AssCompact suche
Home
Management & Wissen
5. Januar 2023
Das Metaversum: Hype oder Innovationstreiber?
Metaverse media and virtual reality technology as internet futuristic streaming symbol with VR computing and augmented reality as a computer programs concept in a 3D illustration style.

Das Metaversum: Hype oder Innovationstreiber?

Für die einen ist es das Zukunftsthema, für andere bloß eine teure, technische Spielerei: Die Diskussion um das „Metaversum“ oder „Metaverse“ ist in vollem Gange. Die großen Technologieunternehmen beschäftigen sich bereits intensiv damit. Denn die Marktpotenziale sind hoch – auch für die Versicherungsbranche.

Ein Artikel von Mathias Bock, Head of Future Science bei den Versicherungsforen Leipzig

Der Begriff „Metaversum“ ist in den vergangenen Monaten quasi überall aufgetaucht: In Werbespots, Fachzeitschriften oder Onlineartikeln wird viel über „das“ Metaversum und was es für unsere Zukunft bedeutet gesprochen. Dennoch ist für viele Menschen das Thema sowohl privat als auch im Berufsleben noch recht abstrakt. Es klingt nach einer Idee aus einer weit entfernten Zukunft. Bevor wir die praktische Anwendung des Metaversums, auch für die Assekuranz, beleuchten können, müssen wir zunächst den Begriff klären. So viel vorab: „Das“ Metaversum gibt es bislang gar nicht. Und eine einheitliche Definition auch nicht.

Was ist das Metaversum?

Der Begriff „Metaversum“ – oft wird die engliche Übersetzung „Metaverse“ synonym verwendet – stammt ursprünglich aus einem Science-Fiction-Roman. Die Diskussion zum Thema ist übrigens gar nicht so neu, wie sie scheint. Bereits seit Anfang der 90er-Jahre kursiert der Begriff „Metaversum“ immer wieder in der Öffentlichkeit. Und unterstützende Technologien wie Virtual-Reality-Brillen gibt es bereits seit Ende der 60er-Jahre.

Momentan gibt es noch keine einheitliche Definition, was ein Metaversum genau ist. Für einige sind zum Beispiel Online-Spiele wie Roblox oder Fortnite bereits eigene Metaversen. Andere fassen den Begriff deutlich weiter und zählen dezentrale Anwendungen wie Somnium Space oder Spatial dazu. Ich verwende folgende Beschreibung: Das Metaversum ist die Weiterentwicklung des Web 2.0, also des mobilen Internets. Es ist dauerhaft, virtuell, geteilt, interaktiv, integrativ und immersiv. Das bedeutet, dass man das Internet nicht nur von außen anschaut, sondern wirklich Teil des Internets ist – eine vollständige Verschmelzung der physischen und virtuellen Realität.

Oft wird dabei nicht nur von einem Metaversum gesprochen, sondern von mehreren Welten, die miteinander verbunden sind. In diesen Welten können Sie sich zum Beispiel mit einem Freund in einer virtuellen Kneipe treffen oder Ihrer Kundin potenzielle Gefahren oder Schäden in einem virtuellen Abbild ihres Hauses veranschaulichen. Im Prinzip geht es darum, alles, was wir im „echten“, analogen Leben erfahren oder unternehmen können, auch in einer virtuellen Welt vollständig nachbilden zu können. Wir erzeugen damit gewissermaßen ein digitales Paralleluniversum. Gleichzeitig fokussiert das Metaversum nicht nur den genuin virtuellen Raum, sondern auch eine Erweiterung der realen Welt mithilfe von Augmented-Reality-Technologie.

Auf dem Weg ins Metaversum

Zugegeben, diese Begriffserklärung klingt weiterhin recht theoretisch. Denn zurzeit befinden wir uns gerade erst auf dem Weg ins Metaversum. Eine Grundbedingung, die dafür erfüllt ist, ist die technische Reife: Wir haben inzwischen sehr schnelle Computer und Internetverbindungen. Fürs Metaversum brauchen wir außerdem Technologien wie Blockchain, Augmented Reality und Virtual-Reality-Brillen. Eine weitere Bedingung ist die Akzeptanz virtueller Welten bei den Menschen. Die Corona-Pandemie hat die Bereitschaft für digitale Erlebnisse vorangetrieben. Das haben auch Unternehmen erkannt, allen voran die großen Technologie-Riesen, die versuchen, ihr Metaversum zu etablieren.

Welche (ungeahnten) Potenziale neue Technologien haben, zeigt die Evolution des Handys. Es ist gerade einmal 20 Jahre her, dass wir mit Handys nur telefonieren und SMS schreiben konnten. Heute ist das Smartphone für die meisten Menschen ihr Lebensbegleiter: Es ersetzt Festnetztelefon, Adressbuch, Kalender, Fotoapparat, Lexikon und viele Funktionen eines klassischen PCs. Wir können damit mit Menschen jederzeit in Echtzeit in Kontakt treten, Lebensmittel einkaufen und vor die Tür liefern lassen, Möbel bestellen, unsere Bankgeschäfte erledigen, ganze Reisen buchen, die Lieblingsserie gucken, Versicherungen abschließen usw. Mal ehrlich, wer hätte das vor 20 Jahren für möglich gehalten?

Viele Anknüpfungspunkte für die Assekuranz

Für Versicherungsunternehmen gibt es viele Anknüpfungspunkte ins Metaversum. Denn mit neuen Technologien entstehen immer neue Fragen der Absicherung und potenzielle Schadenfälle. Zwei Beispiele aus dem Produktbereich: Hier stellt sich die Frage, wie neuartige Vermögensgegenstände wie In-Game-Währungen, Skins für Avatare oder Hardware wie VR-Brillen abgesichert werden können. Versicherer sollten sich zudem mit der Abwicklung virtueller Schäden beschäftigen und bei Bedarf auf spezielle Dienstleister zurückgreifen. Am Markt gibt es bereits Produkte: So arbeitet die ARAG im Rahmen der Absicherung von In-Game-Käufen mit Insurninja zusammen. Die ERGO und Next­surance zeigen, wie ein Schutz von Gaming-Hardware wie PC, Laptop, Konsolen gegen Defekt oder Diebstahl aussehen kann.

Der Vertrieb sollte das Thema ebenfalls auf dem Schirm haben. Denn wenn wir davon ausgehen, dass die Menschen zukünftig mehr Zeit in virtuellen Welten verbringen, könnten Vertriebseinheiten im Metaversum durchaus sinnvoll sein. Weiterhin kann das Metaversum für die Aus- und Weiterbildung der eigenen Mitarbeitenden genutzt werden. In der Virtual Reality lassen sich verschiedene Fallbeispiele abbilden und trainieren, das nutzt die ERGO beispielsweise bereits.

Was Versicherer und Makler jetzt tun können

Der Hype ums Metaversum ist gerade sehr hoch, aber es muss gesagt werden: Vieles ist noch in der Entwicklung. Dennoch ist das Innovations- und Marktpotenzial sehr hoch. Um für die Zukunft gewappnet zu sein, sollten Versicherungsunternehmen ein grundlegendes Verständnis für das Metaversum, seine Chancen und Risiken wie z. B. Cybercrime erarbeiten, Anwendungsfälle definieren und die Entwicklung strategisch verfolgen. Hier gibt es bereits einige Versicherungshäuser, die in Projektteams oder kleineren Einheiten die Potenziale des Metaversums erkunden.

Auch die Vermittlerschaft kann sich hier auf dem Laufenden halten, um die Bedürfnisse jüngerer Zielgruppen besser zu verstehen. Viele Städte haben beispielsweise Virtual-Reality-Räume, in denen man einfach und spielerisch eine VR-Brille ausprobieren kann und so einen ersten Eindruck von einem möglichen Metaversum bekommt.

Das Metaversum steht also in den Startlöchern. Wann es massenmarkttauglich ist, wie es genau aussehen wird, welche Technologien und Plattformen sich durchsetzen werden und ob es in Zukunft wirklich ein großes, umfassendes Metaversum geben wird, das sind Fragen, die die Zeit klären wird.

Zu VR und AR

Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) werden oft in einem Atemzug genannt, aber es gibt einen entscheidenden Unterschied: Während wir die Realität bei VR ausblenden und vollständig in eine virtuelle Welt eintauchen (zum Beispiel mit einer VR-Brille), wird bei AR die „echte“ Realität um virtuelle Elemente ergänzt. AR kommt heute bereits zum Beispiel in einigen Smartphone-Apps oder im Fernsehen zum Einsatz, wenn etwa bei Fußballspielen virtuelle Linien eingeblendet werden.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 01/2023, S. 96 f., und in unserem ePaper.

Bild: © freshidea – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Mathias Bock