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20. Februar 2020
Bundeskabinett bringt Grundrente auf den Weg

Bundeskabinett bringt Grundrente auf den Weg

Nach monatelangem Ringen ist nun der Weg für die Einführung der Grundrente zum 01.01.2021 geebnet. Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) gebilligt. Damit sollen rund 1,3 Millionen Menschen mit kleinen Renten Aufschläge auf ihre Bezüge erhalten. Heißes Eisen bleibt allerdings die Frage nach der Finanzierung der Grundrente.

Monatelang haben CDU und SPD darüber gestritten, nun hat die Grundrente die erste Hürde im Gesetzgebungsverfahren genommen. In seiner gestrigen Sitzung hat das Bundeskabinett den entsprechenden Gesetzentwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) beschlossen. Zum 01.01.2021 soll die Grundrente für langjährige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung mit unterdurchschnittlichem Einkommen eingeführt werden. Somit sollen Menschen mit kleinen Renten Aufschläge auf ihre Bezüge erhalten.

Arbeitsminister Heil erklärt dazu: „Mit der Grundrente sorgen wir dafür, dass die Menschen sich auf das Kernversprechen des Sozialstaats verlassen können: Wer jahrzehntelang in die Rentenversicherung eingezahlt hat, wird im Alter künftig besser dastehen. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit. Die Grundrente kommt 1,3 Millionen Menschen zugute, viele davon sind Frauen. Arbeit muss sich lohnen – auch in der Rente.“

Rentenzuschlag ab 33 Jahren Beitragsleistungen

Konzipiert ist die Grundrente als Rentenzuschlag. Wer mindestens 33 Jahre Rentenbeiträge aus Beschäftigung, Kindererziehung oder Pflegetätigkeit gezahlt hat, soll von der Grundrente profitieren. Der Zuschlag soll zunächst gestaffelt erfolgen. Den vollen Zuschlag an Grundrente gibt es ab 35 Jahren Beitragsleistungen. Die Grundrente richtet sich dabei nach der Höhe der erworbenen Entgeltpunkte und soll in Abhängigkeit davon um einen „Zuschlag“ bis zur maximalen Grenze von 0,8 Entgeltpunkten (80% des Durchschnittsverdienstes) erhöht werden.

Wer hat Anspruch auf Grundrente?

Bezugsberechtigt sind Rentner, deren Einkommen bei maximal 1.250 Euro (alleinlebend) und 1.950 Euro (Paare) liegt. Übersteigt das Einkommen diese Grenze, wird die Grundrente um 60% des den Freibetrag übersteigenden Einkommens verringert. Beträgt das Einkommen von Alleinstehenden über 1.600 Euro bzw. von Eheleuten oder Lebenspartnern über 2.300 Euro, wird das über diesem Betrag liegende Einkommen vollständig auf die Grundrente angerechnet.

Einkommensprüfung, aber keine Bedürftigkeitsprüfung

Die Grundrente gibt es ohne Antragstellung über die Feststellung des Grundrentenbedarfs. Hierzu findet eine Einkommensprüfung durch einen Datenaustausch zwischen Rentenversicherung und Finanzamt statt, die weitestgehend automatisiert erfolgen soll. Erklärtes Ziel der Bundesregierung ist es, dass nur Menschen Grundrente beziehen, die sie auch wirklich brauchen und nicht etwa ein Auskommen aus anderen Quellen haben. Deshalb wird das zu versteuernde Einkommen etwa aus Mieteinkünften, einer Pension oder aus betrieblicher oder privater Altersvorsorge geprüft. Auch der steuerfreie Teil von Renten und Kapitalerträgen, die nicht Teil des zu versteuernden Einkommens sind, werden bei der Prüfung berücksichtigt. Eine Bedürftigkeitsprüfung, wie sie die CDU ursprünglich forderte, gibt es nicht. Laut Bundesarbeitsministerium sollen Rentner mit möglichst wenig Verwaltungsaufwand konfrontiert werden.

Finanzierung bleibt heißes Eisen: Kommt die Finanztransaktionssteuer?

Umstritten war im Vorfeld vor allem die Frage nach der Finanzierung der Grundrente. Der Plan von Arbeitsminister Heil, die Grundrente über eine Finanztransaktionssteuer auf Börsengeschäfte zu finanzieren, hatte teils heftige Kritik hervorgerufen. Nun heißt es, die Finanzierung der Grundrente soll aus Steuermitteln erfolgen, durch einen höheren Steuerzuschuss in die Rentenkasse. Während die SPD dabei nach wie vor an der Finanztransaktionssteuer als Einnahmequelle festhält, fordert die Union einen neuen Vorschlag. Denn es sei unklar, ob zum 01.01.2021 eine europäische Finanztransaktionssteuer kommen werde. Schließlich stoßen die diesbezüglichen Vorschläge von Bundesfinanzminister Olaf Scholz bislang bei anderen EU-Staaten auf großen Widerstand. (Über die geplante Finanztransaktionssteuer berichtete AssCompact hier.)

Viel Kritik an der Grundrente

Nach wie vor gibt es viel Kritik am Konzept der Grundrente, insbesondere von der Wirtschaft und wirtschaftsnahen Verbänden. Nach Auffassung der Arbeitgeber ist das Konzept zu wenig zielgenau gegen Altersarmut und überdies zu teuer. Gewerkschaften wie auch Sozialverbände begrüßten die Grundrente prinzipiell, bezeichneten die Pläne aber als unzureichend.

VdK fordert Anrechnung von Zeiten der Erwerbsminderung

So auch der VdK. Die Grundrente sei zwar eine „gute Nachricht“, doch die Maßnahmen würden nicht weit genug gehen. Kritik äußert die VdK-Präsidentin Verena Bentele mit Blick auf Erwerbsminderungsrentner: „Die Bundesregierung lässt viele Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner im Regen stehen. Sie gehen nach den aktuellen Plänen leer aus. Wer noch vor dem Renteneintrittsalter seinen Beruf aufgeben musste, hatte keine Chance, den Lebensunterhalt selbst zu erwirtschaften. Diese Menschen werden nun bestraft, wenn sie keine 33 Grundrentenjahre nachweisen können.“ Der VdK fordert deshalb, die sogenannte Gleitzone auf 30 Jahre zu senken und Zeiten der Erwerbsminderung anzurechnen.

Knapper Zeitplan als weiterer Knackpunkt

Sorgen bereitet vielen außerdem der Zeitplan für die Einführung der Grundrente. Bedenken gibt es etwa dahingehend, dass ein Datenaustausch zwischen Finanzämtern und der Deutschen Rentenversicherung in diesem Zeitfenster nicht zu bewältigen sei. Die Deutsche Rentenversicherung sieht den Zeitplan laut einer Stellungnahme „sehr kritisch“, Heil selbst hat ihn in den Medien als „sportlich“ bezeichnet. (tk)

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