AssCompact suche
Home
Software
19. Mai 2022
Digitale Postfächer anstelle von Papierbergen
Businessman is opening and searching for digital data files.

Digitale Postfächer anstelle von Papierbergen

DSwiss ist spezialisiert auf Digitalisierungsprojekte für Versicherer und betreibt mit SecureSafe einen Passwort- und Dateimanager für 1,5 Millionen Benutzer. Im Interview erklärt Geschäftsführer Dr. Tobias Christen, wo Herausforderungen der Branche liegen und Wettbewerbsvorteile entstehen.

Herr Dr. Christen, die Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung rücken im Versicherungsmarkt immer näher zusammen. Wie sehen Sie das?

In der Tat beschäftigen sich viele Versicherungen aktuell mit dem Thema Nachhaltigkeit. Die Versicherungen möchten ihre Prozesse komplett digitalisieren und CO2-neutral machen. Dieser Bereich bietet viel Potenzial, weil jährlich Millionen von Dokumenten versendet werden müssen. Dazu gehören etwa Rechnungen, Wertbestätigungen, Policen und vieles mehr.

Könnten die Versicherer diese Unterlagen nicht einfach per E-Mail versenden?

Technisch gesehen schon. Die Unternehmen müssen sich aber aktuell mit den rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der verschärften Datenschutzgesetzgebung beschäftigen. E-Mail-Versand ist unsicher und für sensible Informationen ungeeignet, weil er von Cyberkriminellen abgefangen werden kann. Zudem müssen die Unternehmen häufig eine sehr große Anzahl Dokumente austauschen, was über E-Mail-Programme aufwendig und unübersichtlich ist und zusätzliche Aufwände für die Kunden und die Versicherungsberater bedeutet.

Welche alternativen Möglichkeiten gibt es zum E-Mail-Versand?

Ideal sind digitale Postfächer, um die papierlose Übergabe von Dokumenten datenschutzkonform durchzuführen und den Kundinnen und Kunden die volle Kontrolle über die eigenen Daten zu ermöglichen. Mit diesem Thema hat sich 2017 auch schon der Europäische Gerichtshof befasst und dabei definiert, wie die digitale Zustellung geregelt sein muss.

Wie genau funktionieren denn diese Postfächer?

Digitale Postfächer ermöglichen es Versicherern, die Unterlagen ihren Kunden papierlos und verschlüsselt auszuliefern. Diese können die Dokumente anschließend einmalig ohne Log-in oder über das Portal mit Log-in einsehen. Der Vorteil dabei: Die Unterlagen werden den Kundinnen und Kunden übergeben und verlassen dabei den Zugriffsbereich der Versicherungen. Für Versicherungs­geschäfte wie zum Beispiel den Abschluss einer Kranken- oder Lebensversicherung bieten sich darüber hinaus verschlüsselte Austauschplattformen an, wobei strukturiert Dokumente angefordert und austauscht werden können. Dies schafft für beide Seiten eine Zeitersparnis bei der Administration, senkt die Portokosten und verbessert den Kundenservice.

Wollen denn die Kunden aber überhaupt solche Lösungen?
Oftmals schenken sie ihrer Privatsphäre weniger Aufmerksamkeit als die Versicherer oder Finanzdienstleister?

Der Datenschutz ist ein Grundrecht sämtlicher Bürgerinnen und Bürger. Und es ist ein Recht, für das wir uns angesichts der umfangreichen modernen Datenerfassung unbedingt einsetzen müssen. Seit Edward Snowdens Veröffentlichungen über die systematische Überwachung durch die amerikanische Regierung und seit dem Facebook-Skandal wurde uns allen bewusst, dass die Digitalisierung mit neuen Bedrohungen für die Privatsphäre einhergeht.

Ein anderes Beispiel ist China, das seine Einwohner permanent mit Gesichtserkennungskameras überwacht. Neben der Überwachung ist der Schutz der Privatsphäre auch durch immer raffiniertere Angriffe von Cyberkriminellen bedroht. Damit diese nicht gestohlen werden, ist es wichtig, die Sicherheit und den Schutz kontinuierlich zu verbessern.

Wo sehen Sie weitere Chancen für Versicherungsgesellschaften bei der Digitalisierung?

Die Interaktionsprozesse zwischen den Kunden und den Versicherern werden durch die Digitalisierung vereinfacht. So können zum Beispiel die Unterlagen für Kranken- und Lebensversicherungskunden digital eingefordert und Verträge digital unterschrieben werden, was Kosten spart und den Prozess beschleunigt.

Zudem schaffen neue digitale Zusatzservices wie Passwortmanager oder hochsichere Onlinespeicher weitere Vorteile für die Versicherer und ihre Kunden. Die Zusatzservices können beim Policenabschluss gebündelt werden, wodurch die Kundinnen und Kunden von Cyberversicherungen mehr Schutz vor Datendiebstahl oder Datenverlust erhalten. Die Versicherer schaffen ihrerseits ein noch breiteres Dienstleistungs­angebot und verbessern gleichzeitig die Marge, da die Anzahl der Schadenfälle reduziert wird.

Über DSwiss

Die in Zürich ansässige Firma DSwiss ist Anbieter von digitalen Sicherheits- und Aufbewahrungssystemen. Das 2008 gegründete Unternehmen bietet digitale Safes, Postfächer und Austauschplattformen für Kunden­berater und Kunden. Banken, Versicherungen und Sicherheitsdienstleister setzen auf die IT-Dienstleistungen von DSwiss (www.dswiss.com). Seit April 2022 ist DSwiss offizielles Förderunternehmen im BiPRO e.V.

Der Geschäftsführer von DSwiss, Dr. Tobias Christen, verfügt über 20 Jahre Erfahrung in der Softwareentwicklung. Vor der Mitbegründung von DSwiss war er für die Entwicklung der Sicherheitsarchitektur einer großen internationalen Versicherungsgesellschaft verantwortlich und war technologischer Leiter eines Unternehmens für IT-Sicherheitsprodukte.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 05/2022 und in unserem ePaper.

Bild: © Aukid – stock.adobe.com; Porträtfoto: DSwiss

 
Interview mit
Dr. Tobias Christen