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17. Mai 2022
Baurecht: Auch ein E-Auto-Parkplatz kann rücksichtslos sein
EV charging point on parking space, 3D illustration

Baurecht: Auch ein E-Auto-Parkplatz kann rücksichtslos sein

Das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme gilt durchaus auch für eine geplante Errichtung von Parkplätzen für Elektrofahrzeuge im Innenstadtbereich. Dies hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden und dabei auf zu lautes nächtliches Türen- und Kofferraumschlagen hingewiesen.

Ein Grundstück in Berlin-Prenzlauer Berg ist mit einem fünfgeschossigen Vorder- und einem viergeschossigen Hinterhaus bebaut, die ganz überwiegend zu Wohnzwecken genutzt werden. Im zweiten Hinterhof befindet sich eine Remise, die bis 2019 als Autowerkstatt diente.

Die Grundstückseigentümerin hat im Jahr 2016 u. a. die Errichtung von fünf Parkplätzen mit zwei Elektroanschlüssen im zweiten Hof beantragt. Das Bezirksamt lehnte dies unter Berufung auf Schallimmissionen ab, die auch von Elektrofahrzeugen ausgehen könnten.

Grundstückseigentümerin sieht keine Lärmbelästigung durch E-Autos

Hiergegen hat die Eigentümerin Klage erhoben. Sie argumentierte, Elektroautos beeinträchtigten die Umgebung kaum, und von einer Ruhezone im Hinterhofbereich könne nicht die Rede sein. Die Richtwerte eines allgemeinen Wohngebiets würden tagsüber eingehalten, und in den Nachtzeiten seien die Parkplätze wegen der vormaligen Werkstattnutzung als Vorbelastung nicht rücksichtlos. Die im Übrigen von den Fahrzeugen bzw. ihren Nutzern ausgehende Lärmbelästigung, etwa durch Türen- oder Kofferraumschlagen, sei bei modernen Autos zu vernachlässigen.

VG Berlin: Auch E-Autos verursachen zu lautes nächtliches Türen- und Kofferraumschlagen

Das Verwaltungsgericht Berlin (VG) hat die auf die Erteilung der Baugenehmigung gerichtete Klage abgewiesen und dabei folgendermaßen argumentiert: In Ermangelung eines Bebauungsplans sei das Vorhaben keinem ausgewiesenen Baugebiet zuzuordnen, sondern an seiner konkreten Umgebung zu messen. In diese füge sich das Vorhaben zwar ein, es sei aber wegen eines Verstoßes gegen das Gebot der Rücksichtnahme dennoch unzulässig.

Unter Berücksichtigung der gesamten Situation und nach Abwägung der schutzwürdigen Belange der beteiligten Grundstücke seien hier die Betroffenen unzumutbar beeinträchtigt. Von den Elektroautos gingen zwar keine störenden Fahrgeräusche oder akustischen Warnsignale aus – aller Voraussicht nach würden aber, wie sich aus mehreren gerichtlich eingeholte Gutachten ergebe, die Geräusche des Türen- und Kofferraumschlagens die zulässigen nächtlichen Werte sehr wohl überschreiten. Auch wenn einzelne Elektrofahrzeuge zwischenzeitlich über elektrisch verschließende Türen und Kofferraumklappen verfügten, sei dies überwiegend noch nicht der Fall. Die Auflage, lautes nächtliches Türenschlagen zu vermeiden, sei bei lebensnaher Betrachtung also nicht umzusetzen.

Gegen das Urteil ist der Antrag auf Zulassung der Berufung an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg möglich. (ad)

VG Berlin, Urteil vom 31.03.2022 – VG 13 K 184/19

Bild: © Val Thoermer – stock.adobe.com