Nur wenige Tage vor der Weihnachtspause hat die BarmeniaGothaer das vorläufige Konzernergebnis ihres ersten vollen gemeinsamen Geschäftsjahres vorgestellt. Neben den beiden Co-CEOs Dr. Andreas Eurich und Oliver Schoeller waren wie bereits im letzten Jahr auch Chief Financial Officer, Harald Epple, sowie die Spartenchefs Thomas Bischof (Komposit), Christian Ritz (Kranken) und Alina vom Bruck (Leben) anwesend, um die Ergebnisse zu präsentieren.
Versicherer wächst im ersten Post-Merger-Jahr über dem Markt
„Außerordentlich zufrieden“ ist man bei der BarmeniaGothaer mit den Zahlen aus dem ersten vollen Jahr Post-Merger. Das Jahr stand im „Zeichen des Zusammenwachsens“ für das Unternehmen – und das Unterfangen ist laut den Aussagen der beiden Chefs gelungen. Das Wachstum liegt auf einem marktüberdurchschnittlichen Niveau, getragen wurde es von allen drei Segmenten. So rechnet der Konzern mit einem Plus bei den Beitragseinnahmen von 7,9% auf voraussichtlich 9,27 Mrd. Euro – und damit einem Wachstum von 0,5 Prozentpunkten über dem Markt.
Der Konzernjahresüberschuss liegt bei 101 Mio. Euro. Das Ziel, die Solvency-II-Quote auf über 200% zu steigern, ist ebenfalls gelungen: Sie liegt mit 201% nun „im Kern auf Allianz-Niveau“. „Damit fühlen wir uns sehr wohl“, erklärt Schoeller. Im deutschen Versicherungsmarkt ist das neue Unternehmen vom 10. Platz auf Rang 9 aufgestiegen.
Komposit: „Turnaround“ im Bereich Kfz-Versicherung
Die beiden Sachversicherer Barmenia Allgemeine Versicherungs-AG sowie die Gothaer Allgemeine Versicherung AG werden voraussichtlich um 9,4% und damit ebenfalls über dem Markt wachsen. Insbesondere im Bereich der marktweit gebeutelten Kfz-Versicherung habe man einen „schönen Turnaround“ hingelegt, erklärt Komposit-Chef Bischof. Der Konzern erwartet eine Combined Ratio zwischen 94 und 95% und damit eine Rückkehr in die Profitabilitätszone. Das liege teilweise an dem „außergewöhnlich wenig ereignisreichen Naturschadenjahr“, doch auch an der „Fokussierung auf Profitabilität“, also mit anderen Worten an den vorgenommenen Prämienanpassungen.
Im Wohngebäudebereich habe man eine Reihe von Beständen „überprüft und bearbeitet“, so Bischof. Das habe eine Trennung von Risiken beinhaltet, eine genaue Anzahl nannte der Konzern aber auch auf Nachfrage nicht.
Krankenversicherung: GOÄ-Reform verzögert Zusammenführung
Auch im Bereich Krankenversicherung kann der Versicherer gute Neuigkeiten vermelden. Die gebuchten Bruttobeiträge der Barmenia Krankenversicherung AG und der Gothaer Krankenversicherung AG werden voraussichtlich um 8,8% auf 3,83 Mrd. Euro wachsen, und damit etwa 0,8 Prozentpunkte marktüberdurchschnittlich. Vor allem auf das Bestandswachstum in der Vollversicherung sei man stolz. Im vergangenen Geschäftsjahr kamen rund 9.000 Menschen dazu, über die letzten drei Jahre stieg der Bestand im Saldo sogar um rund 18.000 vollversicherte Personen.
Bei der Zusammenführung der beiden Krankenversicherer wird es wohl zu Verzögerungen kommen. Grund dafür ist die geplante Novelle der Gebührenreform für Ärzte (GOÄ). Aus politischen Kreisen sei zu vernehmen, dass eine Implementierung der Reform für Anfang 2028 geplant ist. Das werde „im erheblichen Maße Kapazitäten binden“ und somit den Zeitpunkt der Zusammenführung nach hinten verlegen. Man habe auch schon über den neuen Zielzeitpunkt mit der BaFin gesprochen, während des Pressegesprächs wollte Ritz jedoch keinen genauen Zeitpunkt nennen.
Leben: Zurückhaltung bei den Einmalbeiträgen
In der Lebensversicherung ist die Zusammenführung der beiden Gesellschaften bereits abgeschlossen. Die gebuchten Bruttobeiträge werden voraussichtlich um 4,1% auf 1,44 Mrd. Euro klettern, der Markt wächst hier um 7%. Bei den Einmalbeiträgen legt das Unternehmen um 16% zu, der Marktdurchschnitt liegt bei 25%. Bei der BarmeniaGothaer sei man aufgrund ihrer volatilen Natur „zurückhaltend“ bei den Einmalbeiträgen, man fokussiere sich nicht auf Wachstum in diesem Feld. Bei den laufenden Beiträgen ist das Unternehmen um 0,5% gewachsen (Markt: -0,6%). Der Rohüberschuss vor Steuern sank im Vergleich zum Vorjahr um 44% von 200 Mio. Euro auf 113 Mio. Euro – dies habe mit einer geplanten „Substanzstärkung“ zu tun, wie vom Bruck während des Gesprächs erklärt.
KI im Fokus für 2026
Zusammenfassend seien die fusionierten Versicherer im Jahr 2025 nicht nur in Zahlen gewachsen, sondern auch als Unternehmen zusammengewachsen, erklärt Schoeller in seinem Ausblick. Das sei das „eigentlich bemerkenswerte“ an diesem Jahr. Er gab jedoch auch zu, mit „etwas Sorge“ auf das kommende Jahr 2026 zu blicken. „Die Versicherungsindustrie prosperiert dann, wenn Risiken beherrschbar bleiben“, so Schoeller. Das zeige sich bisher noch nicht. Weder auf nationaler noch auf europäischer Ebene sehe er aktuell den nötigen Willen, um mutige Reformen durchzusetzen.
Im Unternehmen selbst seien weitere Investitionen in Digitalisierung eines der Kernthemen für das kommende Jahr. Man wolle gezielt in moderne Technologien und künstliche Intelligenz investieren, um Prozesse zu optimieren und künftige Herausforderungen zu meistern. Dafür sollen im kommenden Jahr „oberhalb von 30 Mio. Euro“ investiert werden. (js)
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