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3. September 2020
Durchhaltevermögen, Transparenz, Neugier

Durchhaltevermögen, Transparenz, Neugier

Mit seinem Unternehmen cyclos design will Frank Seepe auch kleinen Betrieben dabei helfen, zu einer Marke zu werden. Seinen Kunden hilft er, ihre eigenen Stärken zu erkennen und diese authentisch zu verkörpern. Nur so können sie auf dem Markt sichtbarer werden. Doch dafür muss mehr als nur die Leistung stimmen.

Herr Seepe, Sie helfen großen wie kleinen Unternehmen, zu einer Marke zu werden. Woher kommt Ihre Leidenschaft für das Thema?

Als wir mit cyclos an den Start gingen, waren die meisten unserer Kunden kleine Unternehmen, die in einem hart umkämpften Markt agierten und sich gegen große, scheinbar übermächtige Wettbewerber behaupten mussten. Durch sorgfältige Analysen erkannten wir, dass diese kleinen Unternehmen in der Qualität ihrer Leistung den marktbeherrschenden Großunternehmen keineswegs unterlegen waren. Im Gegenteil: In Teilbereichen boten die „Kleinen“ sogar bessere Leistungen, vor allem im kundenorientierten Service. Die Kernaufgabe bestand also darin, diese Leistungsstärke und das Unternehmen dahinter im Markt sichtbar zu machen. Das haben wir vor allem durch intelligentere, frechere und mutigere Kommunikation erreicht. Zum Beispiel durch mutigere Messeauftritte, die sich von den standardisierten Standkonzepten anderer Aussteller deutlich unterschieden. So wurden diese vergleichsweise kleinen Unternehmen von potenziellen Kunden positiv wahrgenommen und konnten schnell Erfolge gegen die Marktgiganten erzielen. Um mal eine Größenordnung zu nennen: Nicht selten traten unsere Kunden mit etwa 25 Mitarbeitern gegen Wettbewerber an, die mehrere 1.000 Mitarbeiter beschäftigten. Indem wir den kleinen Unternehmen einen stimmigen und überzeugenden Markenauftritt verschafften, wirkten sie nach außen größer und traten aus dem Schatten der wirklichen Giganten heraus. Dies war oft der Beginn schnellen Wachstums und nachhaltiger Erfolge.

Sie sprechen gerne von Sichtbarkeit auf dem Markt. Wie helfen Sie Ihren Kunden dabei, sichtbarer zu werden?

Viele Unternehmer glauben, dass gute Produkte oder Dienstleistungen allein schon für den wirtschaftlichen Erfolg ihres Unternehmens sorgen werden. Doch das stimmt nicht. Es ist ja quasi ein Naturgesetz, dass ich ein Produkt nur dann kaufen kann, wenn ich es zuvor wahrgenommen habe. Deshalb ist die Sichtbarkeit einer Marke die Grundvoraussetzung für deren Erfolg. Allerdings darf man nicht den Fehler machen, Sichtbarkeit im Markt nur auf das visuelle Erscheinungsbild zu beschränken. Entscheidend ist es, ein authentisches, stimmiges Markenprofil zu schaffen. Also: Was macht den Markenkern aus? Was ist das Besondere, Unverwechselbare, Einzigartige? Wir sind immer wieder erstaunt darüber, dass Unternehmen die eigene Kraft und ihre besondere Ausstrahlung nach außen nicht wirklich kennen. Deshalb sind zu Anfang die Analyse und der Abgleich von Selbstbild und Fremdbild essenziell. Ohne eine solche Analyse lässt sich kaum eine erfolgreiche Strategie entwickeln. Die aber ist später der bestimmende Kompass für den Marken­auftritt insgesamt, für alle Botschaften und Designentscheidungen.

Viele Makler verweigern sich dem Druck, eine Nische zu bedienen und das Unternehmen auf eine eng um­rissene Zielgruppe auszurichten. Sie bleiben lieber Generalisten. Kann so etwas auf Dauer gut gehen?

Ich denke, diese Frage lässt sich nicht allgemeingültig beantworten. Wie ich soeben schon sagte, ist es wichtig, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen – und natürlich auch, die Bedürfnisse des Marktes zu kennen. So kann es durchaus sinnvoll sein, sich auf eine Marktnische zu spezialisieren, diese fachliche Exzellenz in den Markenkern zu integrieren und als Spezialist auf einem Gebiet den Wettbewerb abzuhängen. Das setzt natürlich voraus, dass innerhalb des betreffenden Marktsegments ausreichend Nachfrage besteht oder durch neue Produkte und Konzepte generiert werden kann. Genauso gibt es sicherlich Konstellationen zwischen einem Unternehmen und seinem Marktumfeld, in denen die Positionierung als Generalist die klügere Entscheidung ist. Zum Beispiel dann, wenn potenzielle Kunden gerne ein breites Leistungsportfolio aus einer Hand beziehen oder wenn sich der Markt in seinen Teilsegmenten im Umbruch befindet und die Entwicklung des Marktbedarfs nicht absehbar ist. Unterm Strich: Es gibt sowohl Spezialisten als auch Generalisten, die großen Erfolg haben – und auch solche, die scheitern. Auch hier hilft eine gründ­liche Analyse der eigenen Stärken und Schwächen sowie des aktuellen und künftigen Marktumfelds, um die richtige strategische Entscheidung zu treffen.

Wie groß muss ein Unternehmen denn Ihrer Ansicht nach sein,
um überhaupt als Marke wahrgenommen werden zu können? Haben kleine Maklerbetriebe da eine Chance?

Ja, natürlich. Das haben wir in anderen Dienstleistungsbranchen schon eindrucksvoll erlebt. Wenn der Markenkern sorgfältig erarbeitet und das Marken­bild gut entwickelt sind, haben auch kleine Maklerbetriebe große Erfolgs­chancen. Natürlich müssen Faktoren wie Kompetenz, Integrität und Leistungsbereitschaft ebenso stimmen. Häufig argumentieren potenzielle Kunden, dass eine starke Marke nur großen Unternehmen helfen könne, erfolgreicher zu sein. Für Einzelpersonen oder kleine Gesellschaften gelte dies nicht – auch weil es finanziell nicht zu stemmen sei, hören wir dann oft. Wir glauben jedoch daran, dass jeder Mensch und jede Organisation eine ganz individuelle Kraft in sich trägt. Mithilfe eines starken Sparringspartners kann dieses oft ungeahnte Potenzial freigesetzt werden. Auch ein einzelner Makler als Soloselbstständiger wird – sobald er sich aus der Masse der vergleichbaren Anbieter heraushebt – greifbarer, sichtbarer und vor allem erlebbarer. Und infolge dessen auch erfolgreicher.

Welche drei Tipps haben Sie für ehrgeizige Unternehmer, die etwas erreichen wollen und ihr Unternehmen gerne als Marke etablieren möchten?

Auch hier sei noch einmal gesagt: Zunächst muss die Leistung stimmen! Und das muss potenziellen Kunden gegenüber sichtbar gemacht werden. Für die Etablierung einer Marke braucht ein Unternehmen erst einmal Durchhaltevermögen. Denn eine Marke ist kein Konstrukt, das an einem Tag erbaut wird und dann fertig ist. Eine Marke will aktiv und lebendig sein. Darum ist Durchhaltevermögen für den Markenauftritt entscheidend. Die Markenpositionierung muss als dauerhafte Entwicklung verstanden werden – als eine Persönlichkeit, die aktuelle Bedingungen als Anlass nimmt, sich immer wieder neu zu erfinden. Als nächstes spielt Transparenz eine elementare Rolle. Ein erfolgreicher Markenauftritt lebt von Authentizität. Dazu gehört auch, ein Stück von sich nach außen zu tragen. Menschlichkeit und Wissen sind Trumpf. Oft hören wir: „Ich mache meinen Wettbewerber doch nicht schlau.“ Die Realität zeigt jedoch, dass Wissensvermittlung immer honoriert wird und letztendlich in Mehrumsatz mündet. Last, but not least: Neugier. Schon immer – nicht erst im Zeitalter der Digitalisierung – zahlt es sich aus, nicht auf einem vorgezeichneten Weg zu verharren, sondern immer wieder nach links und rechts zu schauen, um offen für Neues zu bleiben. Natürlich läuft man hierbei immer mal wieder in eine Sackgasse und erhält Rückschläge, jedoch haben wir deutlich mehr Beispiele, in denen der Mut belohnt wurde.

Haben Sie auch Tipps, wie Unternehmen ihre Mitarbeiter darin bestärken können, sich mit dem eigenen Unternehmen und der eigenen Marke zu identifizieren?

Durchaus, denn hierauf können der Unternehmer und die Führungskräfte des Unternehmens entscheidend einwirken. Eine Chance, die leider oft vertan wird! Wir erleben immer wieder, dass die Mitarbeiter eines Unternehmens gar nicht wissen, durch welche Stärken sich ihr Unternehmen auszeichnet und wie positiv es im Markt wahrgenommen wird. Das liegt oft daran, dass der Markenkern nicht hinreichend nach innen, ins Unternehmen hinein, kommuniziert wird. Dabei ist das so wichtig! Das sehen wir in Unternehmen, die ihren Markenkern kennen und diesen nicht nur nach außen, sondern auch nach innen kommuni­zieren. Hier erkennen Mitarbeiter den Wert ihres Unternehmens, sie sind stolz auf ihre eigene Leistung und auf die Produkte, an deren Entstehung sie beteiligt sind. So werden sie Teil des Erfolgs und können sich viel leichter mit ihrem Unternehmen identifizieren. Kommt dann noch eine Unternehmenskultur hinzu, die Mitarbeiter in Entscheidungen und Entwicklungen einbezieht, eine Kultur, die auf Fairness und Menschlichkeit setzt, dann sind das beste Bedingungen für ein hoch motiviertes Team.

Was tun Sie und ihre Co-Geschäftsführerin Jutta Schnieders dafür,
dass sich Ihr Unternehmen cyclos als Marke etabliert?

Zunächst einmal: gute Arbeit leisten! (lacht) Und natürlich beherzigen wir das, was wir unseren Kunden raten, auch für unsere eigene Marktpräsenz. So haben wir selbst mit großer Hingabe den Markenkern von cyclos erarbeitet – und wir überprüfen ihn immer wieder. Eine Konsequenz daraus ist zum Beispiel, dass wir das Signet der Agentur – lange Zeit „cyclos design“ – vor geraumer Zeit auf „cyclos“ verkürzt haben. Denn unsere Kernkompetenz beschränkt sich schon lange nicht mehr auf Design im weitesten Sinne. Vielmehr ist die Markenentwicklung zu unserer zentralen Kompetenz geworden, die zwar sämtliche Designprozesse einbezieht, sich aber eben nicht mehr darauf beschränkt. Dies bringt auch unser Claim „empowering brands“ zum Ausdruck. Letztendlich sind wir selbst ein Beweis dafür, wie erfolgreich ein Unternehmen – in unserem Falle eine Corporate-Agentur – durch gezielte Markenführung werden kann. Als Designer-Duo gestartet, beschäftigen wir inzwischen rund 30 feste und bei Bedarf weitere freie Mitarbeiter*innen. cyclos wurde bereits mehrfach mit den renommierten Design-Awards „reddot“ und „iF“ ausgezeichnet. Im Ranking der rund 10.000 Corporate-Agenturen in Deutschland hat cyclos in den letzten 8 Jahren immer einen Platz in den Top 25 errungen. Ohne ein konsequentes Markenbild hätten wir das nicht erreicht.

In Ihrem auch personell wachsenden Unternehmen müssen Sie Mitarbeiter führen. Was haben Sie bisher über Mitarbeiterführung gelernt und was müssen Sie vielleicht noch lernen?

Als wir mit cyclos starteten, das erinnere ich gut, neigte ich dazu, in kreativen Teamprozessen meine persönliche Auffassung durchzusetzen. Denn ich trug ja die Verantwortung für den Erfolg unserer Arbeit und hätte auch für eventuelle Misserfolge geradestehen müssen. Inzwischen weiß ich demokratische Entscheidungsprozesse sehr zu schätzen. Und den Instinkt und die Erfahrung unserer Mitarbeiterinnen sowieso – das war aber schon immer so.

Eine aktuelle Herausforderung für mich ist, das wachsende Bedürfnis unserer Teammitglieder nach individuell bestimmter, vielleicht auch verkürzter Arbeitszeit zu managen. In unsere Agentur arbeiten wir oft unter enormem Zeitdruck. Da ist es oft schwierig, die Wünsche des Einzelnen für die persönliche Work-Life-Balance zu berücksichtigen.

Herr Seepe, Sie sind Designer und haben bereits zahlreiche Preise als Designer gewonnen. Gibt es jemanden, den Sie für seine Arbeit bewundern? Und wenn ja, was begeistert Sie daran?

Ein Macher, den ich immer sehr bewundert habe, ist Steve Jobs, der Apple Gründer. Er hatte einen genialen Spürsinn für die Bedürfnisse der Menschen und konnte sie visionär in lebensnahe, bedienerfreundliche Technologie umsetzen. Mit einer beispielhaften Konsequenz in der Ausrichtung der Marke hat er Apple zu einem Giganten in unserer heutigen Welt gemacht. Die Ideen von Steve Jobs haben unsere Welt nachhaltig verändert – was für eine Lebensleistung!

Zum Abschluss: Sakko oder Lederjacke?

Beides! Lederjacke für das Cabrio, im Business das Sakko. Aber zum Glück bin ich ja Designer – da reicht oft ein schwarzes Hemd fürs Meeting.

Bild: © Frank Seepe

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 08/2020 und in unserem ePaper.