Ein Artikel von Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte
Beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung ist der Antragsteller verpflichtet, alle gefragten relevanten Gesundheitsinformationen vollständig und wahrheitsgemäß anzugeben. Dazu gehören auch Vorerkrankungen, die die Wahrscheinlichkeit einer zukünftigen Berufsunfähigkeit erhöhen könnten. Verschweigen Eltern im Versicherungsantrag vorsätzlich bekannte Vorerkrankungen ihres Kindes, kann es sich hierbei um einen arglistigen Täuschungsversuch handeln. Das vorsätzliche Verschweigen von Informationen mit dem Ziel, sich unrechtmäßig einen Vorteil zu verschaffen, kann erhebliche rechtliche Konsequenzen haben. In einem solchen Fall könnte der Versicherer die Anfechtung erklären und die Leistungen verweigern. Falls kein vorsätzliches Handeln vorliegt, hat der Versicherer zudem die Möglichkeit den Rücktritt zu erklären, sofern die Voraussetzungen dafür vorliegen.
Zurechnung elterlichen Handelns
Hypothetischer Fall: Die Eltern schließen für den 11-jährigen Sohn Max eine sog. „Schüler-BU“ ab. Dabei verschweigen sie bewusst gefahrerhebliche Vorerkrankungen ihres Kindes. Mit 18 Jahren stellt Max einen Leistungsantrag, da er sich für berufsunfähig hält. Dieser wird von der Versicherung abgelehnt und es wird die Anfechtung erklärt. In der Anfechtungserklärung wird (hier: zurecht) begründet, dass vorsätzlich getäuscht worden sei. Max ist empört, denn schließlich haben seine Eltern im Versicherungsantrag absichtlich falsche Angaben getätigt und nicht er selbst. In solchen Fällen stellt sich die Frage der Zurechnung der Arglist. Wird Max die Arglist seiner Eltern zugerechnet? Ein Blick in § 166 Abs. 1 BGB:
„Soweit die rechtlichen Folgen (…) durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.“
Die Eltern sind (bzw. waren) gesetzliche Vertreter von Max und er muss sich das arglistige Handeln (oder auch: Unterlassen) zurechnen zu lassen. Die Verantwortung der Eltern wird hier in vollem Umfang berücksichtigt. Die Zurechnung der Arglist stellt sicher, dass die Versicherungsgesellschaft auch dann in der Lage ist ihre Rechte durchzusetzen, wenn das Kind zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht volljährig war. Ein minderjähriger Versicherter kann sich in diesem Fall nicht auf das Argument zurückziehen, keine Verantwortung für das Verhalten der Eltern zu tragen.
Seite 1 BU: Wenn Eltern bei Vertragsschluss arglistig sind
Seite 2 Wie lange kann der Versicherer anfechten?
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