Ein Artikel von Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte
Die Tätigkeitsbeschreibung bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob ein Versicherter berufsunfähig ist. Es sollten die beruflichen Tätigkeiten und die damit verbundenen Anforderungen angeführt werden, die der Versicherte in seinem Arbeitsalltag erfüllen muss. In einem Versicherungsfall prüft der Versicherer, ob die versicherte Tätigkeit noch ausgeübt werden kann. Eine fehlerhafte Tätigkeitsbeschreibung kann dazu führen, dass der Versicherer eine Leistung möglicherweise verweigert, weil er die Anforderungen des Berufs nicht korrekt einschätzt oder die tatsächliche Tätigkeit nicht ausreichend berücksichtigt wird.
Welche Informationen sind erforderlich?
Anhand der Tätigkeitsbeschreibung müssen die regelmäßig anfallenden Tätigkeiten nach Art, Umfang und Häufigkeit, insbesondere aber auch nach ihren Anforderungen an die körperliche Leistungsfähigkeit, für einen Außenstehenden nachvollziehbar sein. Die Arbeitsbeschreibung muss also so detailliert wie möglich sein und verschiedene Aspekte abdecken, darunter:
- Beschreibung des Arbeitsplatzes und Gesundheitsrisiken: Der Versicherte muss nicht nur die allgemeinen Aufgaben beschreiben, sondern auch etwaige Gesundheitsrisiken oder besondere Merkmale des Arbeitsplatzes darstellen.
- Angabe der Teiltätigkeiten: Es reicht nicht aus einfach nur „Paket-Zusteller“ zu schreiben. Es müssen vielmehr genaue Angaben zu den geforderten Teiltätigkeiten gemacht werden, insbesondere deren Art, Umfang und Häufigkeit sowie insb. die Bedeutung dieser Tätigkeiten für das Arbeitsergebnis.
- Darstellung eines typischen Arbeitstags: Eine detaillierte Beschreibung eines typischen Arbeitstags oder, bei wechselnden Tätigkeiten, einer gesamten Arbeitswoche oder mehr ist erforderlich. In bestimmten Fällen kann auch eine längere Zeitspanne notwendig sein zu beschreiben.
Häufige Fehler bei der Tätigkeitsbeschreibung
Eine der häufigsten Fehlerquellen ist die zu allgemeine oder ungenaue Beschreibung der beruflichen Tätigkeit, insbesondere die Verwendung unklarer oder allgemeiner Formulierungen. Auch Untertreibungen oder Übertreibungen der Anforderungen gehören dazu, denn manche Versicherte neigen dazu, ihre Tätigkeit zu unterschätzen oder zu übertreiben. Eine zu starke Betonung von körperlichen oder mentalen Anforderungen kann zu Missverständnissen führen. Andererseits kann eine zu geringe Angabe der Anforderungen dazu führen, dass der Versicherer den Beruf als weniger anspruchsvoll ansieht, als er tatsächlich ist, was die Beurteilung der Berufsunfähigkeit beeinflussen kann.
Es ist wichtig, die Berufsbezeichnung korrekt und ohne Abkürzungen zu verwenden. Eine fehlerhafte oder ungenaue Berufsbezeichnung kann dazu führen, dass die Versicherung die Tätigkeit nicht korrekt einstuft und die Berufsunfähigkeit nicht anerkennt. Eine genaue und eindeutige Angabe der Berufsbezeichnung, wie sie im Arbeitsvertrag oder in der offiziellen Berufsliste zu finden ist, ist daher unerlässlich.
Oft wird bei der Tätigkeitsbeschreibung der aktuelle Stand der Arbeit unterschätzt, so dass Veränderungen im Berufsalltag nicht berücksichtigt werden. Gerade technologische Entwicklungen oder Änderungen im Aufgabengebiet sollten unbedingt in der Tätigkeitsbeschreibung berücksichtigt werden. Ein Job, der früher körperlich weniger anspruchsvoll war, kann sich im Laufe der Jahre zu einer mental belastenden Tätigkeit entwickeln, die im Falle einer Berufsunfähigkeit eine andere Bewertung erfordert.
Auch müssen zwingend die Kerntätigkeiten des Versicherten herausgearbeitet werden, und zwar unter Aufzeigung des zeitlichen Verhältnisses zu den übrigen Tätigkeiten. Gerade dieser Aspekt ist für Versicherte äußerst schwer umzusetzen.
Konsequenzen bei unklaren oder widersprüchlichen Angaben
Bei widersprüchlichen Angaben, wie etwa unterschiedliche Angaben zur wöchentlichen Arbeitszeit (z.B. 40 Stunden oder mehr als 50 Stunden), fehlt es an einer klaren und nachvollziehbaren Darstellung seiner tatsächlichen Berufstätigkeit. In solchen Fällen wird die Beurteilung der Berufsunfähigkeit äußerst problematisch, wenn unterschiedliche bzw. unschlüssige Angaben des Versicherten im Leistungsantrag gemacht werden. Einzelfall-Urteile zu diesen Fragestellungen können nachstehend eigensehen werden: „Anforderungen an die Tätigkeitsfeststellung“.
Fazit und Handlungsempfehlung
Es sollten demnach detaillierte und präzise Formulierungen bei einer Tätigkeitsbeschreibung im BU-Leistungsfall benutzt werden. Die Tätigkeit sollte so genau wie möglich und sachlich beschrieben werden. Berufsbezeichnungen sollten genau unter Verzicht auf etwaige Abkürzungen oder umgangssprachliche Begriffe angeben werden. Änderungen der Tätigkeit sowie auch deren Anforderungen sollten dem Versicherer aufgezeigt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Anforderungen an die körperliche oder geistige Belastung gestiegen sind.
Nach alledem sollten die Anforderungen an die Beschreibung der Tätigkeit im BU-Leistungsfall insgesamt nicht unterschätzt werden, da im Einzelfall sogar eine Leistungsfreiheit der BU-Versicherung drohen könnte, wenn die zuletzt in gesunden Tagen konkret ausgeübte Tätigkeit nicht vollumfassend und ausreichend dargestellt wird. Fehlerhafte oder unzureichende Angaben gehen in einem Versicherungsfall bedauerlicherweise zu Lasten des Versicherten, welcher darüber hinaus auch noch die volle Beweislast für das Vorliegen der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit trägt.
Die Kanzlei Jöhnke & Reichow wird auf dem Vermittler-Kongress 2026 über den Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung referieren. Anmeldungen zu dieser kostenfreien Veranstaltung sind hier möglich: www.vermittler-kongress.de
Weitere lesenswerte Beiträge zur Berufsunfähigkeitsversicherung sind nachstehend zu finden: Berufsunfähigkeitsversicherung.
Lesetipp der Redaktion: Kürzt der Bezug von BU-Leistungen das Arbeitslosengeld?
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können