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1. Juni 2021
BU: Böses Erwachen bei steigenden Beiträgen

BU: Böses Erwachen bei steigenden Beiträgen

Bei der Berufsunfähigkeitsversicherung spielt für den Kunden neben der Produktqualität insbesondere der Preis der Absicherung eine wichtige Rolle. Unter dem Preis versteht er dabei üblicherweise den Nettobeitrag − also den Zahlbeitrag. Doch wenn dieser Beitrag steigt, droht das böse Erwachen.

Von Dr. Sandra Blome, Partner & Director beim Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften (ifa) und Lars Heermann,Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei Assekurata.

Die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) ist unbestritten eine der wichtigsten Absicherungen für Verbraucher. Die Vielfalt an Angeboten am Markt ist dementsprechend groß und gute Beratung wertvoll.

Für die Auswahl des richtigen Produktes ist eine Vielzahl von Kriterien relevant, die die Produktqualität bestimmen. Das geht vom Leistungsspektrum über die Annahmepolitik des Versicherers bis hin zur Servicequalität und Fairness in der Leistungsprüfung.

Ein wesentliches Kriterium für den Kunden ist auch der Preis seines BU-Schutzes. Bei deutschen Anbietern spielt in diesem Zusammenhang die Überschussbeteiligung eine wichtige Rolle. Da die Lebensversicherer aufsichtsrechtlich angehalten sind, vorsichtig zu kalkulieren, entstehen Überschüsse, die den Versicherungsnehmern zustehen.

Überschüsse reduzieren den Beitrag

Die Zuteilung der Überschüsse kann leistungserhöhend geschehen, sodass diese angesammelt und im Leistungsfall bzw. am Ende der Versicherungsdauer mit ausgezahlt wer­den. Üblicher ist jedoch die Sofortüberschussbeteiligung, die bereits ab Beginn der Versicherung beitrags­reduzierend wirkt.

Damit sind bei einer BU für den Kunden prinzipiell zwei Beiträge relevant: der kalkulatorische Beitrag, im Folgenden Bruttobeitrag genannt, und der Beitrag, der tatsächlich gezahlt werden muss, im Folgenden Nettobeitrag genannt.

Dem Kunden mag oftmals nur der Nettobeitrag präsent sein, denn genau diesen hat er in den nächsten Jahrzehnten − aller Voraussicht nach − zu zahlen. Selbst wenn die Höhe der Bruttoprämie transparent dargestellt wird, kann sie beim Kunden aufgrund der Komplexität des Produktes und der Vielzahl vorvertraglicher Informationen häufig untergehen.

Umso größer dürfte die Überraschung sein, wenn der Nettobeitrag zukünftig steigt und der Kunde für den gleichen Versicherungsschutz plötzlich mehr zahlen soll. Auch den Vermittler kann dies überraschend treffen, vor allem wenn er seinen Kunden Rede und Antwort zu stehen hat.

BU: Böses Erwachen bei steigenden Beiträgen

Ansteigen des Nettobeitrags

Steigende Nettobeiträge resultieren aus einer reduzierten Überschussbeteiligung. Doch warum kann es eigentlich zu einer Verringerung der Überschussbeteiligung kommen? Grundsätzlich sind dafür drei verschiedene Bereiche relevant: die Kalkulation des BU-Tarifs, der insgesamt vorhandene BU-Bestand und die Ertragskraft des Unternehmens.

Schon bei der Tarifkalkulation setzt sich ein Versicherer mit der Frage eines möglichst stabilen Nettobeitrags auseinander. Dazu gehört insbesondere eine professionelle Herleitung der zugrunde liegenden Kalkulationsannahmen, eine entsprechende Umsetzung in zugehörigen Modellen und die Durchführung umfangreicher Analysen. Hierbei muss geprüft werden, ob sich das Niveau der vorgesehenen Überschussbeteiligung voraussichtlich auf Dauer halten lässt.

Ein BU-Tarif kann jedoch nur dann einen langfristig stabilen Netto­beitrag aufweisen, wenn er auch in einem auskömmlichen BU-Bestand eingebettet ist. Dies erfordert unter anderem systematische Antrags- und Leistungsprozesse, die einen hinreichenden Kollektivschutz gewährleisten. Wurden beispielsweise in der Vergangenheit besondere Aktionen durchgeführt, die einen BU-Schutz mit vereinfachter Gesundheitsprüfung ermöglichten, hat sich der Versicherer damit potenzielle Risiken in seinen Bestand geholt, die die Beitragsstabilität gefährden können. Hohes Risikobewusstsein und ein engmaschiges versicherungstechnisches Controlling sind für die Tragfähigkeit des BU-Bestandes entscheidend.

Letztendlich kann noch die gesamte Unternehmenssituation auf die Überschussbeteiligung des einzelnen BU-Tarifs wirken: Eine Reduk­tion der Überschussbeteiligung in der BU kann schlichtweg deshalb erforderlich sein, weil der Lebensversicherer nicht mehr in der Lage ist, seine Garantieverpflichtungen durch ausreichende Kapitalanlageerträge zu erbringen. Daher ist es auch für die BU wichtig, dass die Kapitalanlageergebnisse und sonstigen Ertragsquellen dauerhaft auskömmlich sind.

Beurteilung der Beitragsstabilität

Die Beurteilung, ob ein BU-Tarif gute Voraussetzungen für stabile Nettobeiträge aufweist, ist damit eine komplexe Angelegenheit. Unzureichend ist der pauschale Blick in den Rückspiegel, ob beziehungsweise wann ein Lebensversicherer in der Vergangenheit bereits eine Beitragsanpassung vorgenommen hat. Viel interessanter ist für Kunden und Vermittler der Blick nach vorn.

Doch nicht nur das: Die Beurteilung der Beitragsstabilität lässt sich allein aus öffentlich verfügbaren Daten nicht bewerkstelligen, da die relevanten Informationen zu den genannten Bereichen größtenteils auf unternehmensinternen Daten basieren. Dies hat zur Folge, dass sich die BU-Beitragsstabilität erst durch einen tiefgreifenden Blick „nach innen“ stichhaltig beurteilen lässt. Vermittler stoßen hier zwangsläufig an die Grenzen ihrer Möglichkeiten.

BU-Stabilitätssiegel

Assekurata und ifa haben daher ein Verfahren entwickelt, das die Bei­tragsstabilität eines BU-Tarifs aus den verschiedenen Blickwinkeln beleuch­tet. Dabei unterzieht sich der Anbieter einem intensiven Prüfprozess, bei dem die drei Bereiche Tarifkalkula­tion, BU-Bestand und Unternehmens­ertrag detailliert analysiert werden.

Die Prüfung basiert sowohl auf öffentlich verfügbaren Daten (wie z. B. dem Geschäftsbericht) als auch auf unternehmensinternen Daten (z. B. Vorgehen bei der Tarifentwicklung, Controlling-Berichte zur BU oder Meldungen an die BaFin). Daneben werden die gelieferten Daten im Zuge von Management­interviews mit den Verantwortlichen kritisch diskutiert.

Die Kooperation von Assekurata und ifa vereint die umfassende Ratingkompetenz von Assekurata mit dem aktuariellen Know-how von ifa aus der Produktentwicklung.

Das Siegel dient als Qualitätsmerkmal zur Beitragsstabilität und erleichtert dem Vermittler die Beratung in der BU. Assekurata und ifa verleihen es nur Versicherern, die sich mit ihren BU-Tarifen der Prüfung stellen und diese erfolgreich durchlaufen.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 05/2021, Seite 26 f., und in unserem ePaper.

Bild: © blacksalmon – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Dr. Sandra Blome
Lars Heermann