den genannten Fällen die gesetzlich erforderliche Beratung versagt worden. Erfolgt seitens der Versicherer dann ein Hinweis auf ein telefonisches oder persönliches Beratungsgespräch („hybrider Vertrieb“), würden die Verbraucher gegebenenfalls zum Beratungsverzicht verleitet, zumal es Kunden beim Online-Vertrieb in der Regel um einen möglichst schnellen Abschluss gehe. Laut Finanzaufsicht müssen Kunden bei bestehendem Beratungsanlass die Möglichkeit einer Online-Beratung haben.

Kritik von der Aufsichtsbehörde gibt es außerdem für den Umstand, dass die befragten Versicherer Kunden für Kündigungen nicht die vorgeschriebene verbraucherfreundliche Textform einräumen.

Darüber hinaus hätten einzelne Versicherer angegeben, Verbraucher beim digitalen Antragsprozess nicht zu fragen, ob das Risiko nicht bereits durch eine andere Versicherung abgedeckt sei.

Warnung an die Versicherer

Die BaFin mahnt die Gesellschaften, die gesetzlichen Vorgaben auch beim Online-Vertrieb wie bei den anderen Vertriebswegen einzuhalten. Regelverstöße würden nicht toleriert. Mit 20 Versicherern, bei denen Auffälligkeiten oder gar Missstände im Online-Vertrieb festgestellt wurden, stehe die Finanzaufsicht in Kontakt, damit die Missstände beseitigt würden. (tk)

Bild: © Chaiwat – stock.adobe.com