Versicherungsmakler ist ein toller Beruf – so schließt Thomas Billerbeck, der Präsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungsmakler (BDVM), die Jahrespressekonferenz des Verbands am Donnerstag in Hamburg, zusammen mit einem Appell an die Presse, diesen Gedanken doch irgendwo in die Berichterstattung mitaufzunehmen. Ein Beruf mit einer hohen Verantwortung und einer wichtigen, aber auch sehr erfüllenden Aufgabe: den Kunden für kritische Situationen abzusichern und mit den angebotenen Lösungen zufriedenzustellen.
Bei diesem Enthusiasmus tut man dem Präsidenten doch gerne diesen Gefallen. Wenngleich nicht zu verachten ist: Der Beruf des Maklers kommt durchaus mit der einen oder anderen Herausforderung, die nur Minuten davor bei der Konferenz diskutiert werden. Themen gab es in der Sitzung viele: den Deckungsnotstand in der Gewerbeversicherung, die digitale Autonomie bei einer Poolanbindung, die aktuellen Marktentwicklungen in der Cyberversicherung usw. Ein Begriff, der jedoch häufiger genannt wird und nicht nur die Gesellschaft, sondern auch die Branche nachhaltig beeinflusst, ist die Demografie. Denn deren Wandel hinterlässt seine Spuren, und zwar auch im Tagesgeschäft der Makler.
Lange Schadenbearbeitung
Seit rund zwei Jahren beobachtet der BDVM eine „spürbare Erosion“ in der Schadenregulierung, so Präsident Billerbeck. Auch Julia Wiens von der BaFin bestätigte im April diese Beobachtung. Dabei müsse dieser Bereich funktionieren, schließlich sei er auch gewissermaßen ein Aushängeschild, wenn der Kunde nicht lange warten muss, bis sein Schaden bezahlt wird. Doch die Bearbeitung sei im Grunde in allen Bereichen schleppend und kein gutes Ergebnis. Das zeigt auch das BDVM-Stimmungsbarometer, welches auch dieses Jahr wieder durchgeführt wurde. Beim Thema „Schadenbearbeitung durch Versicherer“ stimmten 22,2% mit der Note 6, „ungenügend“, ab. Im Vorjahr waren es nur 11,4%. Knapp 28% wählten die Note 5, „mangelhaft“, an, und 30,6% die Note 4, „ausreichend“.
Eine Ursache dafür ist eben der Fachkräftemangel. Und der, so warnt Billerbeck, beginnt erst so richtig und wird noch schlimmer. Betrachtet man das Durchschnittsalter der Vermittler, so gehen 50% in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand sowie 30% der Innendienstkräfte bei den Versicherern. Dass die Situation bei der Schadenbearbeitung besser wird, ist also nicht absehbar.
Fachkräfte als Attraktivitätsfaktor eines Maklerhauses?
Auch beim Thema Konsolidierung bzw. Aufkäufe spielen Fachkräfte eine Rolle, wie Billerbeck auf AssCompact Nachfrage erläutert. Zwar würden diese für große Konsolidierer keine so große Rolle spielen, aber die Attraktivität eines Maklerhauses beim Kauf werde auch dadurch gefördert, dass qualifiziertes Personal vorhanden ist. Im kleineren Rahmen könnten Fachkräfte hier also durchaus relevant sein.
Die Konsolidierungsbewegung im Allgemeinen schätzt der BDVM so ein, dass sie sich die kommenden Jahre fortsetzen werde. Wie erfolgreich sie sein wird, hänge jedoch davon ab, nachhaltige Mehrwerte zu schaffen, für übernommene Mitarbeitende ebenso wie für Mandanten.
Die Unabhängigkeit des Maklers
Erneut auf den Tisch kam auch die Frage nach der Unabhängigkeit des Maklers – während der Konferenz das Herzensprojekt vom geschäftsführenden Vorstand Bernhard Gause. Verbraucherschützer seien aktuell darauf aus, Versicherungsmaklern, die ihren Verdienst durch Courtagen bzw. Provision erwirtschaften, den Begriff der „Unabhängigkeit“ streitig zu machen. Laut Gause ein „ideologisch“ getriebener Vorsatz. Die Unabhängigkeit des Versicherungsmaklers gehöre zur DNA der BDVM-Mitglieder.
Vor diesem Hintergrund hat Prof. Dr. Robert Koch, Professor für Bürgerliches Recht und Versicherungsrecht an der Uni Hamburg im Auftrag des BDVM eine gutachterliche Stellungnahme erstellt. Dieses Gutachten bestätige im Kern die Auffassung des Verbandes: „Soweit und solange Versicherungsmakler ihr Gewerbe im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften des VVG, der VersVermV und der GewO ausüben, d. h.
- von Versicherern rechtlich und wirtschaftlich unabhängig sind,
- gegenüber Versicherern bei der Ausgestaltung der Versicherungsverträge ausschließlich die Interessen ihres Auftraggebers vertreten und
- bei der Auswahl eines Versicherers und/oder beim Abschluss des Versicherungsvertrages ihre Eigeninteressen nicht über die Interessen ihres Auftraggebers stellen,
sind sie in den Augen des angesprochenen Verkehrskreises (Versicherungsinteressenten bzw. Versicherungsnehmer) unabhängig und dürfen sich deshalb auch als ‚unabhängiger Versicherungsmakler‘ bezeichnen.“ Ein Verbot der Verwendung der Bezeichnung als im Status „unabhängig“ für Versicherungsmakler zum Schutz des Versicherungsinteressenten bzw. Versicherungsnehmers sei nicht erforderlich.
Weitere Positionen des BDVM: Marktlage und Deckungsnotstand
Weiterhin war das vergangene Jahr in der Industrieversicherung insgesamt von einem etwas weicheren Markt geprägt. Jedoch würden sich die Zeichnungskapazitäten im gewerblichen Bereich und bei KMU spürbar verhärten. So dehne sich der Deckungsnotstand über die bereits bekannten Branchen Chemie, Recycling, Galvanik und Holz hinaus breit aus.
Elementarschadenversicherung
Beim Thema Elementarschadenversicherung steht der Verband der im Koalitionsvertrag diskutierten Pflichtversicherung skeptisch gegenüber. Das Modell aus Frankreich sei keine geeignete Blaupause für Deutschland (steuerähnliche Abgabe auf Wohngebäudeversicherung). Der BDVM schlägt vor, ein einmaliges Angebot für alle bisher nicht versicherten Risiken mit Opt-out-Möglichkeit vor. Im Gegenzug sollten staatliche Hilfen künftig nur dort greifen, wo Risiken privatwirtschaftlich nicht versicherbar sind.
Marktteilnehmer und Verbandszahlen
Der BDVM bleibt trotz Marktkonsolidierung stabil: 750 Mitgliedsbetriebe. In unserer Mitgliederumfrage attestierten uns die Häuser eine sehr hohe Zufriedenheit; 97,2% würden die Mitgliedschaft weiterempfehlen.
Finfluencer weniger relevant
Aus AssCompact Nachfrage stellt Präsident Billerbeck außerdem klar: Die Kontroverse um die Regulierung von Finfluencern, die dieses Jahr mehrheitlich diskutiert wurde, auch von anderen Branchenverbänden, spiele für den BDVM eine kleinere Rolle. Hintergrund ist schlichtweg, dass der typische Finfluencer sich weniger mit den Themen des BDVM, also bspw. Gewerbeversicherung, beschäftigt, sondern vornehmlich mit denen, die die Privatkunden betreffen. (mki)
Bild: © BDVM
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