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18. Juli 2025
Bearbeitungszeiten bei Versicherern: Das meinen Makler dazu
Bearbeitungszeiten bei Versicherern: Das meinen Makler dazu

Bearbeitungszeiten bei Versicherern: Das meinen Makler dazu

Die Meldungen zu längeren Bearbeitungszeiten bei Versicherern machen seit einiger Zeit die Runde. Selbst die BaFin hat sich eingeschaltet. AssCompact hat exklusiv bei zwei Maklerhäusern nachgefragt: Welche Erfahrungen machen sie? Welche Kritik haben sie? Und sehen sie Lösungen?

Das Verhältnis zwischen Maklern und Versicherern scheint seit einiger Zeit durch längere Bearbeitungszeiten angespannt. Die Kommunikation zwischen den Beteiligten wird dadurch häufig auf die Probe gestellt.

Bereits vor Kurzem hatte AssCompact über das Sonderthema der aktuellen Studie AssCompact TRENDS II/2025 „Schadenregulierung im privaten Schaden- und Unfallgeschäft“ berichtet. Dort wird deutlich, dass Makler klare Erwartungen an die Versichererseite haben, wenn es um Schadenregulierung geht. Ganze 100% der Befragten sagen demnach, rasche Reaktionszeiten seien ihnen im „Schadenfall“ wichtig.

AssCompact hat bei zwei Maklerunternehmen nachgefragt, wie sie zu dem Thema stehen und welche Erfahrungen sie besonders im vergangenen Jahr gemacht haben.

Aus Maklersicht: Wie steht es um die Rückstände in der Bearbeitung bei Versicherern?

Bernd Helmsauer, Vorstand der Helmsauer Gruppe, hat den Eindruck, dass es „sich um ein branchenweites Phänomen“ handelt. Er kritisiert zudem, dass „Anliegen von Versicherungskunden und Maklern über Wochen und Monate nicht oder falsch bearbeitet werden“.

Alexandra Kallmeier, Geschäftsführerin der VersCare Versicherungsmakler GmbH, weist aber darauf hin: „Ich denke, man sollte differenzieren zwischen der Policierung von Anträgen und der Schadenbearbeitung. Und auch innerhalb dieser beiden Komponenten, ob es sich um ‚Standard-' oder Individualgeschäft handelt. Das Standardgeschäft läuft mittlerweile meist automatisiert – das würde ich bei der Diskussion außen vor lassen.

Hingegen stellt man im Individualgeschäft (größeres Gewerbe- und Industriegeschäft) fest, dass viele Prozessschritte immer noch händisch abgebildet werden – manche natürlich auch so verarbeitet werden müssen … Hilfsmittel, z. B. die VEMArisk Gewerbe, sind für uns als Versicherungsmakler vorhanden, aber oft geht es dann beim Versicherer händisch weiter, was Zeit und Personalaufwand kostet. Begründet werden lange Bearbeitungsdauern dann selbstredend mit dem Fachkräftemangel und einem fehlenden IT-Übernahme-Prozess. Hier müssten die Versicherer die Daten besser lenken können, um die Steuerung nicht zu lang dauern zu lassen.“

Auch BaFin fordert schnellere Bearbeitung

Im April 2025 forderte dann auch die BaFin eine schnellere Schadenbearbeitung von Versicherern. „Ein Punkt, den wir als Makler aus der Praxis nur unterstreichen können“, so Kallmeier. „Ich halte es für wichtig zu betonen, dass die BaFin auf zahlreiche Verbraucherbeschwerden reagiert hat – meiner Einschätzung nach betrifft das Problem jedoch in gleicher Weise auch den Gewerbe- und Industriesektor.“

Welche Sparten sind betroffen?

Einig sind sich Kallmeier und Helmsauer, dass dies alle Sparten betreffe. Kallmeier ergänzt jedoch: „Fairerweise muss an der Stelle aber auch festgestellt werden, dass v. a. Standardprodukte wie PHV, Kfz usw. an vielen Stellen auch teils sogar in Echtzeit dokumentiert werden.“ Der Weg sei also erkennbar, müsse nur konsequent weitergegangen werden, meint sie.

Vermutungen über die Gründe

Welche Gründe vermuten die Maklerin und der Makler hinter der Entwicklung? Nach Meinung von Helmsauer könnte es z. B an Folgendem liegen: „Zum einen wurden während der Pandemie die ausscheidenden Mitarbeiter nicht nachbesetzt. Zum anderen gibt es diesen Irrsinn, dass man geglaubt hat, dass die KI innerhalb kürzester Zeit die Bearbeitung von Vorgängen derart revolutioniert, dass man keine kompetenten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr benötigt. Eine völlige Fehleinschätzung der Zukunftsaussichten der KI in Bezug auf die zeitliche Umsetzung. Ich appelliere an die Versicherer, zunächst die menschliche Intelligenz zu nutzen, bevor man lernt, künstliche Intelligenz einzusetzen.“

Kallmeier nennt noch weitere Punkte: „Die Gründe liegen meiner Meinung nach in den verschiedenen Programmstrukturen und im Alter der genutzten Programme. Dies auf einen einheitlichen Prozess zu heben, braucht Zeit! Natürlich kommt dann noch das Unvorhersehbare, wie auch der Fachkräftemangel gepaart mit der Umgewöhnung auf die ‚neuen‘ Prozesse.“

Folgen für Maklerhäuser

Natürlich hat eine verzögerte Bearbeitung auch Folgen für die Maklerunternehmen. Kallmeier weist etwa auf den Mehraufwand hin, der auch zu Ärger mit dem Kunden führen kann. „Aber auch hier kann eine Kommunikationsplattform mit dem Kunden z. B. durch Bereitstellung einer Chatfunktion etwas helfen“, meint sie. Ihrer Ansicht nach sei letztlich das Kernthema der höhere Kommunikationsaufwand mit dem Kunden, durch den man sich aber auch wieder positionieren und in der digitalen Wert etwas abheben könne. Zu beachten sei aber auch, dass durch die Beitragserhöhungen der Kunde einen gewissen Service erwarte. „Wenn diese Erwartungshaltung nicht erfüllt wird, entsteht Frust“, weiß sie.

Helmsauer sieht sein Unternehmen aufgrund dessen Größe und dessen Ausrichtung auf sogenannte „Zielversicherer“ deutlich weniger betroffen als die „klassischen“ Maklerkollegen. Helmsauer weiter: „Größe bedeutet Macht und Macht bedeutet die Durchsetzung von Kundeninteressen. Viele meiner Maklerkollegen – das weiß ich aus meiner Beiratstätigkeit im Maklerbeirat im Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute – haben mittlerweile größte Probleme, ihren Maklerstatus gegenüber dem Kunden zu erfüllen.“ In der letzten Konsequenz sieht er den Berufsstand als Versicherungsmakler „schlicht bedroht“.

Wie steht die Versicherungswirtschaft da?

Letztendlich könnte das Problem nicht nur Konsequenzen für die Maklerhäuser selbst, sondern auch für das Image der Branche insgesamt haben. Laut Helmsauer habe die Versicherungswirtschaft heute schon ein schlechtes Image, was man etwa an den niedrigen Bewerberzahlen sehe. Kallmeier wirft aber noch ein: „Kritik wird wieder zu einem gewissen Verlust des Images führen. Generell handelt es sich aber definitiv nicht um ein Thema, das unsere Branche exklusiv für sich beansprucht! Auch wenn es sicher teils auch andere Gründe sind, aber eben vor Allem durch den Fachkräftemangel oder die Digitalisierung – versuchen Sie mal einen Handwerker z. B. für eine Schadenreparatur zu finden …“

Lösungsvorschläge und Wünsche

Was wünschen sich die zwei Vermittler also von den Versicherern? Auch das wollte AssCompact natürlich wissen und bekam von Helmsauer folgende Antwort: „Ich bin pessimistisch, was die zukünftige Entwicklung bei den Versicherungskonzernen anbetrifft. Ich glaube nicht, dass die Investitionen in die Betreuung von Versicherungsmaklern wieder gesteigert werden. Insofern hilft nur die Konsolidierung im Markt, um eben ausgeglichene Machtverhältnisse zwischen Vermittlern und Versicherungsunternehmen zu schaffen. Eine Mindestanforderung ist aber, dass die Versicherer ihren vertraglichen Verpflichtungen im Rahmen der Schadenregulierung nachkommen und insbesondere – offensichtlich grob widerrechtliche – Schadenablehnungen unterlassen. Des Weiteren schulden sie dem Kunden eine zeitnahe Policierung und Schadenbearbeitung. Am Ende muss die BaFin die Performance der Versicherungsunternehmen im Hinblick auf ihre vertraglichen Pflichten gegenüber Versicherungsnehmern und Maklern strenger und konsequenter überwachen.“

Kallmeier hat diese Vorschläge und Ideen: „Wir müssen für die Prozesse gemeinsam die Verantwortung übernehmen. Ich wünsche mir vor allem, dass die Versicherer auch in ihrer IT-Welt eine gemeinsame Lösung für die Prozesse schnell vorantreiben wollen. Einheitliche Schnittstellen und transparente Statusinformationen würden nicht nur die Zusammenarbeit erleichtern, sondern letztlich auch der Kundenzufriedenheit dienen.” (lg)

Wie stehen Versicherer zum Thema Bearbeitungszeiten?

Teil 2 folgt in Kürze und bildet die Sicht von Versicherern ab.