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28. Juli 2021
BU: Versicherungsschutz nach Arbeitsunfall erhöhen?

BU: Versicherungsschutz nach Arbeitsunfall erhöhen?

Haben BU-Versicherte nach einem Unfallereignis noch die Möglichkeit, ihre BU-Rente wirksam zu erhöhen? Das ist laut BGH davon abhängig, wann genau der Versicherungsfall eingetreten ist. Im zugrunde liegenden Fall kann ein Mandant der Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte nun mit einer höheren BU-Rente rechnen.

Streitigkeiten um die Eintrittspflicht einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) sind keine Seltenheit. Weniger häufig ist die Höhe der zu gewährenden BU-Rente strittig. Doch auch das kommt vor, wie ein Fall beweist, der schließlich erst vor dem Bundesgerichtshof (BGH) geklärt werden konnte und über den die Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte in einer Mitteilung informiert. In dem Verfahren ging es um einen Mann, der erst von seiner Nachversicherungsgarantie Gebrauch gemacht hatte, nachdem das Unfallereignis bereits eingetreten war.

BU mit Nachversicherungsgarantie

Der Mann hatte mit seinem Versicherer eine BU mit Nachversicherungsgarantie abgeschlossen. Im Rahmen der Nachversicherungsgarantie sollte der Versicherungsumfang ohne erneute medizinische Risikoprüfung angehoben werden können.

Versicherungsschutz erhöht

Am 29.07.2016 erlitt der Versicherungsnehmer einen Arbeitsunfall und ist seitdem nicht mehr arbeitsfähig. Am 11.10.2016 machte er von seiner Nachversicherungsgarantie Gebrauch und verlangte die Erhöhung des Versicherungsschutzes um 100%. Die vereinbarte BU-Rente von 500 Euro sollte demnach auf 1.000 Euro pro Monat steigen. Der Versicherer bestätigte dem Mann den erhöhten Versicherungsschutz mit Schreiben vom 18.10.2016 und mit Wirkung zum 01.11.2016.

Versicherer erkennt nur ursprünglich vereinbarte Leistung zu

Im Dezember 2016 meldete der Mann Ansprüche aus seiner Berufsunfähigkeitspolice an. Neun Monate später, im September 2017, wurde die Leistungspflicht des Versicherers schließlich auch anerkannt. Der Versicherer zahlte jedoch nur die ursprünglich vereinbarte BU-Rente in Höhe von 500 Euro aus. Immerhin sei der Versicherungsumfang erst mit Wirkung zum 01.11.2016 und somit nach dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit in Kraft getreten. Dagegen klagte der Mann mithilfe der Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte.

Prozessverlauf

Vor dem Landgericht Berlin und dem Kammergericht zog der Versicherungsnehmer noch den Kürzeren, doch vor dem BGH konnte er sich letztinstanzlich mit seiner Klage durchsetzen. Im Versicherungsvertrag hatten die Parteien nämlich zum Eintritt des Versicherungsfalls bei Berufsunfähigkeit Folgendes vereinbart:

„Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung, […] 6 Monate ununterbrochen außerstande war oder voraussichtlich 6 Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, auszuüben.“

BGH erkennt zwei alternative Eintrittsmöglichkeiten

Die Bundesrichter sahen in dieser Passage zwei mögliche Alternativen zum Eintritt eines Versicherungsfalls geregelt. Die erste Alternative („6 Monate ununterbrochen außerstande war“) erfordere eine rückschauende Betrachtung, die erst nach Ablauf dieses dort genannten Zeitraums möglich sei. Die zweite Alternative („voraussichtlich 6 Monate ununterbrochen außerstande ist“) sei hingegen in die Zukunft gerichtet.

Versicherungsfall erst nach Ablauf von sechs Monaten

Der BGH entschied zugunsten des Versicherungsnehmers, da in der ersten Alternative erst nach Ablauf der besagten sechs Monate eingeschätzt werden könne, ob Berufsunfähigkeit in den vorangegangenen Monaten vorlag. In den Vertragsbedingungen habe sich außerdem auch keine Vereinbarung gefunden, die die Rückwirkung des Versicherungsfalls auf den Anfang des sechsmonatigen Zeitraums festlegt. Der Versicherungsfall sei dementsprechend erst sechs Monate nach dem Arbeitsunfall eingetreten und somit lange nachdem die Erhöhung des Versicherungsschutzes Anfang November in Kraft getreten war.

BU-Rente von 1.000 Euro wahrscheinlich

Über die konkrete Höhe der monatlichen BU-Rente hat der BGH mit seinem Urteil nicht entschieden. Die Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte geht nun aber davon aus, dass ihrem Mandaten tatsächlich eine Rente in Höhe von 1.000 Euro zusteht. (tku)

BGH, Urteil vom 14.07.2021 – IV ZR 153/20

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