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Steuern & Recht
30. August 2023
Die E-Aktie kommt: Was ändert sich für Anleger und Emittenten?

Die E-Aktie kommt: Was ändert sich für Anleger und Emittenten?

Im August hat das Bundeskabinett den Entwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes beschlossen. Der Entwurf sieht u. a. die Einführung elektronischer Aktien vor. Fachanwalt Oliver Prager beleuchtet, was sich dadurch für Emittenten und Anleger ändert.

2021 führte der Gesetzgeber in Deutschland erstmals elektronische Wertpapiere ein. Damals allerdings wurden Aktien von den neuen Regelungen ausgenommen, denn man befürchtete durch die elektronische Aktie „erhebliche gesellschaftsrechtliche Auswirkungen“. Glücklicherweise scheint die aktuelle Bundesregierung diese Einschätzung ihrer Vorgänger nicht zu teilen und erweitert den Anwendungsbereich der relevanten Gesetze auf elektronische Aktien.

Koexistenz von verbrieften und elektronischen Aktien

Es gibt keinen Zwang zur Dematerialisierung, so dass es auch weiterhin möglich sein wird, „normale“ Aktien auszugeben. Entscheidet sich ein Emittent für die Ausgabe elektronischer Aktien, so sind diese in ein so genanntes zentrales Register oder in ein Kryptowertpapierregister einzutragen. Wie bei den bereits existierenden elektronischen Anleihen wird es daher auch bei elektronischen Aktien eine Unterteilung in Zentralregisteraktien und Kryptoaktien mit unterschiedlichen Regeln geben.

Während Zentralregisteraktien sowohl als Inhaber- wie auch als Namensaktien ausgestaltet sein können, können Kryptoaktien nur als Namensaktien emittiert werden. Denn: Der Gesetzgeber ist der – vielfach kritisierten – Auffassung, Krypto-Inhaberaktien brächten kaum lösbare gesellschafts- und geldwäscherechtliche Probleme mit sich.

Wer darf ein elektronisches Aktienregister führen?

Die Führung zentraler elektronischer Wertpapierregister ist derzeit nur Wertpapiersammelbanken – wie in Deutschland aktuell Clearstream – oder Verwahrern, also Depotbanken, gestattet. Allerdings kann der Emittent selbst das Kryptowertpapierregister führen oder einen anderen Dritten mit der Registerführung beauftragen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass der Dritte in diesem Fall eine Erlaubnis der BaFin benötigt, da das Führen eines Kryptowertpapierregisters eine Finanzdienstleistung ist.

Wer wird im Register eingetragen?

Elektronische Aktien können durch Eintragung des jeweiligen Inhabers (Einzeleintragung) oder durch eine Sammeleintragung registriert werden. Bei der Sammeleintragung wird statt der einzelnen Aktieninhaber eine Wertpapiersammelbank oder ein Verwahrer in das Register eingetragen.

Die Unterschiede wirken sich für Anleger kaum aus

Für den Anleger sind die Unterschiede unter dem Aspekt der Aktionärsrechte irrelevant. Sie ergeben sich lediglich aus den beschriebenen Gestaltungsmöglichkeiten (Zentrales oder Kryptoregister? Einzel- oder Sammeleintragung?).

Erwirbt der Anleger über eine Bank oder einen Broker eine Aktie und legt sie ins eigene Depot, sind die Unterschiede zu verbrieften Aktien nahezu unbedeutend. Es mag allenfalls Kostenvorteile für die elektronische Aktie geben, wobei noch offen ist, wie groß diese sein werden. Anders ist es, wenn man eine Krypto-Aktie ohne Einschaltung eines Intermediärs erwerben und halten will, da man dies dann selbst durch Nutzung der entsprechenden technischen Infrastruktur durchführen und absichern muss.

Nach dem Gesetzesentwurf wird sich also für den Aktionär in der Praxis nichts ändern. Anleger sollten ihren Fokus weiterhin auf den Emittenten und sein Geschäftsmodell richten und weniger auf die Ausgestaltung der Aktie.

Emittenten müssen sich entscheiden

Potenzielle Emittenten dagegen werden tatsächlich eine Entscheidung darüber treffen müssen, wie die von ihnen emittierten Aktien ausgestaltet werden sollen: elektronisch oder verbrieft?

Ein wichtiger Aspekt dürfte dabei die Höhe der Kosten für die Emission und Handhabung der Aktien sein. Da die elektronische Aktie gegenüber der physischen Aktie Effizienzvorteile haben dürfte, die sich in geringeren Kosten niederschlagen werden, könnte dies zu einem wichtigen Argument für elektronische Aktien werden.

Für einige Emittenten könnte es interessant sein, dass Kryptoaktien vom Emittenten selbst und ohne Einschaltung von Intermediären ausgegeben und abgewickelt werden können. Allerdings muss der Emittent dafür eine technische Infrastruktur haben, deren Erwerb oder Entwicklung zunächst einmal Kosten verursacht. Dieser Weg wird daher wahrscheinlich vor allem für Emittenten interessant sein, die mehr als ein Wertpapier emittieren (indem neben Aktien z. B. elektronische Anleihen begeben werden) und die entsprechenden Kosten dadurch auf mehrere Emissionen verteilen können.

Da der (weltweite) Trend weg von der physischen Verbriefung geht, gehen wir davon aus, dass sich die elektronische Aktie auch in Deutschland mittelfristig durchsetzen wird. Aufgrund der Wahlfreiheit, die der Gesetzgeber Emittenten erfreulicherweise lässt, ist aber offen, in welchem zeitlichen Rahmen sich dieser Wandel vollziehen wird. Allerdings wird die physische Aktie dort unverzichtbar bleiben, wo Inhaberaktien ausgegeben werden sollen.

Zum Autor

Rechtsanwalt Oliver Prager ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht bei mzs Rechtsanwälte. Er bietet umfassende Beratungsdienstleistungen für Finanzdienstleister und kleinere und mittelständische Unternehmen an. Seine Expertise umfasst Fragen des Bankaufsichtsrechts sowie Erlaubnisanträge nach KWG und WpIG. Darüber hinaus befasst er sich intensiv mit dem Wertpapierhandelsrecht von der Vertragsausgestaltung bis hin zur Einhaltung bankaufsichtsrechtlicher Vorgaben. Zusätzlich engagiert er sich in der Beratung von Unternehmen bei Finanzierungsfragen, angefangen bei der Auswahl von Finanzierungsinstrumenten bis hin zur Begleitung bei der Emission.

Bild: © mzs Rechtsanwälte