AssCompact suche
Home
Immobilien
15. Januar 2020
Baufinanzierung: Mehr als nur Niedrigzins

Baufinanzierung: Mehr als nur Niedrigzins

Baufinanzierung boomt. Das spürt auch ein Finanzierungsspezialist wie Creditfair. Vor allem die historisch und anhaltend niedrigen Zinsen sowie die teils explodierenden Mieten lassen immer mehr Menschen über die Finanzierung des Traums vom Eigenheim nachdenken. Eine gute Baufinanzierung besteht aber aus weit mehr als niedrigen Zinsen.

Von Benjamin Weidemann Prokurist, und Klaus Zilian, Geschäftsführer von Creditfair

Das Thema Baufinanzierung ist für über die Hälfte der Menschen in Deutschland sehr wichtig. Je nach Statistik liegt die Eigentumsquote bei 40 bis 45%. In den Prozentzahlen sind zum Teil aber erwachsene Kinder mitgezählt, die noch bei ihren Eltern wohnen. Die tatsächliche Eigentumsquote dürfte also eher zwischen 30 und 40% liegen. Laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey haben allerdings 84% der Mieter den Wunsch nach Wohneigentum.

Zinsen im Sinkflug

Je nach Lebensphase und ob man bereits Eigentümer ist oder kaufen oder bauen möchte, stellen sich bei der Suche nach der richtigen Finanzierung verschiedene Fragen. So sind die Zinsen für Immobilienkredite nicht auf „ewig“ fest. In den letzten 20 Jahren sind sie insgesamt deutlich gesunken. Vor zehn Jahren lag das Zinsniveau noch bei etwa 4%. Heute ist es 1% – je nach Beleihung und Zinsbindung etwas darüber oder darunter. Wie die Entwicklung in den nächsten zehn Jahren sein wird, kann niemand sicher vorhersagen. Die Luft nach unten ist aber sehr dünn. Kurzfristig sind am Markt zwar auch keine Tendenzen zu erkennen, die auf eine deutliche Zinserhöhung hinweisen, doch selbst ein kleiner Sprung von 1 auf 2% verdoppelt die Zinsbelastung.

Langfristige Betrachtung notwendig

Wichtig ist, die Situation auch langfristig zu betrachten. Bei einem Zins von 1% ein Darlehen in zehn Jahren komplett zu tilgen, bedeutet eine Tilgung von knapp über 9%. 240.000 Euro Tilgung und Zinsen in zehn Jahren zurückzahlen würde also 2.000 Euro im Monat kosten. Wer sich das leisten kann, ist natürlich perfekt aufgestellt. Doch wer kann das schon?

Zwei Fragen im Fokus

Bei der Baufinanzierung sollten Berater und Kunden zwei Fragen stellen: Wo steht der Kunde gerade im Leben? Und was werden die nächsten 20 bis 40 Jahren bringen? So lange dauert schließlich eine Finanzierung mit 2 bis 3% Tilgung – je nachdem, wie das Zinsniveau nach Ablauf der Zinsbindung sein wird und mit welcher Rate dann weiter finanziert werden kann oder muss.

Nehmen wir mal den klassischen Käufer: die junge Familie zwischen 30 und 35 mit ein bis zwei Kindern. Da ist heute vielleicht das Einkommen knapp, weil nur eine Person Vollzeit arbeiten kann. In diesem Fall steht aktuell eine möglichst niedrige Rate im Mittelpunkt. Zukünftige Einkommenssteigerungen sollten aber schon heute in die Finanzierung eingeplant werden. Denn je niedriger die Tilgung und damit die monatliche Rate ausfällt, desto höher ist das Risiko, in die Zinsfalle zu laufen und den Kindern in zehn Jahren erklären zu müssen, dass das Haus jetzt doch verkauft werden muss.

Flexible Lösungen gefragt

Selbst wenn das Einkommen dann gestiegen ist, werden vermutlich auch alle anderen Kosten gestiegen sein. Von heute auf morgen mal eben 50% mehr für die Finanzierung zu bezahlen, ist für fast jeden unangenehm bis tödlich. Ein guter Finanzierungsberater sucht hier nach flexiblen Lösungsmöglichkeiten.

Lebensphase entscheidend

Bei den Kunden, die bereits Eigentum besitzen, ist wiederum die Frage der Lebensphase entscheidend. Die junge Familie kann vielleicht noch darauf hoffen, dass die Zinsen noch ein, zwei oder drei Jahre niedrig bleiben, und abwarten. Aber gerade für ältere Menschen ist es in den vergangenen Jahren immer schwieriger geworden, überhaupt noch einen Kredit zu bekommen. Und das wird in Zukunft wohl auch nicht leichter werden. Für diese Menschen spielt der Zinssatz eine eher untergeordnete Rolle. Was nützt schon der beste Zins, wenn wegen der hohen Tilgung 1.000 Euro monatlich zu zahlen sind, wo doch nur 500 Euro im Portemonnaie übrig sind? In diesem Fall ist es besser, frühzeitig eine Anschlussfinanzierung sichern, die schon heute den Erhalt des Wohneigentums bis zum Lebensende ermöglicht.

Verkauf mit Gewinn ist ein Irrglaube

Der Gedanke, bei steigenden Zinsen verkaufe ich einfach und mache immer noch einen dicken Gewinn, ist leider ein Irrglaube. Denn jetzt wirkt wieder das Gesetz von Angebot und Nachfrage, sowohl für die heute junge Familie als auch für das gut situierte etwas ältere Ehepaar: Steigen die Zinsen, können sich weniger Menschen Wohneigentum leisten. Weniger Nachfrage sorgt für niedrigere Preise. Wenn jetzt auch noch mehr Menschen verkaufen müssen, gehen die Preise in den Keller und der erhoffte Gewinn schmilzt wie Schnee in der Sonne.

Entscheidend bei der Baufinanzierung ist weniger ein auf den ersten Blick billiger Zins als eine gute und langfristig ausgelegte Beratung. Ganz nebenbei: Alle Zinssätze im Internet sind genauso Werbung wie die Plakate in den Schaufenstern der Banken. Auch Creditfair kann nur mit Einkommen, Kaufpreis und Kreditbetrag kein nachhaltiges Angebot erstellen. Sonst könnte man auch beim Bäcker oder an der Tankstelle eine Finanzierung kaufen.

Populismus ist ein schlechter Ratgeber

Wie also all diese sehr unterschiedlichen Aufgaben bewältigen? Hierzu kursieren viele populäre Vorschläge, die aber in der Praxis nicht funktionieren. Insbesondere von sogenannten Verbraucherschützern wird immer wieder das Thema Sondertilgung in den Vordergrund gestellt. Man soll demnach darauf achten, dass man mindestens 5% kostenlose Sondertilgung leisten kann, besser 10%. Eine tolle Idee, die in der Praxis aber meist utopisch ist. Beim oben genannten Beispiel mit 240.000 Euro Darlehen wären 5% schon 12.000 Euro. Wer hat am Ende des Jahres schon regelmäßig 12.000 Euro übrig, um eine Sondertilgung in voller Höhe zu leisten – während er monatlich seine Rate bedient und den Lebensunterhalt finanziert? In der Praxis verfällt die Sondertilgungsoption für die komplette Kreditlaufzeit meist ungenutzt. Es sind eben immer auch andere Dinge wichtig, und man kann ja nächstes Jahr auch noch eine Sondertilgung machen, oder übernächstes Jahr. Genauso selten genutzt wird der Erbonkel aus Amerika oder der Lottogewinn.

Was kann wirklich eine Lösung sein?

Zinsbindungen müssen nicht immer zehn Jahre laufen. Längere Bindungen bedeuten längere Sicherheit und geringere Restschuld, kosten aber einen Zinsaufschlag. Manche Banken bieten 20, 30 oder sogar 40 Jahre Zinsbindung an. Manche bieten zudem an, die Tilgung zu erhöhen oder zu senken – also monatlich mehr oder weniger zu zahlen, so wie es zum aktuellen Einkommen passt. Auch ein Bausparvertrag kann eine Alternative sein. Dieser kann in die Finanzierung integriert werden, kostet dann also nicht mehr als die Tilgung, die sowieso gezahlt werden muss. Alternativ kann er als freier Vertrag neben der Finanzierung laufen. Eine pauschale Antwort auf die Frage nach der besten Finanzierungslösung gibt es also nicht. In jedem einzelnen Fall wird die Lösung anders aussehen und hängt von einer guten Beratung ab.

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 01/2020, Seite 68 f. und in unserem ePaper.

© everythingpossible – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Klaus Zilian
Benjamin Weidemann