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20. Oktober 2025
Chancen der Konsolidierung: So wandelt sich gerade der Maklermarkt
Chancen der Konsolidierung: So wandelt sich gerade der Maklermarkt

Chancen der Konsolidierung: So wandelt sich gerade der Maklermarkt

Die Konsolidierung im Maklermarkt ist in vollem Gange – zunehmend sind Private-Equity-finanzierte Käufer und internationale Investoren auf der Suche nach Übernahmeobjekten. Doch der Verkaufsprozess ist komplex und emotional. Wie hat sich die Käuferlandschaft zuletzt verändert? Und was bedeutet diese Konzentration für den Maklermarkt und für die Kunden?

Interview mit Jan Blumenthal, Senior Advisor, und Dr. Fabian Seul, Managing Director, beide bei MarshBerry
Herr Blumenthal, Herr Dr. Seul, im Maklermarkt beobachten wir eine zunehmende Zahl an Auf- und Verkäufen – häufig initiiert durch kapitalkräftige Käufer. Was bedeutet das für die Verkäuferseite?

Jan Blumenthal In der Praxis bedeutet das: Auf der einen Seite stehen Käufer, die in der Regel hochprofessionell agieren, über eigene M&A-Teams verfügen und teilweise über 100 Transaktionen hinter sich haben. Auf der anderen Seite steht der Makler, der einmal im Leben verkauft – emotional gebunden, mit wenig Erfahrung und ohne Vergleichswerte. Das ist ein klares Ungleichgewicht.

Dr. Fabian Seul Genau deshalb sehen wir u. a. unsere Aufgabe darin, auf Verkäuferseite so zu beraten, dass ein ausgewogenes Kräfteverhältnis entsteht. Wir beraten nicht neutral oder als Vermittler zwischen beiden Parteien, sondern vertreten in dem Fall exklusiv die Interessen des Verkäufers – strategisch, strukturell und operativ.

Und was passiert, wenn diese Begleitung fehlt?

JB Dann drohen Fehlentscheidungen mit unumkehrbaren Folgen. Ohne professionellen Blick auf den Markt kennt der Verkäufer oft nur ein bis zwei potenzielle Käufer. Ihm fehlen Referenzwerte, Kauf- und Verkaufsmechanismen und Benchmarks. Und es besteht das Risiko, sich vorschnell zu binden – etwa durch Exklusivitätsvereinbarungen, die nur den Käufer schützen.

MarshBerry will in Deutschland nun richtig durchstarten. Was bedeutet das – und wie sieht der Ausbau konkret aus?

FS MarshBerry ist international bereits seit vielen Jahren aktiv, mit Standorten etwa in USA, London und Amsterdam. In Deutschland hatten wir bislang kaum Kapazität für Transaktionen. Das hat sich geändert. Seit Anfang des Jahres bauen wir das Team gezielt aus – mit erfahrenen Köpfen aus der Branche und mit klarem Fokus auf den Versicherungsvertrieb.

Wie wichtig ist der deutsche Markt im internationalen Vergleich für MarshBerry?

JB Sehr wichtig. Deutschland ist einer der am meisten fragmentierten Versicherungsmärkte weltweit – und gleichzeitig hochattraktiv für Investoren. Unsere internationalen Erfahrungen – vor allem aus den USA und England– helfen uns, Entwicklungen früh zu erkennen. Aber für nachhaltige Beratung braucht es lokale Expertise. Deshalb setzen wir auf organisches Wachstum vor Ort, mit Leuten die die gleiche Sprache sprechen.

Wie hat sich die Käuferlandschaft in den letzten Jahren verändert?

FS Vor einigen Jahren gab es vor allem klassische strategische Käufer – größere Maklerhäuser, die punktuell zukauften, um ihr Portfolio auszubauen. Heute ist das Bild deutlich differenzierter: Neben den Strategen treten überwiegend Private-Equity-finanzierte Konsolidierer und internationale Investoren auf den Plan. Die Dynamik ist gestiegen – und mit ihr die Komplexität und auch die Ziele der Marktakteure.

JB Es sind inzwischen verschiedene Käuferlogiken im Markt. Der eine will integrieren, der andere eher dezentral skalieren. Manche verfolgen im Schwerpunkt finanzielle Ziele, andere strategische. Diese Vielfalt ist für viele Verkäufer schwer einzuordnen, zumal sich die Aufkäufer in ihrer Außendarstellung oft ähneln.

Welche Auswirkungen hat diese Entwicklung konkret für Maklerhäuser, die über einen Verkauf nachdenken?

FS Zunächst einmal steigt die Auswahl – was gut ist. Gleichzeitig steigt aber auch das Risiko, sich für den falschen Partner zu entscheiden. Nicht jeder Käufer passt zu jeder Unternehmenskultur oder zu jedem Geschäftsmodell. Außerdem sind die Prozesse schneller und professioneller geworden. Käufer agieren heute mit Deal-Teams, Due-Diligence-Routinen und strukturierten Bewertungsmodellen. Wer als Verkäufer nicht beraten oder sogar unvorbereitet ist, gerät schnell ins Hintertreffen. Das erleben wir regelmäßig.

Was sind die häufigsten Gründe, warum Makler ihr Unternehmen verkaufen?

FS Der häufigste Auslöser sind nach wie vor die fehlende Nachfolge oder auch Verkäufer, die die sehr hohen Kaufpreise zu Zeit mitnehmen wollen. Hinzu kommen aber auch vermehrt Marktveränderungen: Die Branche professionalisiert sich stark, Investoren treten auf, IT- und Regulierungsdruck steigen. Manche fragen sich: Möchte ich das noch zehn Jahre selbst stemmen?

Wie emotional ist ein solcher Verkaufsprozess in der Realität?

JB Extrem emotional. Es geht fast immer um mehr als nur den Wert auf dem Papier. Viele Makler haben ihr Unternehmen über Jahrzehnte aufgebaut – da steckt Herzblut drin. Oft ist es das Lebenswerk. Der Gedanke, es aus der Hand zu geben, löst ganz unterschiedliche Gefühle aus: Stolz, Sorge, Unsicherheit, manchmal auch Zweifel. Wichtig ist, diese emotionale Ebene ernst zu nehmen und mit einem klaren Prozess abzusichern.

Kann diese emotionale Komponente nicht auch zu Fehlentscheidungen führen?

JB Ja, das können wir feststellen. ‚Peer Pressure‘ ist ein unterschätzter Faktor. Wenn im lokalen Markt fünf Wettbewerber verkauft haben und davon begeistert berichten, entsteht oft der Eindruck: ‚Ich muss jetzt auch.‘ Oder es wird aus einer Krisenstimmung heraus verkauft, etwa nach dem Verlust eines Großkunden oder aus Angst vor Marktentwicklung. Unsere Aufgabe ist es dann, einen Schritt zurückzugehen: Ist der Verkaufswunsch gut begründet? Gibt es klare Ziele? Oder reagiert jemand nur auf äußere Umstände?

Bedeuten diese Konzentrationsprozesse langfristig das Ende KMU-Maklerhäuser?

FS Nein, ganz im Gegenteil. Die Konsolidierung verändert den Markt, aber sie beendet ihn nicht. Wo große Einheiten entstehen, öffnen sich gleichzeitig neue Nischen. In den USA etwa wurden Tausende Maklerunternehmen verkauft – trotzdem ist die Gesamtzahl der Marktteilnehmer kaum gesunken. Viele neue Häuser sind entstanden, oft durch Ausgründungen oder Team-Abspaltungen.

Was beobachten Sie konkret in Deutschland?

JB Wir sehen zwei parallele Entwicklungen: Einerseits entstehen größere, integrierte Strukturen – etwa durch Finanzinvestoren oder Konsolidierer. Andererseits gründen sich neue, agile Einheiten zum Beispiel aus ehemaligen Mitarbeitenden verkaufter Maklerhäuser oder durch Einzelmakler, die sich bewusst unabhängig aufstellen wollen. Konsolidierung ist kein Schlusspunkt, sondern sorgt für neue Dynamik.

Aber ist das nicht eher eine kurzfristige Gegenbewegung? Am Ende dürften doch die Großen den Markt unter sich aufteilen – wie in anderen Branchen auch.

FS Diese Entwicklung ist möglich – aber nicht zwingend. Der Versicherungsvertrieb ist ein sehr personenbezogenes Geschäft. Kundenbeziehungen, lokale Verwurzelung und Spezial-Know-how lassen sich nicht beliebig skalieren. Viele Kunden schätzen genau das, was große Einheiten nur schwer abbilden können. Zudem zeigt der Blick in reifere Märkte: Die Kleinen verschwinden nicht vollständig – sie verändern sich, spezialisieren sich und besetzen gezielt Lücken.

Was bedeutet das eigentlich für die Kunden der verkauften Maklerhäuser?

JB Zunächst oft wenig. Viele Kunden merken den Eigentümerwechsel im ersten Schritt kaum – insbesondere im Gewerbebereich, wo langjährige Verträge, feste Prozesse und etablierte Ansprechpartner dominieren. Der Betrieb läuft zunächst weiter wie gewohnt.

Und langfristig?

FS Langfristig kann sich durchaus etwas ändern. Mit der Integration in größere Strukturen kommen neue IT-Systeme, gebündelter Service oder neue Ansprechpartner. Das kann zu Effizienzgewinnen führen – aber auch zu Verunsicherung. Denn viele Kunden sind gegenüber zu schneller Veränderungen skeptisch. Wer zu schnell rationalisiert, riskiert Vertrauen. Für den Kunden wird sich der Nutzen erst über die Zeit zeigen.