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7. August 2022
Die lernende Organisation – Hinweise für Unternehmen

Die lernende Organisation – Hinweise für Unternehmen

Unternehmen sehen sich in immer kürzeren Abständen mit neuen Problemen und Herausforderungen konfrontiert. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sie sich stetig weiterentwickeln. Eine konstant lernende Organisation ist eine Voraussetzung dafür. Marlen Ellen Tetun erklärt, was das bedeutet.

Ein Artikel von Marlen Ellen Tetun, Head of Learning & Development der BUHR & TEAM AG für mehr Unternehmenserfolg

In der digitalisierten Welt sind Märkte globalisiert: Zulieferer und Abnehmer sind schon lange über verschiedenste Zeitzonen verteilt, sodass auch gesellschaftliche Entwicklungen und ökonomische Krisen anderer Länder Einfluss auf Unternehmen in entfernten Regionen, Ländern und Kontinenten nehmen. Der dafür geprägte Schlüsselbegriff: VUKA. Um in diesen immer kürzeren „Problemzyklen“ wettbewerbsfähig zu sein und zu bleiben, sind Organisationen dazu aufgefordert, sich der Dynamik anzupassen. Es gilt, die konstante (Weiter-)Entwicklung des Unternehmens und seiner Mitarbeitenden zu fördern und durch Vernetzung von Fachbereichen zu neuen, unkonventionellen Lösungen zu kommen. Die Voraussetzung dafür: Eine konstant lernende Organisation, die als kritischer Erfolgsfaktor dient.

Was sind die Vorteile einer lernenden Organisation?

Wie der Name schon sagt, ist einer der Erfolgsfaktoren einer lernenden Organisation, dass ihre Mitarbeitenden sich konstant weiterbilden und weiterentwickeln. Damit gelangen immer mehr Wissen und Kompetenz in das Unternehmen. Doch der echte Wettbewerbsvorteil entsteht aus dem, was mit diesem Wissen geschieht: Mitarbeitende werden durch Unternehmensstruktur und -kultur dazu ermutigt, ihre Kompetenz zu teilen und – einzeln oder mit Kollegen – innovative Ideen zu erarbeiten und umzusetzen. Damit schafft das Unternehmen einerseits hochgradig involvierte und engagierte Mitarbeitende, die sich mit der Organisation identifizieren. Andererseits entstehen auch eine überdurchschnittliche Lösungskompetenz und Anpassungsfähigkeit, die es gerade unter volatilen, unerwarteten Umständen ermöglichen, am Markt zu bestehen – und erfolgreich zu sein, wo Konkurrenten scheitern.

Wie wird das Konzept der lernenden Organisation umgesetzt?

Der Weg zur lernenden Organisation ist in sich schon ein Lernprozess: Klassische Unternehmensstrukturen fördern eher die Weiterentwicklung von Mitarbeitenden in ihren Fachbereichen. Damit forcieren sie unwillentlich immer auch „Wissensinseln“, also Mitarbeitende, die Experten sind, aber deren Know-how nicht die Grenzen der eigenen Abteilung verlässt. Dabei entstehen unkonventionelle, innovative Lösungen meistens, wo unterschiedliche Kompetenzen, Denkweisen und sogar Meinungen aneinandergeraten. Um das zu erreichen, helfen die fünf Kern-Disziplinen lernender Organisationen als Leitplanken für die Unternehmensentwicklung.

Personal Mastery

Personal Mastery beschreibt die Disziplin der Selbstführung und Persönlichkeitsentwicklung. Sie umfasst den Prozess des lebenslangen Lernens in Bezug auf persönliche Ziele und Visionen, individuelles Wachstum und kreative Lebensansichten.

Mentale Modelle

Mentale Modelle sind explizite und implizite Grundannahmen: Eigene Gedanken über Situationen und Zustände entsprechen nicht unbedingt den Ansichten anderer. Mentale Modelle beschreiben damit Glaubenssätze, die im Unterbewusstsein verankert sind und die eigene Handlungsfähigkeit beeinflussen und beeinträchtigen können. Daher ist es wichtig, sie zu entdecken, zu hinterfragen und (wo nötig) gemeinsam zu ändern. Dafür benötigen Führungskraft und Mitarbeitende ein hohes Maß an Selbstreflexion, Offenheit und auch Flexibilität, um mit verschiedensten Meinungen und Mindsets konstruktiv umzugehen.

Gemeinsame Vision

Eine gemeinsame Vision, die auf das Unternehmenswohl ausgelegt ist, ist die Voraussetzung für Gestaltungsfreiheit und -kompetenz von Mitarbeitenden. Aus ihr lassen sich Prioritäten, Ziele und Bewertungskriterien für Ideen und Lösungen ableiten, an denen Teams ihre Aufgaben und Handlungen messen können – und müssen. Diese Zielklarheit schafft damit Fokus, den Raum zur Mitgestaltung und damit Identifikation der Mitarbeitenden mit dem Unternehmen.

Team-Lernen

Team-Lernen schafft im Kern Synergien zwischen dem Wissen verschiedener Mitarbeitender und Teams. Durch das Entwickeln, Zusammentragen und den Austausch unterschiedlicher Experten werden so Ideen und Denkansätze entwickelt, die in ihrer Qualität und Innovation über die Leistung der Einzelnen weit hinausgehen. Team-Lernen ist dann erfolgreich, wenn durch Selbstreflexion und Anpassung (mentale Modelle) und ein übergeordnetes, klares Ziel (gemeinsame Vision) die Rahmenbedingungen für einen offenen, konstruktiven Austausch geschaffen wurden.

Systemdenken

Das Systemdenken hebt die vorhergegangenen Disziplinen auf die Ebene des Gesamtunternehmens. Der Grundgedanke ist es, jeden unternehmensinternen und -externen Einflussfaktor zu kontextualisieren: Welche Ursachen liegen zugrunde? Welche Konsequenzen ergeben sich? Wie beeinflusst ein Zustand, eine Tätigkeit, eine Information etc. alle anderen Unternehmensbereiche und -prozesse?

Jede Organisationsstruktur und -kultur muss anhand ihrer ökonomischen Resultate gemessen werden. Also ist eine lernende Organisation nicht erfolgreich, wenn sie engagierte Mitarbeitende hervorbringt, die durch interdisziplinären Wissensaustausch innovative Ideen entwickeln, sondern erst dann, wenn diese Ideen interne Prozesse effizienter machen. Wenn sie Produktneuheiten entwickeln, die von Kunden nachgefragt werden. Oder wenn sie durch ein tiefgreifendes Verständnis für Trends und Marktdynamiken proaktive Lösungen für Krisen entwickeln, die Konkurrenten noch nicht absehen können.

Wie kann man eine lernende Organisation aufbauen?

Lernende Organisationen bieten Mitarbeitenden nicht einfach die Möglichkeit, an externen Trainings und Weiterbildungen teilzunehmen. Vielmehr verbinden sie die tägliche Arbeit mit kontinuierlichem, bewusstem und unbewusstem Lernen. Damit sind Aufbau und Pflege einer lernenden Organisation Aufgaben, die auf allen Ebenen des Unternehmens vorangetrieben und „gesponsort“ werden sollten.

Die folgenden Punkte sollte man beim Aufbau einer lernenden Organisation beachten:
  • Damit die Mitarbeitenden den Organisationswandel als echte, langfristige Veränderung begreifen können, muss das Management als Befürworter der Entwicklung auftreten und die Entscheidung auch durch ihr Handeln im Alltag unter Beweis stellen.
  • Um echte Veränderung zu bewirken, braucht es eine vom Ende her gedachte Strategie. Dafür sollte man sich, basierend auf den Anforderungen, ein klares Zielbild schaffen und die einzelnen Umsetzungsphasen definieren und terminieren.
  • Es sollten Verantwortliche zur Unterstützung bei der Umsetzung des Zielbilds bestimmt werden. Hier empfiehlt es sich, Repräsentanten aus allen relevanten Unternehmensbereichen einzubinden, um strukturelle und emotionale Voraussetzungen zu schaffen.
  • Damit Mitarbeitende stets die richtigen Informationen parat haben und ihr eigenes Wissen speichern und weitergeben können, muss dafür geeignete Technologie zur Verfügung gestellt werden.
  • Interne Netzwerke sollten unterstützt und Räume für Austausch und auch Spannungsverhältnisse sollten gebildet werden. Diese bilden die Grundlage für Kreativität. Wichtig hierbei: Die Schaffung eines internen Netzwerks darf nicht durch traditionelle Denkweisen und Hierarchien behindert werden. Das verhindert den Erfolg Ihrer lernenden Organisation.
  • Und zuletzt: Für eine lernende Organisation gibt es keine Blaupause. Man entscheidet selbst, was für das Unternehmen, die Kultur, Branche und Mitarbeitenden das Ziel des Wandels ist.

Man muss offen dafür sein, Ziele zu überdenken und neu zu entscheiden. Denn das ist, was eine lernende Organisation im Kern ausmacht!

In dieser Serie stellt Buhr & Team zusammen mit Experten die „New Ways of Learning“ und damit verbundene Vertriebsthemen der Branche vor.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 08/2022, S. 78 f., und in unserem ePaper.

Bild: © Me studio – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Marlen Ellen Tetun