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29. Dezember 2020
Beratung für die Altersversorgung ist komplex

Beratung für die Altersversorgung ist komplex

Bei der Altersvorsorge alles richtig zu machen, ist nicht ganz einfach. Umso wichtiger ist der Rat eines Versicherungsmaklers oder Finanzberaters. Wenn dieser ein paar Punkte berücksichtigt, kann sowohl er als auch sein Kunde ruhig schlafen. Auf die Garantie allein sollte sich der Berater aber nicht fokussieren, sagt Carsten Mathé, Leiter Produktmanagement Versicherungen bei Plansecur.

Die Notwendigkeit, so früh wie möglich im Leben mit der Altersversorgung zu beginnen, ist aus zwei Gründen dringender als je zuvor: das Niedrigzinsniveau und die demografische Entwicklung. Am besten fängt man mit dem ersten Gehalt an. Wer in seinen 20ern startet, kommt in der Regel mit 10% des Bruttoeinkommens aus, um seine Vorsorgelücke vollständig zu schließen. Bis Anfang 40 steigt der Aufwand auf über 20%. Es empfiehlt sich daher, spätestens mit 35 Jahren die private Altersversorgung zu starten. Wobei in der aktuellen Niedrigzinsphase gilt: Jedes Jahr zählt. Es ist keineswegs absurd, wenn Eltern schon mit der Geburt ihres Kindes mit dessen Altersversorgung beginnen.

Die demografische Entwicklung mit dem sprunghaften Anstieg der über 65-Jährigen wird ab Mitte der 2020er-Jahre, wenn die geburtenstarken Jahrgänge anfangen, in Rente zu gehen, zu den seit Jahrzehnten bekannten gravierenden Belastungen der gesetzlichen Rentenversicherung führen.

Selbstverständlich hat die Altersvorsorgeplanung unter Berücksichtigung der gesetzlichen, betrieblichen und eventuell bereits vorhandenen Vorsorgeverträge sowie der Inflation zu erfolgen. Dabei kommt es darauf an, für die Vorsorgebausteine aus den drei Schichten geschickt auszuwählen und mit Riester, Rürup oder privater Vorsorge Vater Staat mit steuerlich günstigen Regelungen am Aufbau der Altersvorsorge zu beteiligen.

Wie viel Risiko darf’s denn sein? – Messen ist besser als Raten

So viel zum Standardrepertoire der Altersvorsorgeplanung, das idealerweise brancheneinheitlich sein sollte. Eine erste wesentliche Differenzierung ergibt sich beim Finden der passenden Produkte. Hierbei geht es darum, neben der Risiko­affinität des Kunden die Wünsche und Fähigkeiten zur Gestaltung der eigenen Altersversorgung herauszuarbeiten und daraus abzuleiten, welche Finanzprodukte im Einzelfall am besten passen. Die BaFin verlangt hierfür zu Recht nachvollziehbare Verfahren, um zu ermitteln, wie stark der Kunde willens und in der Lage ist, seine Altersversorgung einzuschätzen. Im Markt ist häufig folgendes Verhalten zu beobachten: Der Berater fragt den Kunden, „wie viel Garantie“ er wünscht, was dieser häufig mit „so viel Garantie wie möglich“ beantwortet und dabei Beitragsgarantien fälschlicherweise mit Sicherheit gleichsetzt. Bei langfristigen Anlagen der Altersvorsorge kann man den Anteil der Sachwerte durch ein Absenken der Garantie erhöhen, ohne dass das Anlagerisiko signifikant ansteigt. Eine zu hohe Garantie wird mit einer Einbuße bei der Rendite erkauft, die dem Kunden in der Regel überhaupt nicht bewusst ist. Besser ist ein nachvollziehbares Verfahren, das eine Empfehlung dahingehend abgibt, wie hoch die Beitragsgarantie abgesenkt werden kann, ohne dass Kunden ihre Vorsorge als zu riskant empfinden.

Bei der Auswahl des Partners für die Altersversorgung empfiehlt sich ein finanzstarker Anbieter, der mit seinen Kunden fair umgeht und über ein gutes Sicherungsvermögen verfügt. Das Sicherungsvermögen stellt den Nukleus aller Altersvorsorgeprodukte dar. Es genügen keinesfalls allein gute Fonds in der Ansparphase, weil es spätestens zum Rentenbeginn ein biometrisches Risiko abzusichern gilt, für das ein gutes Sicherungsvermögen vorteilhaft ist.

Zu hohe Kosten zehren an der Kundenrendite

Ein weiterer wichtiger Faktor bei der Auswahl sind die Verwaltungskosten der Produktanbieter. Angesichts der Niedrigzinslage ist dieser Aspekt für Kunden von besonderer Bedeutung. Die Rendite sollte nicht überdurchschnittlich stark von den Kosten aufgefressen werden. Die 2019 im Markt anzutreffende Bandbreite der Verwaltungskosten als Anteil an den gebuchten Bruttobeiträgen ist bemerkenswert: von 0,7 bis über 10%. Der Durchschnitt lag 2019 bei etwa 2%. Es kommen also seriöserweise ausschließlich Anbieter mit am besten deutlich unter 2% Kosten in Betracht. Das schränkt die Auswahl erheblich ein und macht sie dadurch leichter.

Mit echten Alleinstellungsmerkmalen das passende Produkt finden

Nachdem diese ersten Schritte bewältigt sind, gilt es das für den Einzelfall am besten passende Finanzprodukt zu finden. Bei dieser finalen Auswahl helfen sechs Kriterien, deren Priorisierung entscheidend dafür ist, welche Produkte im Detail zu empfehlen sind.

  • Es ist zu klären, ob sich die Absicherung der Beitragsbefreiung bei Berufsunfähigkeit mit einer vereinfachten Gesundheitsprüfung für den Kunden empfiehlt.
  • Immer mehr Menschen legen Wert auf Nachhaltigkeit. Hier kommen die ESG-Kriterien für Umweltschutz, soziale Verantwortung und faire und transparente Unternehmensführung ins Spiel. Voraussetzung für eine gute fachliche Kundenberatung ist, dass die Anbieter ihre Produkte an ESG-Kriterien ausrichten und diese transparent kommunizieren.
  • Die Diskussion, ob die Rechnungsgrundlagen über die gesamte Laufzeit hinweg garantiert werden sollen, gehört in jedes Beratungsgespräch. Hierbei gibt es zwei gegensätzliche Pole: den Wunsch nach Garantien einerseits und die Möglichkeit, sich an Marktveränderungen anzupassen, andererseits. Beides lässt sich jedoch nicht miteinander vereinbaren. Es kommt also auf den Wunsch des Kunden an.
  • Besonders stark tritt die Wahlfreiheit zum Beispiel bei Open-Market-Optionen zutage. Hierbei besteht die Möglichkeit, erst bei Rentenbeginn das dann beste Angebot zu wählen. In diesem Fall wird der Rentenfaktor erst mit Eintritt in die Rente festgelegt – ganz im Gegensatz zu den über die gesamte Laufzeit sicheren Rechnungsgrundlagen.
  • Auch der Kundenwunsch nach einer erhöhten Rente im Fall der Pflegebedürftigkeit kann helfen, das passende Produkt zu finden.
  • Auch eine Fondsunterlegung im Rentenbezug kann bei chancen- und risikoaffinen Kunden helfen, die Alters­versorgung noch besser am Kunden auszurichten.

Je sorgfältiger diese sechs Punkte im Beratungsgespräch besprochen werden, desto genauer passt die Empfehlung zum jeweiligen Kunden. Dabei geht es darum, anhand von zwei bis drei dieser Punkte, die im Einzelfall besonders wichtig sind, das richtige Angebot zu identifizieren.

Das Absenken der Beitragsgarantien bietet Chancen

Zum Abschluss sei noch auf das derzeit im Markt besonders sensible Thema der Beitragsgarantie eingegangen, das häufig zu Missverständnissen führt. Durch die Absenkung der Kapitalgarantie erhalten Versicherer erst die Möglichkeit langfristig mit signifikanten Aktienquoten eine attraktive Gesamtrendite im Sicherungsvermögen zu erzielen. Je höher die Gesamtrendite, desto höher werden die Gesamtrenten für die Kunden ausfallen.

Fazit

Es bedarf einer sorgfältigen und umfassenden Beratung über alle Aspekte hinweg, damit Kunde und Berater gleichermaßen ruhig in Rente gehen können. Wer als Berater stringent vorgeht, seinen Kunden nur soviel Kapitalgarantie bietet, wie sie für einen ruhigen Schlaf benötigen, bietet eine hochqualitative Beratung und sich selbst die Chance auf eine gute und einfache Dokumentation.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 12/2020, Seite 36f., und in unserem ePaper.

Bild: © goodluz – stock.adobe.com