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17. Januar 2023
Branche innen befrieden, um außen besseres Bild abzugeben

Branche innen befrieden, um außen besseres Bild abzugeben

Der Verein ZUKUNFT FÜR FINANZBERATUNG ist seit knapp fünf Jahren aktiv, um das Image der Finanz- und Versicherungsvermittlung zu verbessern. Die Initiative setzt vor allem auf moderne Kommunikation und Social Media. Damit die Außenwirkung gelingt, will sie das bessere Miteinander in der Branche fördern.

Interview mit Christian Schwalb, Inhaber der SCALA Finanzgruppe und Vorsitzender des ZUKUNFT FÜR FINANZBERATUNG e. V.
Herr Schwalb, kurz vor unserem Gespräch wurde der VOTUM-Verband Mitglied im Verein ZUKUNFT FÜR FINANZBERATUNG. Auch andere Verbände sind dabei. Wie sehen diese Kooperationen aus?

Zunächst einmal haben einige Verbände den Verein mitgegründet. Das waren AfW, SDV, VSAV und auch die IGVM. Zwischenzeitlich kam auch die Bundesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Versicherungsmakler mit dazu.

Zum besseren Verständnis muss man hier zunächst unterscheiden: Die Verbände machen die klassische Verbandsarbeit, etwa Lobbyarbeit zu Zulassungsthemen oder die allgemeine Vertretung des Berufsstands gegenüber der Politik. Wir als Interessenverein sehen uns in der politischen Landschaft gar nicht. Wir wollen an der Basis Mehrwerte für Vermittler stellen. Uns liegen Themen wie die öffentliche Wahrnehmung oder der Branchennachwuchs sehr am Herzen.

Und warum agieren wir nun ganz stark mit den Verbänden? Weil sich unsere jeweiligen Schwerpunkte super ergänzen können und wir das Netzwerk und die Reichweite der Verbände nutzen können, um viele Vermittler zu erreichen.

Welche Mehrwerte sind es denn, die der ZFF zur Verfügung stellt?

Wir helfen beispielsweise, Marketingtools und Markenauftritte zu entwickeln, um in Social Media sichtbar zu werden. Wir liefern Unterstützung durch Instrumente oder Mustertexte für Makler, sodass diese online eine andere Sichtbarkeit generieren können. Zudem sind wir auf der Vermittlerebene stark beim Thema Kommunikation und Austausch aktiv. Unser Branchentalk, den wir zur Corona-Zeit installiert haben, ist beispielsweise eine wunderbare Möglichkeit für Interaktion und Austausch. So können wir die wichtigen Tätigkeiten und Arbeiten der Verbände sinnvoll ergänzen und so was wie eine „verbindende Schleife“ um alle Branchenaktivitäten darstellen. Am Ende verfolgen wir doch alle dasselbe Ziel: Wir kämpfen für die Zukunft unserer Branche.

Der Verein wurde 2018 auf der DKM gegründet. Gelten die damaligen Prämissen auch heute noch?

Ja, die gelten immer noch. Es ist nicht gut, wenn ein Finanzvermittler zwar das Vertrauen seiner eigenen Kunden hat, aber das beispielsweise zulasten eines Mitbewerbers macht und die Branche damit immer zerstritten ist. Der Kunde muss doch das Gefühl bekommen, der eine, mit dem er spricht, das ist der Gute – aber alle anderen sind Bauernfänger und Ganoven. Und das hat sich aus meiner Sicht immer noch nicht geändert.

Dieses „schlecht übereinander Reden“ schwächt das Image im Allgemeinen?

Vielleicht kennen Sie das sogar selbst: Ihnen sitzt ein Berater gegenüber, der glaubt, der beste Berater zu sein. Er sieht sich Ihre Verträge durch und lässt immer wieder Formulierungen fallen wie: „Oh Gott, was haben die da gemacht? Das hätte man doch nie machen dürfen. Das ist ein unseriöses Gebaren.“ Warum muss man sich zulasten des anderen Vermittlers unterscheiden? Warum kann man nicht einfach mit seinen Vorteilen punkten wie höhere Leistungen & Co.? Wir müssen aufpassen, dass wir die Kunden nicht weiter verunsichern, sodass sie letztlich gar keine Vorsorge mehr betreiben, weil ihnen das Vertrauen fehlt.

Das Problem ist also selbst gemacht, sagen Sie. Aber es gibt viele Anstrengungen, das Image zu verbessern. Warum tragen all diese so wenig Früchte?

Ich werde in dem Zusammenhang immer mal wieder gefragt, warum wir nicht mehr Öffentlichkeitsarbeit machen. Dazu gab es in der Tat schon viele Überlegungen. Ich habe da eine klare Meinung: Wenn wir es nicht in erster Linie schaffen, die Branche zuerst von innen heraus zu befrieden, können wir nach außen auch kein besseres Bild abgeben.

Wir müssen die Denkweise und den Umgang miteinander verändern. Aber die Branche ist an vielen Stellen nun mal ein Haifischbecken. Der Markt wird umkämpfter und die Vermittlerschaft ist immer noch eine männerdominierte Branche. Ich glaube, wenn wir mehr Frauen in Führungspositionen hätten, wäre das einfacher.

Die Branche hat also ein Verhaltensproblem?

Genau. In erster Linie ist es aus meiner Sicht ein Verhaltensproblem. Daraus ist das schlechte Image entstanden und deswegen müssen wir das Verhalten korrigieren, um darüber langfristig eine andere Wahrnehmung zu generieren.

Nennen Sie doch mal ein paar konkrete Beispiele, wie die Initiative das ändern kann.

Wenn heute Publikumsmedien Artikel über unsere Branche veröffentlichen, dann sind diese selten positiv behaftet. Es wird nur geschrieben, was nicht funktioniert und wo Skandale aufgetreten sind. Um da ein Gegengewicht zu schaffen, müssen wir mehr darüber berichten, was alles funktioniert. Das kann der kleine Versicherungsschaden sein, der schnell reguliert wurde. Das kann auch die genehmigte BU-Rente sein, die jetzt den Lebensstandard der Kunden garantiert. So etwas kann jeder einzelne Berater in seinem Netzwerk wunderbar kommunizieren. Und wenn wir diese Kommunikation dann noch dynamisieren über tausende Vermittler, dann gibt es viele, viele positive Nachrichten und diese sind dann größer und greifbarer als die eine negative Schlagzeile. Wir müssen diese positiven Erlebnisse klarer und häufiger herausstellen, Dazu wollen wir animieren. Es kommt uns dabei entgegen, dass die jüngere Generation der Finanzdienstleister technisch affiner ist und das eher zu nutzen weiß. Die Social Media können eine Lösung für unser Dilemma darstellen, wenn wir sie aktiv nutzen.

Die jüngere Generation ist also offener für gemeinsame Aktionen?

Die jüngere Generation – also die 25- bis 45-Jährigen – ist auf einer anderen gesellschaftlichen Ebene aufgewachsen. Sie schaut stärker auf Kooperation und Austausch. Sie überlegt sich, was sie gewinnen kann, wenn sie sich mit jemandem zusammenschließt, und denkt nicht zuerst an das Gegenteil.

Wie sind denn dann die Chancen, Nachwuchs für die Branche zu gewinnen?

Wir müssen heute anders werben und die Menschen dort erreichen, wo sie unterwegs sind. Das Kommunikationsverhalten von jüngeren Menschen ist heute einfach anders. Wir versuchen einen sehr modernen Auftritt zu zeigen, zum Beispiel über unser Instagram-Portal oder auch mit unserem Podcast. Das machen wir alles, damit der Job in unserer Branche wieder interessanter wirkt. Die jungen Menschen sollen merken, sofern der Kontakt einmal da ist, dass unser Beruf und die hier tätigen Unternehmen eigentlich ganz cool sind.

Und trotzdem: Es spielt sich viel innerhalb der Branche ab. Kontakte zu oder Austausch mit jungen Menschen außerhalb der Branche sehen wir kaum auf Social Media.

Da haben Sie recht. Das ist ein klassisches Thema von Henne und Ei: Was war zuerst da? Ich brauche zuerst genügend Kapazitäten und Möglichkeiten, um Themen zu gestalten.

Welche Möglichkeiten haben wir als Interessenverein heute? Wir könnten uns natürlich von Sponsoren vereinnahmen und instrumentalisieren lassen als Werbeplattform. Das wollen wir aber nicht. Wir wollen eine neutrale Plattform sein, auf der wir möglichst neutral unsere Branche präsentieren können. Aber natürlich brauchen wir auch als neutrale Plattform Partner, Personen und Unternehmen, mit denen wir gemeinsam einen positiven Sog kreieren können. Aber klar: Mit einem knapp sechsstelligen Volumen, das wir heute jährlich zur Verfügung haben, macht man heute keine großen Sprünge in Sachen Öffentlichkeitsarbeit.

Was würden Sie denn tun, wenn der Betrag etwas höher wäre, der Ihnen zur Verfügung steht?

Wir würden noch mehr Aktivitäten gestalten. Wir könnten dann zum Beispiel in die Fläche gehen, Informationsveranstaltungen vor Ort machen und über die Branche informieren. Da gibt es genügend Ideen. Wir könnten auch ins Radio gehen und über diese Themen anders berichten. Man könnte für Social Media Leute beschäftigen, die die Kanäle stärker bespielen.

Wie weit sind Sie denn von solchen Plänen entfernt?

Na ja, wir wachsen kontinuierlich. Im Moment haben wir einen maximalen Beitrag als Fördermitglied von 5.000 Euro. Dann können Sie sich selber ausrechnen, welches Budget wir haben, wenn wir im Moment etwa 20 Förderer haben. Wenn wir irgendwann mal 40 oder 80 Förderer haben, dann sieht es ganz anders aus. Aber natürlich müssen wir dafür auch Entscheider und entsprechende Firmen überzeugen. Wir müssen deshalb einfach dranbleiben, den Mut nicht verlieren und für unsere Sache werben.

Welche Beitrittsmöglichkeiten gibt es denn?

Wir bieten drei verschiedene Mitgliedschaftsmöglichkeiten. Für Unternehmen ist dies eine Fördermitgliedschaft zur finanziellen Unterstützung ohne Stimmrecht. Dann gibt es die persönliche Mitgliedschaft mit Übernahme von Funktionen oder man ist ein sogenanntes ordentliches Mitglied wie etwa viele Makler. Und übrigens: Wer in einem der vorhin genannten Verbände organisiert ist, kann kostenlos Mitglied bei uns werden. Wir freuen uns über viele Mitstreiter.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 01/2023, S. 98 f., und in unserem ePaper.

Bild: © Christian Schwalb, SCALA Finanzgruppe und ZUKUNFT FÜR FINANZBERATUNG e. V.

 
Ein Interview mit
Christian Schwalb