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28. August 2025
Chancen und Risiken für Makler beim Cyber-Renewal
Chancen und Risiken für Vermittler beim Cyber-Renewal

Chancen und Risiken für Makler beim Cyber-Renewal

Unternehmen fordern beim Renewal von Cyberpolicen mehr von Vermittlern als nur den „Standard-Service“: Zwischen dynamischen Risiken, neuen regulatorischen Vorgaben und steigenden Kundenerwartungen ändert und wächst ihre Rolle. Was müssen Vermittler hier beachten?

Ein Gastbeitrag von Florian Salm, Senior Cyber Specialist bei hendricks GmbH Versicherungsmakler

Die alljährliche Vertragsverlängerung (Renewal) von diversen Versicherungspolicen bei Unternehmenskunden ist für viele Vermittler nichts Neues. Vertraute Emails, vertraute Telefonate, vertraute Sparten. Das alles gilt innerhalb der Cyberversicherungssparte nicht. Die immer noch junge Sparte entwickelt sich auch beim Thema Renewal weiter und stellt die Vermittler vor neue Herausforderungen:

  • Der Vermittler soll das Risikoprofil der Versicherungsnehmerin (VN) korrekt und sorgfältig analysieren und auf Veränderungen sowie daraus entstehenden Anforderungen und Bedürfnisse im Rahmen der Vertragsverlängerung reagieren.
  • Der Vermittler soll als Übersetzer und Bindeglied für Rückfragen, Auflagen und Projekten rund um die IT-Sicherheit und Datenschutz zwischen Versicherer und VN dienen.
  • Die Erwartungen der Unternehmenskunden an Vermittler hinsichtlich der Beratungsleistung innerhalb der Cyberrisiken nehmen insgesamt zu.
  • Der Vermittler darf die weiterhin komplexe und dynamische Entwicklung innerhalb des Marktumfeldes aller Anbieter für Cyberversicherung nicht aus den Augen verlieren.
Herausforderung: Veränderung des Risikoprofils

Die Veränderungen in Unternehmensstrukturen aus der Brille des Risikomanagements können vielfältig sein, bspw. technisch, strategisch, betrieblich. Somit entstehen neue Risiken und damit verbundene Absicherungsmöglichkeiten. Einige Beispiele hierfür:

  • Die VN hat einen Wechsel von einer On-Premise-Infrastruktur zu einer Cloud-Lösung (Cloud-Migration) durchgeführt. Hierbei werden Daten, Anwendungen und IT-Prozesse von lokalen Servern in die Cloud übertragen.
  • Die VN hat ein oder mehrere Unternehmen erworben. Es bestehen unterschiedliche IT-Infrastrukturen innerhalb der Unternehmensgruppe mit unterschiedlichen IT-Reifegraden, neuen Anforderungen sowie abweichenden Bedürfnissen.
  • Die VN hat digitale Plattformen (bspw. Web-Shop) eingeführt und neue Abhängigkeiten hinsichtlich der IT-Unterstützung erzeugt.
  • Als Folge von den genannten Veränderungen können bspw. veränderte Anforderung im Bereich von Deckungsinhalte (bspw. Betriebsunterbrechung aufgrund Ausfall IT-Dienstleister) und Deckungssummen (neue Risiko-Szenarien) entstehen.
Vermittler = IT-Fachmann

Die Kommunikation seitens der Versicherer gegenüber Vermittlern wird zunehmend von Fachbegriffen aus der IT-Sicherheit und dem Datenschutz geprägt.

  • Welche Backupstrategie(n) werden genau seitens der VN betrieben? Es fallen Begriffe wie Inkremental- und Differential-Backup, Offline-Backup, Immutable-Backup.
  • Werden seitens der VN IT-Systeme zur Steuerung von industriellen Prozessen eingesetzt, bspw. SCADA, DCSs, PLCs, WMS oder TMS?
  • Welche Maßnahmen ergreift die VN zur Verringerung des Risikos für nicht mehr unterstützte/End-of-Life-Systeme? Restriktives Anwendungs-Whitelisting, Netzwerk-Isolierung, virtuelles Patching?

Als Folge daraus ist die Kommunikation zwischen Vermittler und Kunde häufig arbeitsintensiv und schleppend, es entstehen Fragen und Rückfragen zwischen allen teilnehmenden Parteien. Ausreichend eigene Bordmittel hinsichtlich dieser „Fremdsprache Namens IT“ bestehen häufig nicht.

Steigende Kundenerwartungen

Mit Inkrafttreten der NIS-2-Richtlinie stellen sich viele Unternehmen die Frage nach Anforderungen hinsichtlich IT-Sicherheit und Resilienz. Die bestehende Cyberversicherung scheint hier ein naheliegender Anker für Rückfragen und verbindliche Antworten zu sein.

  • Ist unser Unternehmen von NIS-2 betroffen? Was bedeutet NIS-2 konkret für unser Unternehmen? Welche Maßnahmen muss ich treffen? Hilft die Cyberversicherung bei all diesen Problemen und Fragen?
  • Welcher Dienstleister kann mich bei der Umsetzung der geforderten technischen und organisatorischen Maßnahmen unterstützen?
  • Was genau ist die Anforderung hinsichtlich „Business Continuity“? Welche Verantwortung hat die Geschäftsführung im Sinne von NIS-2? Welche Meldeprozesse muss ich bei zukünftigen IT-Sicherheitsvorfällen als Unternehmen beachten?

Der Vermittler einer Cyberversicherung hat die Bürde und gleichzeitig die Chance aus diesem neuen Kapitel zu profitieren. Im Vordergrund steht hier die Möglichkeit und Forderung nach Kompetenzen für dieses Beratungsfeld.

Wie ist der Anbietermarkt aufgestellt?

Höher, schneller, weiter? Offenkundig ein Synonym für den Marktüberblick der Anbieter für Cyberversicherungsprodukte in Deutschland. Die Entwicklung hinsichtlich Lösungen und Möglichkeiten zur Optimierung für diese Sparte hört nicht auf.

  • Die Gestaltung und Interpretation von Klauseln und Deckungsbausteinen wird mit zunehmender Marktgröße undurchsichtiger. Begriffe wie Cyberdiebstahl und Cyberbetrug sind in der Wortwahl bei vielen Anbietern identisch, unterscheiden sich aber inhaltlich massiv.
  • Über viele Marktanbieter besteht für VN die Möglichkeit weitere Tools rund um die Cybersicherheit zu nutzen, teils kostenlos oder zu vergünstigten Konditionen; beispielhaft sind an dieser Stelle Awarenessmaßnahmen, Passwortrichtlinien oder Informationen zum Thema Datenschutz zu nennen.
  • Für preissensible Kunden bietet der steigende Wettbewerb von etablierten und neuen Anbietern Chancen. Ein Wechsel umfasst jedoch auch häufig die Herausforderungen neuer Risikofragen für den neuen Anbieter.
  • Fehlinterpretation oder Unsicherheiten, verpasste Möglichkeiten, Wettbewerbsdruck. Die Arbeitsfelder für Vermittler sind riesengroß und kaum zufriedenstellend einordbar.
Best Practices

Eine ideale Herangehensweise für das Renewal bietet ein 360-Grad-Cyberblick auf alle relevanten Bereiche dieser Sparte. Die Anforderungen in der Risikobewertung, sei es aufgrund von technischen, strategischen, betrieblichen Änderungen bei der VN oder den technischen Rückfragen von Versicherern können im Zusammenspiel von Spezialisten aus den Bereichen Versicherung und IT-Risikoingenieure bestmöglich gelöst werden. Der Austausch von IT-Spezialisten auf beiden Seiten, d.h. von VN und Vermittler, schafft größtmögliche Effizienz sowie Zufriedenheit.

Darüber hinaus zeigt dieser Dialog auf Augenhöhe auch eine hohe Kompetenz des Vermittlers auf. Das Sahnehäubchen dieser Konversation ist eine nachfolgende Projektbeziehung zwischen VN und Vermittler um bspw. aufgetretene Anforderungen im Kontext zu NIS-2 umzusetzen.

Eine positive und exzellente Grundlage für den Versicherungsschutz soll das ausgewählte Bedingungswerk bieten. Die Interpretation eines Bedingungswerkes obliegt in der Regel dem Versicherer. Insbesondere bei einer neuen Sparte wie der Cyberversicherung ist die Gestaltung und Verwendung von eigenen Bedingungswerken unerlässlich. Das gemeinsame Verständnis für die Auslegung und Lesart der Deckungsbausteine ist von entscheidendem Vorteil. Die parallele Begleitung von Schadenfällen rundet dieses Verständnis ab.

Die Spezialisierung von eigenen Mitarbeitern für diesen Bereich gewährt bspw. den sicheren Überblick hinsichtlich Neuordnungen am Anbietermarkt oder auch den kontinuierlichen Austausch mit handelnden Personen der Risikoträger. Die erfolgreiche sowie richtige Bestimmung und Platzierung von Kapazitäten für die VN ist wichtig. Ebenso wichtig ist aber auch der Dialog mit den Entscheidern auf Seiten VN hinsichtlich der Inhalte der Versicherungspakete zu den unterschiedlichen Anbietern. Der 360-Grad-Cyberblick ist als Ansatz aus unserer Sicht unerlässlich.

Fazit

Die optimale Betreuung von Cyberpolicen im eigenen Kundenbestand ist herausfordernd. Ein Einsatz von verschiedenen Spezialisten fördert die Stabilität der Kundenbeziehung auf diesem Feld nachhaltig. Die Risikoentwicklung und -bedeutung rechtfertigt diese Herangehensweise vollkommen.

 
Ein Artikel von
Florian Salm