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27. Juni 2023
Beachtliche Versicherungslücken bei Selbstständigen

Beachtliche Versicherungslücken bei Selbstständigen

Sind sich Selbstständige ihrer Risiken bewusst und sichern sie sich finanziell dagegen ab? Diese Frage ist Inhalt einer aktuellen Studie. Die Erkenntnisse können Versicherungsmakler in der Beratung nutzen. Nachgefragt bei Tobias Wenhart, Director Marketing, Direct Business & Partnerships von Hiscox Deutschland.

Interview mit Tobias Wenhart, Director Marketing, Direct Business & Partnerships von Hiscox Deutschland
Herr Wenhart, Sie haben im Frühjahr zusammen mit Partnern untersucht, welche Risiken Selbstständige für sich erkennen. Was hat Sie dabei besonders interessiert?

Über Selbstständige und ihre Risikowahrnehmung war bislang noch zu wenig bekannt. Für uns war zum einen besonders spannend, im Detail zu verstehen, welche Risiken sie als besonders relevant für sich selbst wahrnehmen. Aber mindestens ebenso interessant ist es, zu verstehen, welche Risiken von vielen gar nicht gesehen werden bzw. total unterschätzt werden, wie wir auch aus unserer Schadenpraxis wissen.

Was sind die Kernergebnisse und sind Sie von den Ergebnissen überrascht?

In der repräsentativen Erhebung kam heraus, dass, obwohl die eigene wirtschaftliche Lage heute und in Zukunft überwiegend positiv bewertet wird, die Selbstständigen durchaus auch einige Risiken sehen, die eine mögliche Existenzbedrohung ihres Geschäfts zur Folge haben können. So ein Risiko wird von 20% der Befragten sogar als hoch oder sehr hoch eingeschätzt. Die drei meistgenannten existenziellen Risiken sind Ausfallzeit durch Krankheit oder Unfall, der Ausfall von IT-Systemen sowie das Ausbleiben von Zahlungen durch Auftraggeber.

Doch etwa über eine Absicherung gegen Krankheit und Unfall, das am häufigsten genannte Risiko, verfügen 62% nicht. Auch in den Bereichen wie etwa Betriebshaftpflicht, Cyber oder Sach- und Inhalt haben wir teilweise so große Versicherungslücken aufgedeckt, die uns wirklich überrascht haben.

Werden Selbstständige als Zielgruppe von Versicherern und Versicherungsmaklern manchmal etwas vernachlässigt? Woran sich die Frage anschließt, wer gehört nach Ihrer Definition überhaupt dazu?

Man muss sich klar machen: Rund 3,6 Millionen Selbstständige leben und arbeiten in Deutschland, das sind knapp 8% der 46 Millionen Erwerbstätigen – also eine sehr relevante Gruppe aus gesamtwirtschaftlicher Sicht, die übrigens auch wächst. Selbstständige waren für uns immer schon eine wichtige Zielgruppe, aber es war aus unserer Sicht noch zu wenig über deren Bedürfnisse, Risiken und Co. bekannt. Wichtig ist uns, die neuen Erkenntnisse nun auch mit Maklern und Vermittlern zu teilen.

Konkret befragt wurden drei Gruppen von Selbstständigen: solche mit einem Umsatz unter 70.000 Euro, einem Umsatz von 70.000 Euro bis 150.000 Euro sowie Selbstständige mit höherem Umsatz, die auch häufig Mitarbeitende beschäftigen.

Wo genau gibt es denn Nachholbedarf?

Unter anderem haben wir auch nach den Gründen gegen eine Absicherung betrieblicher Risiken gefragt. Ein Drittel der Befragten sagte, dass sie einfach keinen Bedarf sähen. Nicht wenige der Befragten haben gleichzeitig angegeben, dass sie sich bislang schlicht noch keine Gedanken über das Thema Absicherung gemacht haben. Und hier sehen wir ganz konkreten Beratungsbedarf, wo Versicherer wie Vermittler gleichsam in der Pflicht sind: über Sinn und Zweck der Absicherung der jeweils relevantesten Risiken aufzuklären.

Versicherungsschutz ist auch eine Frage des Geldes. Bei Selbstständigen variieren die Umsätze stark. Spüren Sie das auch als Hemmschuh?

Ja, die vermeintlich zu hohen Kosten wurden besonders häufig als Grund gegen den Abschluss einer Versicherung angegeben. Wir haben in der Studie gesehen, dass vor allem kleinere Selbstständige mit einem Umsatz unter 70.000 Euro preissensibel sind. Hier sind insbesondere für diese Zielgruppe preiswerte und flexible Lösungen gefragt – also etwa mit der Möglichkeit, den Versicherungsschutz auch mal einen Monat auszusetzen, wenn der Selbstständige das Geschäft während seines Urlaubs ruhen lässt.

Und was schließen Sie daraus oder unternehmen Sie nun infolge der Studie?

Diese Erkenntnisse werden wir zum einen dafür nutzen, unsere Lösungen weiter zu optimieren und auszubauen. Darüber hinaus wollen wir sie auch an die Makler und Vermittler weitergeben, sodass diese die Situation, das Wissen sowie den Bedarf der Selbstständigen noch besser verstehen und diese dadurch noch zielgerichteter beraten können. Denn hier schlummert viel Potenzial, das wir gemeinsam mit unseren Partnern heben wollen!

Über die Studie

Im Mai erschien das erste „VM-Hiscox-Risikobarometer Selbstständige“. Dafür hatte das Meinungsforschungsinstitut infas quo im Auftrag des Versicherungsmonitors mit Unterstützung von Hiscox eine repräsentative Umfrage durchgeführt. Befragt wurden drei Gruppen von Selbstständigen: solche mit einem Umsatz unter 70.000 Euro, einem Umsatz von 70.000 Euro bis 150.000 Euro und Selbstständige mit höherem Umsatz. Die Umfrage soll künftig jährlich wiederholt werden. Weitere Informationen unter: Steigende Kosten und Inflation machen Selbstständigen die meisten Sorgen: Erstes Risikobarometer Selbstständige von Versicherungsmonitor und Hiscox

Bilder: © Hiscox; © xy – stock.adobe.com

 
Ein Interview mit
Tobias Wenhart