„Der Gesetzgeber ist verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass es in keinem Fall zu einer „doppelten Besteuerung“ [von Renten aus der Basisversorgung] kommt.“ So lauteten die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) im Mai 2021, worin sich die BFH-Richter mit der Doppelbesteuerung der gesetzlichen Rente befassten (Az. X R 20/19 und X R 33/19). Zwar sei die aktuelle Ausgestaltung der Rentenbesteuerung verfassungskonform, wie die Richter damals feststellten (AssCompact berichtete). Zugleich merkte der BFH allerdings an, dass es angesichts des Übergangs zur nachgelagerten Rentenbesteuerung absehbar zu einer massenhaften verfassungswidrigen Doppelbesteuerung von Renten kommen könnte.
Ampel greift Problematik der Doppelbesteuerung an
Zur Vermeidung dieser Doppelbesteuerung für künftige Rentenjahrgänge hatte daher die Bundesregierung aus SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP beschlossen und per Gesetz umgesetzt, dass die Rentenbeiträge bereits ab Beginn diesen Jahres vollständig steuermindernd berücksichtigt werden. Damit aber noch nicht genug. Im kürzlich vorgestellten Regierungsentwurf zum Wachstumschancengesetz – einem Gesetz zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland (AssCompact berichtete) – wurde eine weitere Maßnahme angekündigt.
So soll nun ebenfalls beginnend mit dem Jahr 2023 der steuerpflichtige Anteil der Rente für Neurentner jährlich nur noch um 0,5 Prozentpunkte anstelle der bisher vorgesehenen 1,0 Prozentpunkte ansteigen. Eine vollständige Besteuerung der Rente betrifft daher erst Neurentner ab dem Jahr 2058, anstatt wie ursprünglich geplant ab 2040. Der im Jahr 2005 begonnene Übergangszeitraum zur vollständigen nachgelagerten Besteuerung von Renten aus der Basisversorgung wird somit bis zum Jahr 2058 verlängert.
Dritte Gesetzesmaßnahme kündigt sich an
Allerdings: Die Bundesregierung sieht mit den beiden bereits beschlossenen Maßnahmen die Vermeidung einer Doppelbesteuerung immer noch nicht komplett ausgeräumt. So heißt es im Regierungsentwurf auf S. 145: „Die vorliegende Anpassung sowie die bereits umgesetzte Anpassung des Sonderausgabenabzugs [...] werden jedoch nicht ausreichen, um ‚doppelte Besteuerungen‘ für alle zukünftigen Rentenkohorten vollständig zu vermeiden." Zudem würden diese beiden Anpassungen erst ab dem Jahr 2023 greifen und daher ihre Wirkung erst für Rentenjahrgänge ab 2023 entfalten. „Zur vollständigen Vermeidung einer doppelten Besteuerung sowohl für zukünftige Rentenkohorten, aber auch zur Beseitigung von gegebenenfalls im Einzelfall bereits eingetretener ‚doppelter Besteuerung‘ in Bestandsrentenfällen seien weitere Regelungen erforderlich, die zeitnah in einem dritten Schritt gesetzlich geregelt würden“, schreibt der Regierungsentwurf weiter. Kurzum: Es ist davon auszugehen, dass die Ampel in absehbarer Zeit Bezieher von gesetzlichen Renten noch stärker steuerlich entlasten möchte als bislang geplant.
Hintergrund der Debatte
Hintergrund des Urteils des BFH ist eine 2005 begonnene Umstellung des Systems der Besteuerung von Renten aus der Basisversorgung. Diese umfasst Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse, den berufsständischen Versorgungseinrichtungen und aus Basisrentenverträgen („Rürup“-Renten). Mit dem Alterseinkünftegesetz wird die damalige sogenannte vorgelagerte Besteuerung in einer langen Übergangsphase schrittweise in die nachgelagerte Besteuerung überführt. Das bedeutet: Im Erwerbsleben lassen sich die Aufwendungen für Altersvorsorge steuerlich geltend machen, die aus diesen Aufwendungen resultierenden Renten werden dann in der Auszahlungsphase aber vollständig in die Besteuerung einbezogen. (as)
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