Im vorliegenden Sachverhalt hat der Arbeitgeber über eine pauschal dotierte Unterstützungskasse eine rein arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung (bAV) für seine Angestellten eingerichtet. In einem Schreiben des bAV-Anbieters an die Angestellten vom Dezember 2000 hieß es dazu, dass die Unterstützungskasse Altersrenten gewähre, die monatlich im Voraus ausgezahlt würden. Allerdings behalte sich die Versorgungskasse vor, „anstelle einer laufenden Rente eine einmalige Kapitalabfindung in Höhe der 10-fachen Jahresrente zu zahlen“.
Einmalauszahlung entspricht nicht dem Barwert der Altersrente
Im Februar 2021 beantragte schließlich eine beim Arbeitgeber beschäftigte Krankenpflegehelferin ihre betriebliche Altersrente. Der Arbeitgeber teilte der Beschäftigten daraufhin mit, dass er beabsichtige, ihren Versorgungsanspruch durch die Zahlung einer zehnfachen Jahresrente abzugelten. Abzüglich Lohn- und Kirchensteuer betrug die einmalige Kapitalauszahlung 106.476,25 Euro – und lag damit niedriger als der versicherungsmathematische Barwert der monatlichen Altersrente. Doch damit war die Angestellte nicht einverstanden, lehnte die angekündigte Kapitalzahlung ab und verlangte eine monatliche Rentenzahlung. Zusätzlich hatte die Beschäftigte die Kapitalzahlung an den Arbeitgeber umgehend zurücküberwiesen. Dagegen allerdings hat der Arbeitgeber Klage beim Arbeitsgericht Essen und Landesarbeitsgericht Düsseldorf eingereicht. Denn er sei laut Leistungsplan der Unterstützungskasse berechtigt, den Versorgungsanspruch der Angestellten durch die einmalige Zahlung zu erfüllen. Allerdings scheiterte die Klage in den jeweiligen Instanzen.
Klausel benachteiligt Versorgungsempfänger unzumutbar
Daher hatte sich nun das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit der Frage nach dem Kapitalwahlrecht und seiner Ersetzung bei einer bAV beschäftigt. Und die Richter am BAG mit Sitz in Erfurt haben ebenfalls der beklagten Arbeitnehmerin recht gegeben. Maßgeblich für die Urteilsfindung der Richter war demnach, dass die Klausel im Leistungsplan, wonach anstelle einer lebenslangen Altersrente eine Kapitalleistung in Höhe der zehnfachen Jahresrente geleistet werden kann, für die Beklagte gemäß § 308 Nr. 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unzumutbar sei. Denn „die durch die Ersetzung der laufenden Altersrenten zu zahlende Kapitalleistung bleibt nach den Feststellungen des Gerichts hinter dem Barwert der zugesagten Altersrente zurück“. Dies bedeute, dass der Versorgungsempfänger nicht eine andere – gleichwertige – Leistung, sondern eine andere geringerwertige Leistung erhalten würde.
Erdientes Entgelt würde teilweise entzogen werden
Dem Versorgungsempfänger, so die BAG-Richter weiter, würde damit nämlich bereits erdientes Entgelt im Nachhinein – und zwar kurz vor Eintritt des Versorgungsfalls – zumindest teilweise wieder entzogen. Und das, obwohl er „seine Gegenleistungen während des bestehenden Arbeitsverhältnisses bereits vollständig erbracht hat“, heißt es in der Urteilsbegründung. Und die Richter am BAG stellten wiederholt klar, dass bAV nicht nur Versorgungs-, sondern auch Entgeltcharakter habe. Sie stelle eine Gegenleistung für die Beschäftigungszeit dar und damit auch für die während der Beschäftigung erbrachte Tätigkeit des Arbeitnehmers. (as)
BAG, Urteil vom 17.01.2023 – Az. 3 AZR 220/22
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