AssCompact suche
Home
Steuern & Recht
6. Oktober 2022
Die rechtlichen Grundlagen von Teilzeitarbeitsmodellen

1 / 2

Die rechtlichen Grundlagen von Teilzeitarbeitsmodellen

Der Engpass an ausbildungsinteressierten jungen Menschen und qualifizierten Fachkräften verlangt nach flexiblen Arbeitsbedingungen. Als eine Lösung gelten Teilzeitarbeitsmodelle. Allerdings ist die genaue Rechtslage häufig ungewiss. Eine Rechtsexpertin erläutert die rechtlichen Grundlagen.

Smaro Sideri, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht sowie Referentin für arbeitsrechtliche Seminare und Workshops

Was ist unter Teilzeit zu verstehen? Wir haben das Teilzeit- und Befristungsgesetz, das die Teilzeit als die Arbeitszeit definiert, die von der betrieblichen Vollzeit abweicht. Es ist also erst mal von der betrieblichen Vollzeit abhängig, ob und wann eine Teilzeit besteht. In manchen Unternehmen beträgt die Wochenarbeitszeit als Vollzeit 36 Stunden, in anderen wäre das schon Teilzeit. Teilzeit ist jedenfalls nicht zwingend 50% der Arbeitszeit. Eine 30-Stunden-­Woche ist genauso Teilzeit wie auch eine 18-Stunden-Woche. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz sieht inzwischen zwei Möglichkeiten und zwei gesetzliche Ansprüche zur Reduzierung der Arbeitszeit vor.

Unbefristete Teilzeit

Ab einer Betriebsgröße von mehr als 15 Beschäftigten haben Mitarbeiter die Möglichkeit, einen Antrag auf Reduzierung ihrer Arbeitszeit zu stellen. Sie können angeben, wie viele Stunden in der Woche oder im Monat sie arbeiten möchten und wie die Arbeitszeit verteilt werden soll. Dieser Antrag muss zumindest per E-Mail konkret formuliert sein und eine Frist von drei Monaten bis zum Beginn der gewünschten Teilzeit einhalten.

Dieser Teilzeitwunsch soll vom Arbeitgeber mit den Beschäftigten besprochen werden mit dem Ziel einer einvernehmlichen Vereinbarung, so sieht es § 8 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) vor. Dabei kann gegebenenfalls die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit anders gelegt werden oder der Umfang der Arbeitszeitreduzierung im gemeinsamen Gespräch anders vereinbart werden.

Wird man sich nicht einig, muss eine Entscheidung getroffen werden. Der Arbeitgeber kann die gewünschte Reduzierung der Arbeitszeit aus „betrieblichen Gründen“ ablehnen. Solche betrieblichen Gründe können organisatorische Gründe sein, wenn zum Beispiel die begehrte Teilzeit nicht in ein bestehendes Arbeitszeitsystem passt oder aufgrund der erforderlichen Kundenerreichbarkeit bestimmte Arbeitszeiten abgedeckt sein müssen. Weitere betriebliche Ablehnungsgründe können darin liegen, dass die Teilzeit mit erheblichen, unzumutbaren Kosten verbunden ist oder aus Sicherheitsgründen nicht möglich ist.

Die Entscheidung des Arbeitgebers, den Teilzeitantrag zu genehmigen oder abzulehnen, muss in Textform spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Teilzeit an die Beschäftigten erfolgen. Wird diese Frist versäumt, gilt der Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit als genehmigt.

Lehnt der Arbeitgeber einen Teilzeitantrag form- und fristgerecht ab, hat der Mitarbeiter die Möglichkeit, die Berechtigung der Ablehnung über das Arbeitsgericht klären zu lassen. Vor Gericht werden dann die Ablehnungsgründe des Arbeitgebers geprüft und je nach Sachverhalt können die vorgetragenen Ablehnungsgründe unzureichend sein.

Eine gerichtliche Auseinandersetzung im Arbeitsverhältnis ist allerdings selten zielführend, sodass idealerweise im Vorfeld die Erwartungen und Möglichkeiten zwischen Beschäftigtem und Arbeitgeber offen angesprochen und geklärt werden sollten.

Brückenteilzeit und befristete Teilzeit

Seit 01.01.2019 gibt es einen weiteren Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit in Betrieben mit mehr als 45 Beschäftigten, die sogenannte „Brückenteilzeit“. Damit haben Beschäftigte die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit für einen befristeten Zeitraum zu reduzieren. Diesen gesetzlichen Anspruch haben Beschäftigte genauso wie bei der unbefristeten Teilzeit nach einer Betriebs­zugehörigkeit von sechs Monaten.

Einvernehmlich konnte man eine befristete Teilzeitbeschäftigung natürlich schon immer vereinbaren. Nur einen gesetzlichen Anspruch gab es so bisher nicht. Um einen Weg aus der sogenannten Teilzeitfalle zu schaffen – einmal Teilzeit, immer Teilzeit – wurde die befristete Reduzierung der Arbeitszeit mit § 9a TzBfG eingeführt. Es kann nun schon mit dem Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit angegeben werden, für welchen Zeitraum in einer vorgegebenen Zeitspanne zwischen einem Jahr und fünf Jahren die reduzierte Arbeitszeit gelten soll. Der Umfang der reduzierten Arbeitszeit ist nicht vorgegeben. Es gibt keine festgelegte Stunden­anzahl. Es ist auch keine bestimmte Begründung für die Arbeitszeit­reduzierung erforderlich. Nach Ablauf dieser Zeit lebt dann die ursprüngliche Arbeitszeit wieder auf.

Die Brückenteilzeit soll damit auch wieder die Rückkehr in die Vollzeit ermöglichen, dadurch dass von Anfang an eine befristete Reduzierung der Arbeitszeit beantragt wird.

Einen anderen gesetzlichen Anspruch einer Teilzeitkraft auf Erhöhung der Arbeitszeit gibt es nicht. Es gibt nur den Anspruch (nach § 9 TzBfG) auf bevorzugte Berücksichtigung bei der Besetzung von Vollzeitstellen bei gleicher Eignung. Ansonsten ist natürlich jederzeit einvernehmlich eine Vertragsänderung möglich.

Seite 1 Die rechtlichen Grundlagen von Teilzeitarbeitsmodellen

Seite 2 Regelungen für individuelle Vereinbarungen

 
Ein Artikel von
Smaro Sideri