Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF) einer Kapitalgesellschaft stehen bei der Altersvorsorge oft vor besonderen Herausforderungen. Oftmals ist die Einrichtung einer betrieblichen Altersversorgung (bAV) mit Unsicherheiten verbunden. Michael Gerhard, Aktuar (DAV) beim bAV-Beratungsunternehmen Longial erklärt, dass ein häufiger Stolperstein die steuerliche Anerkennung von Versorgungszusagen ist. Anforderungen wie Erdienbarkeit, Angemessenheit und Ernsthaftigkeit würden in der Praxis immer wieder zu Unsicherheiten führen. Besonders umstritten sei die Frage, ab wann eine bAV erstmals eingerichtet werden kann.
Probezeitregelungen als Hemmnis
Die Finanzverwaltung fordert seit Jahren, dass bei GGFs vor der erstmaligen Zusage einer bAV eine Probezeit eingehalten wird – entweder drei Jahre personenbezogen oder fünf Jahre firmenbezogen (vgl. BMF-Schreiben vom 14.12.2012), berichtet Longial. Diese Frist soll die Ernsthaftigkeit der Geschäftsführertätigkeit absichern, führt aber zu Nachteilen: „Hierdurch mindert sich nicht nur die mögliche Dauer der Finanzierung der bAV. Auch wird der Beginn der Versorgungszusage auf einen Zeitpunkt verschoben, in dem womöglich weniger vorteilhafte Rechnungsgrundlagen gelten,“ so Gerhard. Zudem könnten zu einem späteren Zeitpunkt die Gesundheitsprüfung nicht mehr so positiv ausfallen.
FG Düsseldorf: Entgeltumwandlung ohne Probezeit möglich
Ein Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf (Urteil vom 16.11.2021 – Az: 6 K 2196/17) hatte allerdings Bewegung in die Diskussion gebracht: Demnach ist bei einer echten Entgeltumwandlung keine Probezeit für die steuerliche Anerkennung der bAV erforderlich – anders als bei rein arbeitgeberfinanzierten Zusagen. Die bisherige Auffassung der Finanzverwaltung, die keinen Unterschied in der Finanzierungsform vorsah, wurde damit gerichtlich durchbrochen.
Michael Gerhard warnt allerdings vor Scheinlösungen. Werde im Zuge der Entgeltumwandlung das Gehalt auffällig angepasst, etwa sprunghaft erhöht, könne der Vorwurf einer nur zum Schein vereinbarten Umwandlung entstehen. Der Bundesfinanzhof hat in einem Urteil vom 07.03.2018 (Az: IR 89/15) klargestellt, dass in solchen Fällen die steuerliche Anerkennung gefährdet ist.
Kombination von Entgeltumwandlung und Zusage
Laut Longial schafft diese Rechtsprechung für Geschäftsführer attraktive Gestaltungsspielräume. „Die weniger strenge Sicht bei einer auf Entgeltumwandlung beruhenden bAV eröffnet für Gesellschafter-Geschäftsführer neue Chancen für eine frühzeitige Zusageerteilung“, erläutert Gerhard. „Dabei können sich nicht nur für die Entgeltumwandlung, sondern auch für eine beabsichtigte Arbeitgeberleistung positive Effekte ergeben. Denn beide Finanzierungsformen lassen sich miteinander kombinieren.“
Ein konkretes Konzept könnte seiner Einschätzung nach so aussehen: In der Anfangszeit wird eine bAV per Entgeltumwandlung – also ohne steuerlich relevante Probezeit – installiert. Nach Ablauf von drei oder fünf Jahren kann dann die gewünschte Arbeitgeberzusage ergänzt werden. Die bereits bestehende Finanzierung – etwa über eine Direktversicherung – wird weiterverwendet. Es entstehen weder neue Abschlusskosten noch ist eine erneute Gesundheitsprüfung erforderlich. „Wichtig ist, dass das eingesetzte Produkt eine gemeinsame Verwaltung beider Finanzierungsanteile erlaubt – etwas, das früher selten gegeben war, heute aber von immer mehr Anbietern ermöglicht wird“, so der Longial-Experte. „Dabei kommt es selbstverständlich darauf an, dass die bAV mit einem Finanzierungsprodukt unterlegt wird, in dem sowohl arbeitgeber- als auch arbeitnehmerfinanzierte Beitragsanteile gemeinsam verwaltet werden können“, betont Michael Gerhard. „Das ist in der Vergangenheit, zum Beispiel bei klassischen Lebensversicherungen, oft nicht der Fall gewesen.“
Demnach müssen die Zeiten, in denen Entscheidungen zur GGF-Versorgung wegen steuerlicher Bedenken aufgeschoben werden, der Vergangenheit angehören. Die Rechtsprechung ermögliche rechtssichere und gleichzeitig flexible Lösungen, so Gerhard. (bh)
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