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9. September 2020
Die Chancen für Immobilienmakler sind gerade jetzt größer als die Risiken

Die Chancen für Immobilienmakler sind gerade jetzt größer als die Risiken

Immobilienmaklern weht derzeit gleich von mehreren Seiten ein heftiger Gegenwind ins Gesicht. Dennoch gibt es für professionelle Immobilienvermittler gerade jetzt mehr Chancen als Risiken – zumindest wenn sie sich den neuen Gegebenheiten nicht nur anpassen, sondern sie aktiv mitgestalten.

Von Kurt Friedl, CEO und Gesellschafter von Remax Germany

Für Immobilienmakler ist die aktuelle Corona-Krise nur eine Herausforderung von mehreren. Weiterhin hohe Immobilienpreise in Metropolregionen, mögliche Mietendeckel, die Neuregelung der Maklercourtage: Es gibt sicher Branchen und Berufe, in denen der Wind aktuell etwas weniger auffrischend um die Nase weht. Dennoch gibt es mehr Chancen als Risiken – wenn Makler jetzt die richtigen Weichen stellen.

Zahlreiche parallele Herausforderungen

Wegen der Pandemie-Beschränkungen waren viele Besichtigungen nur zeitverzögert online möglich. Die zumindest in den Metropolregionen konstanten und möglicherweise sogar noch steigenden Immobilienpreise bei gleichzeitig schwer akquirierbaren Objekten erschweren die Arbeit zusätzlich. Ein möglicher Mietendeckel beeinflusst den Wert von Mietobjekten und das im Mai neu verabschiedete Gesetz zur Teilung der Maklerkosten sorgt auf den ersten Blick für noch mehr Leistungsdruck auf der Maklerseite und für geringere Provisionen. Druck kommt auch von neuen PropTechs, die versuchen, die Maklerarbeit zumindest billig und überflüssig zu machen. Wollen Makler die Gefahren jetzt in Möglichkeiten verwandeln, müssen sie sich den neuen Gegebenheiten nicht nur anpassen, sondern sie aktiv mitgestalten.

Chance 1: Digitalisierung des Kundenerlebnisses verbindet Kunde und Makler

Corona treibt auch die Digitalisierung der Branche stark voran und verändert den Makleralltag. Die Branche steht hierbei weiterhin vor großen Herausforderungen mit Blick auf die Digitalisierung von Geschäftsprozessen. Diejenigen, die ihre Arbeitsweise jetzt an die virtuellen Möglichkeiten anpassen, binden ihre Kunden umso stärker an sich und ihre Maklermarke. Automatisierte Prozesse, bequem per Internet und Smartphone umgesetzt, sorgen für eine ganzzeitliche Begleitung – von der Rückmeldung auf das erste Interesse bis zum unterschriebenen Vertrag. Es mag zu Beginn der Kundenreise nur eine automatisierte E-Mail mit Exposé-Unterlagen, eine Video- oder eine 360-Grad-Begehung sein. Im Großen betrachtet ist es aber der Einstieg in die digitale Kundenbindung, die dem Makler einen Zeitvorteil verschafft. Denn so wird parallel wichtige Zeit frei, um sich dem wirklichen Kundennutzen zu widmen und sich von der Masse abzuheben. Ganz nebenbei gibt es bekanntlich keine zweite Chance für den ersten Eindruck.

Chance 2: Kundenzufriedenheit als Schlüssel zum Erfolg

Die Gewinner der Corona-Krise, wie Netflix oder Amazon, machen es vor: Der Kunde ist König. Das klingt nach Binsenweisheit, gilt aber mehr denn je, haben sich die Kunden doch bereits daran gewöhnt. Das trifft genauso für die Maklerbranche zu und damit für eine Branche, die zumindest auf den ersten Blick rein vom Verkaufen lebt. Mit der Digitalisierung ändert sich das Verhalten der Kunden. Das macht sich auch beim Immobilienkauf bemerkbar. Potenzielle Käufer wollen sich vorab über interessante Objekte informieren und Preise im Vorfeld vergleichen.

Der Makler als fachkundiger Experte hat die Antworten auf alle weiteren Fragen. Über allem steht der Service. Dazu gehören etwa die dauerhafte Bereit­stellung von und die Einsicht in Daten und Fakten zur Immobilie und die ständige Erreichbarkeit. Voraussetzung für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit bleibt eine transparente Kommunikation auf Augenhöhe zwischen allen beteiligten Parteien, denn am Ende kommt auch die beste Technologie nicht ohne zwischenmenschliches Vertrauen und Empathie aus.

Chance 3: Franchise-Netzwerke steigern die Qualität der Makelei

McDonald’s oder Subway sind wohl die bekanntesten Beispiele für führende Franchise-Unternehmen der Welt. Sie stehen überall für gleichbleibende Qualität und ein einheitliches Konzept, weil jede einzelne Filiale von einem einheitlichen Markenbild und einer riesigen Organisation im Hintergrund profitiert. Darum können Franchise-Systeme für Immobilien oft mehr punkten als Einzelpersonen.

Franchise-Nehmer sind Teil eines großen und verlässlichen Verbunds und profitieren von der Gemeinschaft innerhalb eines Netzwerks. Eine einheitliche Ausbildung ist oft die Basis für professionelle Maklerarbeit. Makler eines weltweiten Franchise-Netzwerkes haben Zugriff auf alle Immobilien, die weltweit angeboten werden. So kann der Kunde aus einem vergrößerten Angebot wählen. Ein weiterer Vorteil ist die stetige Begleitung von Franchise-Partnern durch die Zentrale. Das fördert die strategische Beratung bei Expansionsplanungen oder die Einführung von innovativen und technologischen Produkten. Standardisierte Prozesse schaffen mehr Zeit.

Chance 4: Online-Tools bieten Mehrwert für den Kunden

Neben der klassischen Immobilienvermittlung können virtuelle Tools einen Mehrwert für den Kunden schaffen. Ein Beispiel: Besonders Eigennutzer mit Kaufabsichten, die eine Immobilie ein Leben lang lieb gewonnen und mit Erinnerungen aufgeladen haben, setzen durch subjektive Einschätzungen oft zu hohe Preise an. Die konstant hohen Immobilienpreise in Metropolen führen zusätzlich zu überzogenen Preiserwartungen. Das Ergebnis ist häufig eine lange Prozedur aus Besichtigungen, Verhandlungen und Preisreduzierungen und damit oft ein nicht marktgerechter Preis. Denn potenzielle Käufer bewerten den schrittweisen Preisrückgang negativ.

Doch eine erfolgreiche Immobilienvermittlung heißt, einen marktgerechten Verkaufspreis zu finden. Digitale Angebotsverfahren wie das im Juli von Remax Germany eingeführte DAVEit setzen genau dort an und helfen sowohl Käufern als auch Verkäufern. Denn beide Parteien setzen sich an einem virtuellen Verhandlungstisch zusammen und treten in einen transparenten Vermittlungsprozess in einem gesicherten Datenraum. Nach Abschluss des Verfahrens steht ein gutes Gefühl, zum richtigen Preis verkauft oder gekauft zu haben.

Chance 5: Veränderter Wohnungsmarkt

Die Nachfrage nach Wohnraum bleibt konstant hoch und wird durch die Tendenz zum Home-Office sogar noch erhöht. Die Menschen sind vermehrt auf der Suche nach Wohnungen mit mehr Platz oder einem zusätzlichen Zimmer. Zudem treibt Corona viele Stadtbewohner raus aufs Land, wobei der Wunsch nach guter infrastruktureller Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln an die Städte bleibt.

Die Überlegungen von Eigentümern, gerade jetzt zu verkaufen und die weiterhin hohe Nachfrage in Gewinne umzuwandeln, sind ebenfalls sichtbar am Markt. Ihnen gegenüber stehen Investoren, die bereit sind, in der Krise zu investieren, denn Immobilien sind und bleiben als Investition in Sachwerte börsenunabhängig und die Kreditzinsen sind weiterhin extrem günstig. Das bringt neue Dynamik in den gesamten Markt.

Verkehrs- und Mobilitätswende als weitere Markttreiber

Wer weiter in die Zukunft blickt, wird auch Themen wie Verkehrs- und Mobilitätswende als Markttreiber entdecken. Die Herausforderungen, die dort aufkommen, müssen gelöst werden. Was passiert etwa, wenn bis dahin viel befahrene Straßen plötzlich nur noch von Fahrrädern oder Elektrorollern genutzt werden? E-Ladestationen und Bike-Sharing-Stationen werden benötigt und die Vermittlung von Häusern ohne Ladesäulen wird schwieriger. Nachhaltige und klimafreundliche Mobilität führt zu Veränderungen der Infrastruktur und kann belastetes Wohnen in lebenswertes Wohnen umwandeln. Mobilitätskonzepte werden somit unter anderem über die Attraktivität und damit auch den Wert, den eine Immobilie in fünf bis zehn Jahren haben wird, entscheiden. All dies wird den Markt neu ordnen – und zu neuen Sichtweisen und Bewertungen führen.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 09/2020 und in unserem ePaper.

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Ein Artikel von
Kurt Friedel