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9. Oktober 2023
BU: Was bedeutet der Wegfall gefahrerhöhender Umstände?

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BU: Was bedeutet der Wegfall gefahrerhöhender Umstände?

Rechte und Pflichten des Versicherers

Der Versicherer ist in diesem Zusammenhang nicht verpflichtet, der Prämienkalkulation statt der eigenen Risikoeinschätzung, die dem gegenwärtigen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende ärztliche Risikobeurteilung zugrunde zu legen. Vielmehr sind die Grundsätze, von denen sich der Versicherer bei der Risikoprüfung leiten lässt, maßgebend. Er ist also berechtigt, seine Prämienkalkulation auf eigenen Erfahrungswerten aufzubauen. Diese Prämienkalkulation ist dem Versicherten jedoch in der Regel unbekannt. Daher trifft den Versicherer eine besondere Substantiierungspflicht, wenn er sich gegen das Herabsetzungsverlangen wehrt. Der Versicherte kann verlangen, dass die Prämie „angemessen“ herabgesetzt wird. Wenn aber ein ausdrücklicher und bezifferter Risikozuschlag vereinbart wurde und genau diese Gefahr entfallen ist, muss dieser Zuschlag schlicht wegfallen. § 41 VVG ist eine halbzwingende Vorschrift, es kann also nur zugunsten des Versicherten davon abgewichen werden, nicht zulasten.

Häufig kennt der Versicherte dieses Recht nicht. Es trifft den Versicherer daher die Pflicht aus § 6 Abs. 4 VVG, den Versicherten auf die Möglichkeit der Rechte aus § 41 VVG hinzuweisen, wenn ihm der Wegfall der Gefahrumstände erkennbar ist. Verletzt er seine Beratungspflicht, so ist er dem Versicherten nach § 6 Abs. 5 VVG schadensersatzpflichtig. Zu beachten ist jedoch, dass dies nicht gilt, wenn der Vertrag von einem Versicherungsmakler vermittelt wird, § 6 Abs. 6 VVG.

Wen trifft die Beweislast?

Für den Wegfall gefahrerhöhender Umstände bzw. für seinen Irrtum über solche Umstände trifft den Versicherten die Beweislast. Er muss beweisen, dass wegen eben dieser Umstände eine höhere Prämie vereinbart wurde. Ist der Prämienzuschlag nicht im Antrag oder im Versicherungsschein exakt beziffert, sondern ergibt er sich aus einer rein internen Kalkulation des Versicherers, so trifft den Versicherer eine sekundäre Darlegungslast. Er muss substantiiert darlegen, wie sich seine ursprüngliche Prämienberechnung zusammensetzt. Schließlich trifft den Versicherten auch die Beweislast hinsichtlich des Zugangs seines Änderungsverlangens und dessen Zeitpunkt.

Fazit und Hinweise für die Praxis

Eine Prämienherabsetzung kann in vielen Fällen geboten sein. Denn liegt tatsächlich ein Risikofortfall vor, ist ein diesbezüglicher Versicherungsschutz mit erhöhter Prämie möglicherweise obsolet geworden. Versicherte müssen jedoch mittels ärztlicher Befunde beweisen, dass ein potenziell erhöhtes Risiko insgesamt nicht mehr besteht und dass zukünftig irgendwelche Folgen der damaligen Erkrankung nicht zu erwarten sind. Versicherte kennen ihre Rechte häufig nicht. Versicherungsvermittler sollten ihre Kunden daher über ihre Rechte entsprechend aufklären.

Bild: © Studio_East – stock.adobe.com; © Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

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Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Marco Krieter … am 05. Dezember 2023 - 11:06

Gem. § 176 VVG sind die §§ 150 -170 VVG auch auf die BU anzuwenden. In § 158 Abs. 3 VVG heißt es, dass § 41 VVG mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass eine Herabsetzung der Prämie nur wegen einer solchen Minderung der Gefahrumstände verlangt werden kann, die nach ausdrücklicher Vereinbarung als Gefahrminderung angesehen werden soll.

Fehlt es an einer solchen ausdrücklichen Vereinbarung, besteht m.E. kein genereller Anspruch auf Prämienminderung nach § 41 VVG. Dies ist in der Literatur umstritten, teilweise wird dort durchaus vertreten, dass auch in diesen Fällen ein Anspruch aus § 41 VVG bestünde, teilweise wird dagegen argumentiert. Ich denke, dass sollte erwähnt werden.

Kollegiale Grüße,

Marco Krieter

Versicherungs- und Rentenberater

Bochum