AssCompact suche
Home
Management & Wissen
4. Mai 2021
Digitalisierung von Provisionsabrechnung und Maklerinkasso

Digitalisierung von Provisionsabrechnung und Maklerinkasso

2020 startete eine von GDV und BiPRO initiierte Offensive zur Optimierung des Abrechnungsverkehrs zwischen Versicherern und Maklern. Bereits 2017 hatten sich Akteure für eine Normierung auf Basis der BiPRO-Norm 430.7 ausgesprochen. Konkret wurde es mit DIOPLUS. Ein Update.

Interview mit Ralph Herchenbach (HDI Service), Sprecher des Steuerungskreises der DIOPLUS, Stellvertreter Holger Mardfeldt (Martens & Prahl Versicherungskontor), und Mitglied Marc Rindermann (Assfinet)
Herr Herchenbach, wie kam es 2020 zur Initiative DIOPLUS und warum ist das nicht ganz neue Thema Abrechnungsverkehr aus Ihrer Sicht gerade jetzt von Bedeutung?

Herchenbach: Die in der Öffentlichkeit und in den unterschiedlichen Branchen viel diskutierte Notwendigkeit einer Digitalisierung betrifft natürlich auch die Versicherungswirtschaft und in diesem Fall auch die Zusammenarbeit von Versicherungsunternehmen und Maklern. Hier geht es um Datenaustausch in einem riesigen Umfang, bei dem alle Beteiligten ein Ziel verfolgen: eine Steigerung von Qualität, Effektivität und Effizienz. Und wie so oft ist der Weg dorthin kein leichter. In den zurückliegenden Jahren wurde in verschiedenen Projekten, zeitweise mit mehr als 25 Unternehmen, an den Grundlagen für eine weitreichende Digitalisierung gearbeitet mit dem Ergebnis, dass seit Ende 2019 eine nochmals überarbeitete BiPRO-Norm 430.7 vorliegt.

Diese Norm deckt nunmehr alle Belange sowohl des Alleinzeichnungsgeschäftes wie auch des Mitversicherungsgeschäftes für alle Beteiligten ab. Die DIOPLUS ist insofern der konsequente nächste Schritt, um einen Standard in die operative Umsetzung und auch in die möglichst flächendeckende Akzeptanz zu bekommen.

Daher gebe ich Ihnen recht, das Thema Abrechnungsverkehr und das diesbezügliche Optimierungspoten­zial sind nicht neu. Aber lassen Sie mich die Initiative so beschreiben: Noch nie war es den beteiligten Unternehmen so ernst, nie gab es ein solches vergleichbares Commitment und noch nie waren die Grund­lagen und Rahmenbedingungen dafür besser als heute. Genau diese Rahmenbedingungen gilt es jetzt nach dem Motto „Wenn nicht jetzt, wann dann“ zu nutzen, mit deutlichen Vorteilen für alle Beteiligten und damit letztlich zum Nutzen der Kunden.

Herr Mardfeldt, die DIOPLUS ist ein neues Format eines Umsetzungsprojekts des BiPRO e. V. Was sind die Besonderheiten?

Mardfeldt: Das Besondere einer Dioplus ist ihre Verbindlichkeit! In der DIOPLUS verpflichten sich die Teilnehmer anhand eines Letter of Intent zur Implementierung der Norm in einem bestimmten Zeitrahmen. Um den Zeitplan einzuhalten und die Projektziele zu verwirklichen unterstützt ein Steuerungskreis alle Projekt­phasen. Unsere DIOPLUS hat den Fokus auf einer weiten Verbreitung und Akzeptanz der Norm 430.7 im Markt. Kurzum: Wir wollen auch im Abrechnungsverkehr den EINEN Marktstandard einführen und den Schatz der Standardisierung gemeinsam heben.

Warum ist das Thema Maklerinkasso immer noch bzw. gerade jetzt aktuell?

Mardfeldt: Für uns Makler sind zwei Abrechnungsarten wesentlich: zum einen das Vermittlerinkasso, auch Maklerinkasso genannt. Dieses finden wir meist im Gewerbe- und Industriegeschäft. In diesem Individualgeschäft ist eine penible Rechnungsprüfung, die Aufteilung der Prämienbeträge auf verschiedene Kostenstellen der Versicherungsnehmer, Rechnungsstellung und – nach Begleichung der Prämienrechnungen durch die Kunden – die Abrechnung mit allen beteiligten Versicherern laut Beteiligungsliste alles andere als trivial. Für das einfachere Geschäft, zum Beispiel die Privatsparten, wird meist das Versichererinkasso, auch Direktinkasso genannt, verwendet. Dieses beinhaltet die Provisionsabrechnung in Sammellistenform. Für uns als Makler, aber auch für die Versicherer ist der wichtigste Aspekt in der Umsetzung der BiPRO-Norm 430.7 die Optimierung unserer Prozesse.

Heute erhalten wir Abrechnungen, Kontoauszüge, Offene-Posten-Listen und Kläranfragen über verschiedene Wege und in verschiedenen Formaten, das Gleiche gilt auch für unsere Partner auf Versichererseite. Damit ist ein erheblicher manueller Verwaltungsaufwand verbunden. Mit der Umsetzung der Norm können wir durch die standardisierte Übertragung einen immensen Anteil der Bearbeitung automatisieren. Wir schaffen hierdurch einen echten Mehrwert in der Digitalisierung unserer Prozesse.

Herr Rindermann, auch Sie sind Mitglied des Steuerungskreises und Geschäftsführer eines MVP-Herstellers. Wie fällt Ihr Urteil aus?

Rindermann: Die Verarbeitung des Vermittlerinkassos und der Provisionsabrechnungen ist ein zentraler Bestandteil professioneller Maklerverwaltungsprogramme. Dabei bieten moderne MVPs heute einen hohen Grad an Automatisierung der internen Abrechnungsprozesse. Der Austausch und die Abstimmung der erzeugten Abrechnungen mit den Produktgebern sind aber nach wie vor für Vermittler und Versicherer ein hochmanueller und arbeits­intensiver Prozess. Die Standardisierung des Datenaustausches sowie die Digitalisierung der Prozesse im Abrechnungsverkehr bilden somit einen weiteren wichtigen Baustein der Digitalisierungsstrategie von Vermittlern. Der erste Kunde rechnet bereits nahezu vollständig dunkel mit einem Versicherer ab. Lediglich die Störfälle werden noch manuell bearbeitet.

Eine Besonderheit ist, dass Sie ein gemeinschaftliches Projekt von GDV und BiPRO steuern.
Wie kommt es zu dieser Zusammenarbeit?

Herchenbach: Ich bin ausgesprochen froh darüber, dass es nach einer Reihe von vorausgegangenen Gesprächen am Ende auf eine bis heute beeindruckende Art und Weise gelungen ist, eine gemeinsame Initiative zu starten. Dies kann nur gelingen, wenn sich alle betroffenen Parteien als Beteiligte einbringen und sich zu Beginn ein Personenkreis – wir sagen „First Mover“ dazu – einem gemeinsamen Ziel verschreibt.

Denn Standardisierung und Digitalisierung im Abrechnungsverkehr können am Ende nur erfolgreich sein, wenn sich Versicherungsunternehmen, Makler und Hersteller von Maklerverwaltungsprogrammen zusammentun und gemeinsam agieren. Den stabilen Rahmen dafür bilden GDV und BiPRO, um die Einhaltung des Standards abzusichern, eine Akzeptanz der BiPRO-Norm 430.7 sicherzustellen und den Einsatz in der Branche nachhaltig zu fördern und zu unterstützen. Alle Parteien und beteiligten Unternehmen sind gleichberechtigte Mitglieder im Steuerungskreis der DIOPLUS.

Was die bisherigen Teilnehmer angeht, so sind auf Maklerseite Aon, Martens & Prahl und Ecclesia beteiligt, als MVP-Hersteller beteiligen sich Assfinet und Smart InsurTech. Vonseiten der Versicherer sind derzeit Allianz, AXA, Barmenia, Generali, Gothaer, HDI, R+V, Sparkassen Versicherung und Versicherungskammer Bayern mit dabei. Zudem sind weitere Dienstleister in der Abrechnungskette auf Maklerseite mit eingebunden und wir alle sind zuversichtlich, dass im Verlauf dieses Jahres weitere Unternehmen hinzukommen werden. Wie sagen wir immer: „Viele Partner, aber eine Sprache“ – und dies steht im O wahrsten Sinne der Worte auch für die Zusammenarbeit in der DIOPLUS.

 

Digitalisierung von Provisionsabrechnung und Maklerinkasso

 

Wie ist die Zeitplanung in der DIOPLUS? Wann ist mit den ersten Umsetzungen zu rechnen?

Rindermann: In der DIOPLUS haben wir verschiedene Teilprojekte. Im Vermittlerinkasso haben wir bereits 2020 mit der Umsetzung begonnen und die ersten Versicherungsunternehmen sind mit den ersten Maklern bereits in der produktiven Abrechnung. Das Ganze ist im Moment noch im Parallel­betrieb, um sicherzustellen, dass bei der Abrechnung auch keine Fehler passieren. Nachgelagerte Prozesse wie die Offene-Posten-Liste und Klärungsanfragen werden aktuell noch umgesetzt. Hier erwarten wir die ersten Produktivsetzungen bis Mitte 2021.

Mit den Teilprojekten Versichererinkasso – dem Vermittler als Provisionsabrechnung geläufig – sowie Führung und Beteiligung starten wir in der zweiten Jahreshälfte 2021. An diesen Teilprojekten können sich auch noch weitere Unternehmen gerne beteiligen. Nähere Informationen findet man hierzu auf der BiPRO-Website.

Was sind die Voraussetzungen, um bei den Teil- und Folgeprojekten mit dabei zu sein?

Herchenbach: Die DIOPLUS steht allen Mitgliedern der BiPRO und/oder des GDV offen. Das Einzige, was es neben der Bereitschaft, sich aktiv einzubringen und zu beteiligen, noch braucht, ist Verbindlichkeit in den Aussagen und im Miteinander. Innerhalb der DIOPLUS gibt es eine Reihe von Implementierungsteams und auch Patenschaften für Neueinsteiger, sodass sich die jeweils beteiligten Unternehmen auf die Teammitglieder verlassen können müssen. Die Kosten für eine Beteiligung sind übrigens sehr überschaubar, der Mehrwert durch eine Umsetzung im Team in Verbindung mit einem fachlichen Austausch dagegen extrem wertvoll.

Die Digitalisierung hat während der Corona-Pandemie einen Schritt nach vorn gemacht. Welchen Beitrag zur Digitalisierungsstrategie Ihres Unternehmens oder der Versicherer allgemein leistet die BiPRO-Norm 430.7, Herr Herchenbach?

Herchenbach: Unser Haus gehört mit zu den Entwicklern der BiPRO-Norm 430.7 und den Initiatoren der DIOPLUS. Für uns ist die Umsetzung dieser Norm ein wesentlicher Bestandteil unserer Strategie zum nachhaltigen Ausbau einer digitalen Kommunikation mit unseren Kunden, Geschäfts- und Vertriebspartnern. Diese Schnittstelle ist uns sehr wichtig, nicht nur unter Effizienz- und Effektivitätsgesichtspunkten, sondern auch in Bezug auf die Erwartungshaltung unserer Kunden und Partner. Wir verstehen den Abrechnungsverkehr mit Maklern und anderen Versicherungsunternehmen als einen gegenseitigen Service, den es gemeinsam weiter zu optimieren gilt.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 04/2021, Seite 76 ff., und in unserem ePaper.

Bild: © NicoElNino – stock.adobe.com

 
Ein Interview mit
Ralph Herchenbach
Holger Mardfeldt
Marc Rindermann