Soft Skills schlagen Lebenslauf
In meiner Erfahrung sind Lebensläufe zweitrangig – entscheidend sind Werte, Haltung und Entwicklungspotenzial. Ich habe gelernt: Die besten Mitarbeiter erkennst du nicht an Zertifikaten, sondern an ihrer Fähigkeit, zuzuhören, sich einzufügen und Verantwortung zu übernehmen. Das Fachwissen kann man lehren – Charakter nicht. Wenn du den ersten Menschen in dein Unternehmen holst, achte also auf diese Fragen:
- Passt dieser Mensch zu meinen Werten?
- Will er wirklich wachsen oder nur „arbeiten“?
- Versteht er die Mission, die mich antreibt?
Gerade im Maklergeschäft, wo Vertrauen und Beziehung das Fundament sind, ist die Persönlichkeit wichtiger als jede Fachqualifikation.
Die Kostenfrage: Wann es sich rechnet
Ein neuer Mitarbeiter ist kein Luxus, sondern eine Investition. Das bedeutet: Er muss mittelfristig Umsatz, Effizienz oder Entlastung schaffen, die seinen Kosten entspricht. Wenn du 40 Stunden pro Woche arbeitest und dein Output voll ausgelastet ist, kannst du mit einer Faustregel rechnen: Wenn du mindestens 70% deiner Zeit mit Tätigkeiten verbringst, die nicht delegierbar sind (Beratung, Akquise, Strategie), dann ist der Zeitpunkt reif. Liegt dieser Anteil darunter, brauchst du keine Person – du brauchst ein besseres System.
Mein persönliches Learning: Agieren statt reagieren
Ich erinnere mich noch genau: Schon im ersten Jahr nach meiner Gründung habe ich meine erste Mitarbeiterin eingestellt. Ich dachte, das sei der logische nächste Schritt – schließlich lief das Geschäft gut, die Nachfrage war da, und ich war dauerbeschäftigt. Rückblickend war das viel zu früh. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt keine klaren Prozesse, keine Automatisierungen und keine wiederholbaren Strukturen. Vieles hing von mir ab, vieles war noch „in meinem Kopf“. Und genau das führte dazu, dass ich statt Entlastung zunächst mehr Koordination, mehr Kommunikation und mehr Stress hatte. Was ich damals gelernt habe: Ein Mitarbeiter löst keine Engpässe, wenn das Fundament nicht steht. Ich hätte erst Systeme aufbauen müssen, bevor ich Stühle aufstelle.
Heute sehe ich das so: Bevor du reagierst, weil du überfordert bist, agiere strategisch. Schaffe Strukturen, bevor du Menschen führst. Automatisiere, bevor du delegierst. Denn Führung beginnt nicht beim ersten Mitarbeiter – sie beginnt bei der eigenen Organisation. Und wenn die steht, entsteht ein Umfeld, in dem Mitarbeiter wirklich wirken können.
Fazit
Mitarbeiter sind grandios. Und ich möchte keine einzige wunderbare Person in meinem Team missen. Realistisch gesehen werde ich auch noch viele einstellen und deshalb kann ich rückblickend sagen: Der richtige Zeitpunkt für den ersten Mitarbeiter ist nicht der Moment, in dem du überfordert bist, sondern der Moment, in dem du bereit bist, Führung zu übernehmen. Automatisiere, standardisiere und stabilisiere zuerst. Dann such dir Menschen, die dein Warum teilen, nicht nur deine Aufgaben. Denn Systeme bringen Stabilität – aber Menschen bringen Seele.
Lesen Sie auch:
Wie ein Schüler auf die Finanz- und Versicherungsbranche blickt
„KI sollte angesehen werden als neuer Mitarbeiter“
Interessieren Sie sich für weitere Hintergrundartikel aus der Branche? Dann abonnieren Sie das monatliche Fachmagazin AssCompact – kostenfrei für Versicherungs- und Finanzmakler.
Seite 1 Der erste Mitarbeiter: Wann er sich rechnet
Seite 2 Soft Skills schlagen Lebenslauf
Franziska Zepf - Anmelden, um Kommentare verfassen zu können