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24. Juni 2025
Bringt Digitale Rentenübersicht Pflichten für Makler mit sich?
Ergeben sich aus Digitaler Rentenübersicht Pflichten für Makler?

Bringt Digitale Rentenübersicht Pflichten für Makler mit sich?

Sind Versicherungsvermittler verpflichtet, die Daten aus der Digitalen Rentenübersicht aktiv in ihre Beratung einzubeziehen? Die Aeiforia GmbH hat ein Kurzgutachten bei der Kanzlei Wirth Rechtsanwälte beauftragt. Zu welchem Ergebnis die Experten kommen und was Maklern zu empfehlen ist.

Bei dem Kurzgutachten zur Digitalen Rentenübersicht (DRÜ), das die Aeiforia GmbH bei der Kanzlei Wirth Rechtsanwälte in Auftrag gegeben hat, ging es vor allem um die folgenden drei praxisrelevanten Fragen:

1. Ist ein Versicherungsvermittler bei der Vermittlung einer Versicherung, die dem Zweck der Altersvorsorge dient, verpflichtet, die Ergebnisse der Digitalen Rentenübersicht seines Kunden in den Beratungsprozess einzubeziehen?

2. Ist es ausdrücklich geboten, die Daten aus der DRÜ als objektive Informationsquelle abzurufen oder verletzt der Vermittler seine Pflichten, wenn er auf die Aussage seines Kunden oder auf nicht mehr aktuelle Unterlagen vertraut?

3. Ist der Vermittler grundsätzlich verpflichtet, im Beratungsprotokoll auf die Inhalte und Ergebnisse der DRÜ einzugehen und kann er gegebenenfalls nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Kunden darauf verzichten?

Ziel des Gutachtens

Das Gutachten soll vor allem Aufschluss darüber geben, ob und in welchem Umfang aus der DRÜ neue Sorgfaltspflichten, Fragepflichten sowie haftungsrelevante Anforderungen für Vermittler entstehen. Dabei richtet sich der Fokus vor allem auf die gesetzlichen Pflichten nach § 60 ff. VVG.

Pflicht zur Bedarfsermittlung

Laut Gutachten stellt die DRÜ Informationen bereit, die für die objektive Bedarfsermittlung bei der Vermittlung einer Altersvorsorgeversicherung zwingend notwendig sind. Somit erstreckt sich bei Versicherungsmaklern die Fragepflicht gemäß § 61 Abs. 1 S. 1 VVG auch auf diese in der DRÜ zusammengefassten Informationen.

Für Versicherungsvertreter gilt die Pflicht zur Bedarfsermittlung aber nur im Ausnahmefall, etwa wenn der Versicherungsnehmer den Wunsch nach Hilfestellung bei der Bedarfsermittlung äußert oder dessen persönliches Risikoprofil oder individuelle Situation einen besonderen Anlass bieten, auf einen bestehenden Absicherungsbedarf hinzuweisen.

Nutzung kein Muss, aber zu empfehlen

Auch wenn es keine gesetzliche Verpflichtung gibt, diese Daten zwingend über die DRÜ zu beziehen, bietet ihre Nutzung aber eine „verlässliche, standardisierte und haftungssichere Grundlage für die Beratung“, wie es von Aeiforia zum Gutachten heißt.

Verlässt sich der Vermittler ausschließlich auf mündliche Aussagen oder veraltete Unterlagen des Kunden, könne dies als Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht gemäß § 61 VVG gewertet werden – mit möglichen haftungsrechtlichen Folgen. Die Digitale Rentenübersicht schaffe hier eine valide Informationsbasis, um Beratungsfehlern zu entgehen.

Anforderungen an die Beratungsdokumentation

Was die Beratungsdokumentation angeht, gelten klare Anforderungen: Zwar müssen die Inhalte der DRÜ nicht im Detail wiedergegeben werden, doch sei es laut Gutachten empfehlenswert, die wesentlichen Erkenntnisse daraus zu dokumentieren. Auf diesem Wege könne der Vermittler belegen, dass er den individuellen Absicherungsbedarf geprüft und seine Empfehlungen nachvollziehbar begründet hat.

Aeiforia nennt an dieser Stelle gesetzliche Anforderungen, die die Ergebnisse des Gutachtens untermauern:

  • § 61 Abs. 1 VVG verpflichtet Versicherungsvermittler, den Kunden „anlassbezogen nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen“, ihn zu beraten, den Rat zu begründen und dies zu dokumentieren. Die DRÜ unterstützt Vermittler dabei, diese gesetzlichen Pflichten effizient und nachvollziehbar zu erfüllen – vor allem bei der Ermittlung komplexer Vorsorgesituationen.
  • § 1a VVG konkretisiert diese Pflichten mit dem Grundsatz, dass die Vermittlung „ehrlich, redlich und professionell im besten Interesse des Kunden“ zu erfolgen hat.
  • Bei der Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten gelten zusätzlich Art. 17 und Art. 10 der DVO (EU) 2017/2359, die Vermittler zur Überprüfung der Plausibilität und Aktualität der vom Kunden bereitgestellten Informationen verpflichten.
Mit Digitaler Rentenübersicht Haftungsrisiken verringern

„Die Digitale Rentenübersicht ist kein optionales Add-on, sondern verändert die Grundlagen professioneller Vorsorgeberatung. Mit dem Gutachten schaffen wir für Vermittler und Unternehmen mehr Klarheit im Umgang mit dieser neuen Realität“, betont Martin Gattung, Geschäftsführer der Aeiforia GmbH.

Norman Wirth, Wirth Rechtsanwälte, unterstreicht: „Die Nutzung der Digitalen Rentenübersicht ist rechtlich nicht zwingend, kann aber wesentlich zur Erfüllung der Beratungspflichten beitragen – insbesondere im Hinblick auf eine vollständige Bedarfsermittlung und deren Plausibilisierung sowie zur Minimierung potenzieller Haftungsrisiken.“ (tik)

Eine Übersicht der Ergebnisse gibt es auf der Website von Aeiforia.

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