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Vertrieb
8. März 2019
Das InsurTech wefox und die Pläne für den deutschen Maklermarkt

Das InsurTech wefox und die Pläne für den deutschen Maklermarkt

Gerade hat die wefox Gruppe in einer weiteren Finanzierungsrunde 125 Mio. US-Dollar von internationalen Investoren eingesammelt. Auf Umsatzseite sei 2018 auch in Deutschland der Knoten geplatzt, sagt Torsten Richter, Head of Sales der wefox Germany GmbH, und erklärt, wie wefox Makler in der persönlichen Kundenbetreuung mit Tools für die Bestandsbearbeitung und für die Neukundenakquise unterstützt.

Die ersten fünf Jahre hat wefox nun bald geschafft. Sind Sie heute in etwa dort, wo Sie sein wollten?

Wir bekommen ein sehr positives Feedback auf unser Geschäftsmodell – auch über die Grenzen Deutschlands hinaus. Die alteingesessenen Anbieter schätzen unsere Dynamik, Leidenschaft und Innovationskraft, mit der wir aktiv Verbesserungen für die Branche erzielen. Wir werden als relevanter Player wahrgenommen, der die Veränderungen mitgestaltet.

Zunächst sind Sie mit einer Vertrags-App für Endkunden gestartet, immer mehr nehmen Sie aber Versicherungsvermittler als Kunden in den Fokus. Wie sieht Ihre Strategie diesbezüglich in Deutschland aus?

Von Anfang an nehmen Vermittler eine zentrale Rolle in unserem Geschäftsmodell ein. Wir stärken sie in ihrer Unabhängigkeit und unterstützen ausdrücklich ihre persönliche, fachkompetente Kundenbetreuung. Auf unserem Versicherungsmarktplatz bringen wir Vermittler mit ihren Kunden und potenziellen Kunden zusammen, die sich optimal absichern möchten. In der digitalen Welt bieten wir Vermittlern viele Vorteile, die sich an Schnelligkeit, Transparenz und Kosteneffizienz festmachen lassen.

Wie kommt es, dass Sie an den stationären Vertrieb glauben?

Wir setzen auf das Beraterprinzip. Wir wollen Vermittler unterstützen, nicht ersetzen. Nüchtern betrachtet interessieren sich die Deutschen allein wegen Apps, Games und anderen digitalen Kontakten nicht ohne Weiteres für Versicherungen. Hierzu braucht es den Anstoß von Vermittlern. Vor allem bei komplexen Produkten gibt es einen intensiven Beratungsbedarf aufseiten der Verbraucher. Wir sehen Vermittler in der Rolle eines Life Coaches, der seine Kunden im täglichen Leben als Berater des Vertrauens begleitet. Dort, wo persönlicher Kontakt gepflegt wird, wird er wichtiger denn je. Und dabei unterstützen wir die mit uns kooperierenden Vermittler.

Welchen Nutzen bringt Ihre Serviceplattform dem Vermittler?

Mehr Neukunden, eine stärkere Kundenbindung und weniger Administrationsaufwand – das ist die Kurzform des Nutzens für Vermittler. wefox ist angetreten, Vermittler darin zu unterstützen, mehr Vertriebspower aus ihrer Zeit und ihren Beständen herauszuholen. Über das wefox-Maklerportal hat der Vermittler einen direkten Zugriff auf alle Aktivitäten seiner Kunden. Wichtig: Er ist trotzdem alleiniger Ansprechpartner für sämtliche Kundenanliegen. Er erhält automatisch Benachrichtigungen über alle Kundenvorgänge, Angebotsanfragen, Nachrichten und Schadenmeldungen. Alle wichtigen Teile der Wertschöpfungskette werden digital unterstützt: die Kundenakquise, die Kundenberatung und die Schadenregulierung. Der Vermittler braucht keine Angst zu haben, dass ihm etwas entgeht.

Moderne Reporting-Tools halten ihn auf dem Laufenden, beispielsweise über Änderungen des Risikoprofils seiner Kunden, Vertragslaufzeiten, Nachversicherungsoptionen oder Geburtstage. Die Vertragsbündelungsquote erhöht sich durch solche Big-Data-Systeme im Schnitt um bis zu 40%. Auf diese Weise können Vermittler ihre Fixkosten senken und gleichzeitig mehr Zeit gewinnen, um ihren Bestand optimal zu betreuen und neue Kunden zu gewinnen.

Ein Beispiel: Über unsere Plattform und die technischen Möglichkeiten von Online-Beratung können kooperierende Vermittler bis zu acht Kundentermine am Tag wahrnehmen. Einfache Anfragen und Nachträge zur Beratung können durch unser Backoffice erledigt werden. Auch bei der Bestandsbetreuung können wir für unsere Kooperationspartner mehr herausholen. Im Schnitt werden 80% der Bestandskunden gar nicht oder nur sehr sporadisch betreut. Daraus können wir mit gezielten automatisierten CRM-Kampagnen mehr Geschäftspotenzial für den Vermittler heben.

Wenn wir uns das Thema Neukunden ansehen: Woher kommen die Leads und wie werden diese von ihnen aufbereitet?

Wir finanzieren Online-Werbung, Maßnahmen des Direktmarketings und vieles mehr und gewinnen dadurch neue potenzielle Kunden. Die gewonnenen Kontakte arbeiten wir auf. Unseren Kooperationspartnern stellen wir das vollständige Risikoprofil des Interessenten zur Verfügung. Auf Vermittlerwunsch vereinbaren wir Kundentermine und pflegen diese direkt in den persönlichen Online-Kalender des Kooperationspartners ein.

Darüber hinaus übernehmen Sie Backoffice-Arbeiten. Und das alles digital und kostenlos?

Wenn die Vermittler es wünschen, können wir ihnen die zeitaufwendigen Verwaltungsaufgaben wie Adressänderungen, Namenskorrekturen oder das Zusenden von Informationsmaterial und Anträgen abnehmen. Sie können auch unseren Terminierungsservice inklusive Vorbereitung der Termine nutzen. Wir setzen alles digital um und arbeiten auf der Basis marktgerechter Konditionen analog zum klassischen Pooler-Modell.

Letztlich agieren Sie also im Vermittlermarkt als Pool. Daraus ergeben sich die typischen Fragen, etwa: Was passiert mit dem Bestand des Vermittlers?

Wie im klassischen Pooler-Modell üblich verwalten wir die Kunden des Vermittlers nur treuhänderisch, sodass er immer der Eigentümer und der direkte Ansprechpartner für alle seine Kunden bleibt. Wir sehen uns daher als Pooler und unabhängige Serviceplattform, die es dem Vermittler vereinfacht, Neukunden zu gewinnen und seine Bestandskunden noch besser an sich zu binden.

Nun gelten Sie als gut finanziertes InsurTech. Für Glamour sorgte auch, dass sich der US-Schauspieler Ashton Kutcher an Ihrer Gruppe beteiligt hat. Für den Vermittler zählen aber letztlich Kontinuität und ein verlässlicher Partner. Können Sie das auf Dauer garantieren?

Ich bin überzeugt, dass uns das in Kooperation mit den Marktteilnehmern gelingt. In unserem Team setzen wir bewusst auf Mitarbeiter, die die Branche sehr gut kennen und einen verlässlichen Service garantieren. In vielen Gesprächen bestätigen uns Vermittler, Versicherer, Kunden und Investoren unser Geschäftsmodell. Sie geben uns ein positives Feedback dazu, wie wir die Veränderungen angehen, Marktteilnehmer einbeziehen und mit großem Engagement und Gestaltungswillen kontinuierlich unsere Idee voranbringen, Versicherung durch die Digitalisierung von Vertrieb und Produktwelt neu zu erfinden.

Und welche Erfolge in Form von Umsätzen bzw. Overheads von Versicherern, Vermittleranbindungen und Kunden stehen dem gegenüber?

Seit dem Start in der Schweiz im September 2015, in Deutschland im Oktober 2015 und in Österreich im März 2017 haben wir mehr als eine Viertel Million Kunden gewonnen und arbeiten mit über 1.000 Vermittlern zusammen. 2018 war für uns im wahrsten Sinne des Wortes das „Jahr der Explosion“. Unsere Umsätze sind explodiert. Wir haben ein Umsatzwachstum von 400% erreicht.

Mit ONE haben Sie einen Versicherer in Ihrem Haus. Warum dieser Schritt und was sind die Pläne in dem Zusammenhang?

ONE haben wir als ersten Partner auf der wefox-Plattform integriert, der einen auf Echtzeit basierenden Datenaustausch sowie Anpassungen der Deckungen in Echtzeit und aufgrund von Location-basierten Faktoren ermöglicht. Alle Abläufe sind sowohl im Front- als auch im Backoffice voll digitalisiert. Das Versicherungserlebnis ist für ONE-Kunden ein völlig neues. Wir positionieren ONE als Zukunftscoach, der den Versicherten einen proaktiven, situationsbedingten Schutz vor wahrscheinlichen Risiken anbietet – auch für ein kurzes Zeitfenster.

Letztlich brauchen Sie viel Traffic auf Ihrer Plattform. Können Sie sich vorstellen, hier auch Vermittler, Vertriebe oder Pools zuzukaufen?

Wir setzen auf Kooperationen. Unser Ziel ist es, das wefox-Netzwerk mit lokalen Versicherungsvermittlern kontinuierlich und flächendeckend auszubauen. Auf diese Weise steigern wir die Schubkraft für die notwendige digitale Veränderung.

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 03/2019, Seite 86 f. und in unserem ePaper.

 
Ein Artikel von
Torsten Richter