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Steuern & Recht
8. April 2020
Corona-Eindämmung: Planlos in der Pandemie

Corona-Eindämmung: Planlos in der Pandemie

Drei aktuelle Beschlüsse aus Nordrhein-Westfalen offenbaren die inneren Widersprüche, die der aktuelle Kampf gegen das Coronavirus aufweist. Welche Geschäfte sind auch inmitten einer globalen Pandemie unverzichtbar und dürfen geöffnet bleiben? Der Haushaltswarenladen, der Weinhändler oder der Hundesalon?

In den Tagen der Corona-Krise 2020 sind Unternehmen, Mitarbeiter und Konsumenten von Einschränkungen betroffen, wie bis vor kurzem nicht denkbar waren. Die Maßnahmen haben zwar durchaus den gewünschten Effekt erzielt, wenn man sich die aktuellen Infektionszahlen ansieht, aber derart kurzfristig getroffene Entscheidungen sind häufig auch nicht bis ins letzte Detail durchdacht. Wie so häufig ist es dann an den Gerichten die Maßnahmen auszulegen, zu interpretieren und Ausnahmen zu definieren. So geschehen in drei Fällen in Nordrhein-Westfalen.

Einzelhandel nur zur Deckung des Grundbedarfs

In Nordrhein-Westfalen ist laut Corona-Schutzverordnung der Betrieb von Verkaufsstellen im Einzelhandel verboten, es sei denn man ist ausdrücklich privilegiert. Als privilegiert gelten alle Einzelhandelsbetriebe, die der Versorgung der Bevölkerung mit Artikeln des Grundbedarfs dienen.

Haushaltswarenladen muss schließen

Auch eine GmbH aus Dortmund, die in ihrem Geschäft Haushaltswaren und Geschenkartikel verkauft, war von dieser Verordnung betroffen. Die Gesellschaft beantragte vor dem Oberverwaltungsgericht Münster eine einstweilige Anordnung, die ihr erlaubt hätte, ihre Geschäfte weiterhin offen zu halten.

Das Gericht entschied jedoch anders. Zwar seien die betroffenen Unternehmen von der Betriebsuntersagung belastet, jedoch nicht unangemessen. Eine Reduzierung der menschlichen Kontakte auf ein Minimum sei den Umständen angemessen. Darunter falle auch jeglicher Kundenkontakt, der nicht zur Deckung des Grundbedarfs notwendig sei.

OVG Münster, Beschluss vom 06.04.2020, Az.: 13 B 398/20.NE

Weinhändler darf wieder öffnen

Was deckt so ein Grundbedarf jedoch alles ab? Haushaltswaren fallen nicht darunter. Wie sieht es denn dann mit Genussmitteln aus? Die Stadt Aachen legte den Grundbedarf so eng aus, dass Genussmittel nicht mehr verkauft werden durften. Lediglich Ladengeschäfte, die hauptsächlich Lebensmittel im engeren Sinne verkauften, durften weiterhin öffnen. Darunter verstand die Stadt dringend erforderliche Lebensmittel, die zur Deckung des täglichen Bedarfs dienten.

Dagegen wandte sich ein Weinhändler mit einem Eilantrag an das Verwaltungsgericht Aachen. Wenn Lebensmittel zum Grundbedarf zählten, argumentierte der Weinhändler, dürfe er sein Geschäft weiterhin offenhalten. Der Begriff Lebensmittel sei nämlich im umfassenden Sinne zu verstehen und schließe dementsprechend auch Genussmittel mit ein.

Das Gericht gab dem Mann recht und gestattete ihm sein Ladengeschäft wieder zu öffnen. In der Verordnung heißt es nämlich, dass das Ministerium der Überzeugung sei bei allen Lebensmittelläden könne die Eindämmung des Coronavirus durch die Einhaltung strenger Hygienemaßnahmen erfolgen. Eine Einschränkung auf bestimmte Lebensmittelläden könne hieraus nicht abgeleitet werden.

VG Aachen, Beschluss vom 03.04.2020, Az.: 7 L 259/20

Hundesalon muss (erstmal) doch nicht schließen

Doch wie sieht es im Bereich der Dienstleistungen aus? Eine Hundesalon-Betreiberin wurde von den Behörden aufgefordert ihren Betrieb einzustellen, um menschliche Kontakte zu reduzieren und eine Eindämmung des Coronavirus zu erreichen. Die Frau hatte ihre Betriebsabläufe jedoch insofern umgestellt, dass der Kontakt zwischen Kunden und Mitarbeitern auf ein Minimum begrenzt wurde. Die Hunde wurden an der Eingangstür übergeben und für die Abholung war ein Anbinden vor dem Salon angedacht. Die Behörden forderten dennoch die vollständige Schließung des Salons.

Dagegen wandte die Frau sich mit einem Eilantrag an das Verwaltungsgericht Minden und forderte, dass ihr Betrieb weiterhin geöffnet bleiben dürfe. Sie argumentierte, dass die von ihr angebotene Dienstleistung nicht im Widerspruch zu der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierung stehe.

Das Gericht entschied jedoch zugunsten der Behörde und wies den Eilantrag ab. Zwar falle die Frau mit ihrem Unternehmen nicht unter die Verordnung, jedoch sei die Behörde im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes befugt Einzelmaßnahmen zu treffen, um den Schutz vor Neuinfizierungen zu gewährleisten.

Als die Beschlussfassung jedoch an die Konfliktparteien versandt wurde, erhielt das Gericht Kenntnis davon, dass die Anordnung der Schließung überhaupt nicht beabsichtigt war. Die Behörde wollte lediglich mit ihrem Schreiben auf die nötige Einhaltung der Corona-Schutz-Verordnung hinweisen. Die Formulierung des Schreibens sei wohl missverständlich gewesen.

Im Zuge dessen änderte das Gericht sein Urteil ab und beschloss, dass der Geschäftsbetrieb des Hundesalons nicht generell untersagt sei. Eine Untersagung durch die Behörde sei zwar weiterhin möglich, aber momentan nicht angezeigt. Die Frisur des besten Freunds des Menschen ist somit auch in Zeiten der Pandemie gesichert. (tku)

VG Minden, Beschluss vom 02.04.2020, Az.: 7 L 272/20

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