Viele Anleger, auch ETF-Anleger, legen ihren Schwerpunkt aktuell eher auf Europa – weg von den Staaten. Haltet ihr das „aus gegebenem Anlass“ für sinnvoll?
Wir raten generell davon ab, seine Anlagestrategie aufgrund aktueller Nachrichten oder kurzfristiger Entwicklungen zu ändern. Wenn ein Anleger grundsätzlich eine andere regionale Gewichtung wünscht, beispielsweise weil er die USA für übergewichtet hält und Europa mehr in den Fokus nehmen möchte, dann kann eine Anpassung sinnvoll sein. Aber das sollte langfristig angelegt sein, nicht als Reaktion auf die aktuelle Marktlage.
Ihr habt in der Vergangenheit ETF-Portfolio-Varianten vorgestellt, mit denen man sein Risiko mehr streuen kann. Haltet ihr derartige Überlegungen jetzt für sinnvoller als nur „(All-)World-ETF und gut ist“?
Zunächst bin ich der Meinung, dass das Risiko optimal ist, wenn das Portfolio maximal breit diversifiziert ist. Ob es jetzt aber besser ist, eine bestimmte Region eher stärker oder eher schwächer zu gewichten, darüber kann man sich streiten. Die Überlegungen hinter den alternativen Portfolio-Varianten, z.B. Gerd Kommers Ansatz der Mischgewichtung aus Marktkapitalisierung und BIP oder ein 70/30-Portfolio mit einem 30%-igen Schwellenländeranteil, sind legitime Ansätze. Es sind aber keine Reaktionen auf die aktuelle Marktlage, sondern alternative langfristige Strategien zur Diversifikation.
Ich halte einen nach Marktkapitalisierung gewichteten World-ETF mit einem starken US-Gewicht weiterhin für einen guten und sinnvollen Ansatz. Genauso kann es aber auch sinnvoll sein, eine Gewichtung zu wählen, die Europa oder Schwellenländer stärker berücksichtigt, wenn das den eigenen Überzeugungen und Zielen entspricht. Wer am Ende mit welcher Gewichtung richtig lag, wissen wir leider erst hinterher.
Ihr habt auch viele jüngere Zuschauer bei Finanzfluss. Bekommt ihr bei diesen eine gewisse Nervosität ob der Marktlage mit?
Mein Eindruck ist, dass ein großer Teil unserer Community gut informiert ist und weiß, dass Schwankungen und auch mal ein Crash dazugehören. Die Fragen, die uns während Markteinbrüchen erreichen, gehen teilweise sogar in die Richtung, ob es sinnvoll ist, jetzt noch einmal mehr zu investieren und von den günstigen Kursen zu profitieren. Manche möchten dafür sogar ihren Notgroschen anzapfen. Also: Ich glaube, viele unserer Zuschauer sind nicht nur verunsichert, sondern es gibt auch einen Teil, der ziemlich mutig ist und die Chancen sieht.
Aber natürlich sind auch vor allem Menschen, die gerade erst mit dem Investieren angefangen haben, verunsichert.
Wie reagiert ihr darauf?
Wir versuchen, darauf zu reagieren, indem wir die Situation einordnen und betonen, dass Investieren etwas Langfristiges ist. Wir erklären immer wieder, dass Schwankungen normal sind, dass Krisen zum Investieren dazugehören und langfristig gute Einstiegschancen bieten. Wir raten dazu, nicht in Panik zu verfallen, nicht blindlings die Strategie zu ändern und sich nicht von negativen Nachrichten zu sehr beeinflussen zu lassen. Aber wir erklären auch, dass eine Krise ein guter Test für die eigene Risikotragfähigkeit ist. Wer in einem Börsencrash nicht mehr ruhig schlafen kann, sollte seine Aktienquote lieber etwas reduzieren und risikoärmer investieren, um mehr Seelenfrieden zu haben. Es geht darum, eine Balance zu finden, die zur eigenen Person passt.
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Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 07/2025 und in unserem ePaper.
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