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17. Juli 2025
bAV-Verwaltung: Wenn Service zur Haftungsfalle für Makler wird
bAV-Verwaltung: Wenn Service zur Haftungsfalle für Makler wird

bAV-Verwaltung: Wenn Service zur Haftungsfalle für Makler wird

Die Ausweitung der Nutzung von Maklerverwaltungsprogrammen in der bAV führt mittlerweile zur Übernahme von Aufgaben, die im Bereich der Personalverwaltung eines Arbeitgebers anzusiedeln sind. Das birgt rechtliche und haftungstechnische Herausforderungen. Rechtsexperte Christian Guse schildert Lösungen.

Ein Artikel von Christian Guse, Rechtsanwalt und Inhaber der Anwaltskanzlei Guse

Die Studie „AssCompact TRENDS I/2025“ beleuchtet die zunehmende Bedeutung von Maklerverwaltungsprogrammen (MVP) in der Versicherungsbranche. Ursprünglich zur Vereinfachung administrativer Aufgaben konzipiert, bieten MVPs heute umfangreiche Funktionen: Kundenverwaltung, Vergleichsrechner, Abrechnungsunterstützung, automatisierte Korrespondenzen, digitale Unterschriftenprozesse – und vieles mehr. Sie bilden damit das digitale Rückgrat vieler Versicherungsmakler.

Verkaufen Makler Produkte zur betrieblichen Versorgung, dann zeigt sich gerade hier seit ca. fünf Jahren ein zusätzlicher Trend: Die Ausweitung der Nutzung von MVPs im Bereich der betrieblichen Altersversorgung (bAV) führt zur Übernahme von Aufgaben, die eigentlich im Bereich der Personalverwaltung eines Arbeitgebers anzusiedeln sind. Damit zeigt sich eine deutliche Verschiebung in der Rolle des Maklers – weg vom reinen Vermittler hin zu einem hybriden Dienstleister, der auch Verwaltungsaufgaben übernimmt. Diese Entwicklung bringt Chancen, aber auch Herausforderungen mit sich.

Wenn Vermittlung zur Verwaltung wird

Die betriebliche Altersversorgung hatte aufgrund ihrer Komplexität schon immer eine enge Schnittstelle zur Personalverwaltung. Neben versicherungstechnischem Know-how erfordert sie auch arbeitsrechtliches Wissen, etwa zu Anspruchsvoraussetzungen, Informationspflichten oder zur Umsetzung der Zusageformen. In der Praxis erleben viele Makler, dass Personalabteilungen gerade in diesem Bereich Unterstützung suchen – und bereit sind, ganze Teilbereiche an den Makler „auszulagern“. Hat es früher aus der Personalabteilung des Kunden geheißen: „Der Versicherungsnehmerwechsel dauert so lang. Können Sie sich bitte einmal drum kümmern und bei der Versicherung anrufen“, so heißt es jetzt: „Bitte führen Sie den Versicherungsnehmerwechsel durch.“

Dies hat zu einem Verdrängungswettbewerb unter Vermittlern geführt. Wer nicht nur Policen vermittelt, sondern auch die Verwaltung rund um die bAV übernimmt, kann sich Wettbewerbsvorteile sichern. Die Folge: Vermittlerorientierte bAV-Verwaltungssysteme gewinnen an Bedeutung. Verwaltungskompetenz wird damit ebenso wichtig wie Produktkenntnis.

Doch dieser Wandel ist nicht ohne Risiken. Denn der Makler bewegt sich zunehmend in einem Grenzbereich zwischen Vermittlung und Dienstleistungserbringung. Während § 59 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) die Vermittlung regelt, umfasst die Übernahme administrativer Aufgaben eine andere rechtliche Dimension – nämlich die arbeitsrechtlichen Verpflichtungen, die aus dem Versorgungsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer resultieren.

Aus Sicht des Maklers ist besonders kritisch, dass klassische Maklerverträge – bestehend aus Maklervertrag, Vollmacht und Datenschutzerklärung – diesen erweiterten Tätigkeitsbereich oft nicht abdecken. Sie beziehen sich schwerpunktmäßig auf die Vermittlung von Versicherungsverträgen und die daraus resultierenden Haftungsthemen. Die Übernahme verwaltungsnaher Aufgaben bleibt jedoch vertraglich oft ungeregelt. Das birgt erhebliche Haftungsrisiken.

Klare vertragliche Regelungen und neue Denkansätze

Es stellen sich daher folgende Fragen: Welche Geschäftsvorfälle übernimmt der Makler im Rahmen der bAV-Verwaltung? Wer trägt die Verantwortung bei Fehlern in Meldeprozessen oder Fristversäumnissen? Gibt es Haftungsbegrenzungen für diese Dienstleistungen? Und wie sind Datenschutz und Datenverarbeitung bei personalbezogenen Informationen geregelt?

Makler, die im Bereich der betrieblichen Altersversorgung tätig sind, sollten dringend über eine Anpassung ihrer vertraglichen Grundlagen nachdenken. Es reicht nicht mehr aus, allgemeine Servicebereitschaft vorauszusetzen – vielmehr bedarf es klarer Regelungen, welche Dienstleistungen übernommen werden und in welchem Umfang.

Ein moderner Maklervertrag sollte neben der Vermittlung folgende Punkte abbilden:

  • Leistungsbeschreibung Verwaltung: eine klare Auflistung der verwaltenden Tätigkeiten – z. B. Bearbeitung von Ein- und Austritten, Unterstützung bei Statusmeldungen, Pflege von Versorgungskonten, Kommunikation mit Versicherern bei Änderungswünschen u. v. m.
  • Haftungsbegrenzungen: Regelungen zur Haftung des Maklers bei Fehlern in der Administration, etwa durch einen Haftungsausschluss für bestimmte Inhalte oder durch die Beschränkung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz.
  • Zuständigkeiten und Schnittstellen: klare Definition, wer für welche Aufgaben verantwortlich ist – Makler, Arbeitgeber oder Dritte (z. B. Versicherer, Abrechnungsstellen). Dies betrifft auch die Klärung von Informationspflichten und Mitwirkungspflichten des Arbeitgebers.
  • Vergütung: Sofern die verwaltenden Aufgaben über die klassische Vermittlungsvergütung hinausgehen, sollte eine transparente und rechtssichere Vergütung der Verwaltungsleistungen vereinbart werden – ggf. auch als Servicepauschale oder in Form von Dienstleistungsverträgen.
  • Gegebenenfalls erweiterte Datenschutzvereinbarungen: Da Makler im Rahmen der bAV-Verwaltung mit personenbezogenen Daten von Arbeitnehmern umgehen, sind datenschutzrechtliche Regelungen gemäß DSGVO zwingend erforderlich. Dazu gehört die Vereinbarung einer Auftragsverarbeitung (AVV), wenn der Makler im Namen des Arbeitgebers tätig wird.

Darüber hinaus sollten Makler auch technisch aufrüsten: Maklerverwaltungsprogramme der neuen Generation sollten nicht nur auf die Verwaltung von Policen ausgelegt sein, sondern die speziellen Anforderungen der bAV berücksichtigen – z. B. durch Module zur Mitarbeiterverwaltung, automatisierte Statusmeldungen, Schnittstellen zu HR-Systemen oder Dokumen­tationshilfen für arbeitsrechtliche Zusagen.

Ein weiterer Lösungsansatz liegt in der Kooperation mit Fachanwälten oder spezialisierten Dienstleistern. So können Makler sicherstellen, dass arbeitsrechtlich relevante Themen professionell begleitet werden. Denkbar ist auch ein modulares Dienstleistungskonzept, bei dem der Makler standardisierte Verwaltungsaufgaben übernimmt und für komplexere Fragen Experten hinzuzieht.

Chancen nutzen, Risiken beherrschen

Die Entwicklung von Maklerverwaltungsprogrammen spiegelt den tiefgreifenden Wandel der Rolle von Versicherungsmaklern wider – insbesondere im Bereich der betrieblichen Altersversorgung. Der Trend zur Verwaltungsübernahme bietet Maklern eine Möglichkeit zur Differenzierung, birgt aber auch rechtliche und haftungstechnische Herausforderungen.

Wer diesen Weg gehen will, sollte seine vertraglichen Grundlagen überarbeiten, klare Zuständigkeiten definieren und technische sowie rechtliche Rahmenbedingungen berücksichtigen. Nur so lässt sich sicherstellen, dass aus dem zusätzlichen Service kein unkalkulierbares Risiko wird – sondern ein nachhaltiger Wettbewerbsvorteil.

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Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 07/2025 und in unserem ePaper.

 
Ein Artikel von
Christian Guse