Bei den jährlichen Eigentümerversammlungen steht oft der Punkt „Entlastung der Verwaltung“ auf der Tagesordnung. Der Verband Wohnen im Eigentum (WiE) rät von der Entlastung ab, da sie mit weitreichenden rechtlichen Folgen verbunden ist.
Nach Entlastung können Fehler nicht mehr geltend gemacht werden
Laut dem Verband bedeutet eine Entlastung, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft auf mögliche Schadensersatzansprüche gegen die Verwaltung für das vergangene Wirtschaftsjahr verzichtet. Fehler, die bekannt sind oder bei sorgfältiger Prüfung hätten auffallen können – etwa Zahlungen für unvollständig erbrachte Handwerkerleistungen – können dann nicht mehr geltend gemacht werden. Auch das Recht, bei Unstimmigkeiten in der Jahresabrechnung Auskünfte von der Verwaltung zu verlangen, entfällt mit der Entlastung. Die Einsicht in die Verwaltungsunterlagen bleibt den Eigentümern jedoch weiterhin möglich.
WiE rät: Einspruch gegen Tagesordnungspunkt einlegen
Stimmt die Verwaltung die Tagesordnung mit dem Verwaltungsbeirat ab, sollte dieser laut WiE sachlich, aber bestimmt gegen den Punkt „Entlastung“ Einspruch einlegen. Ein gesetzlicher Anspruch auf Entlastung besteht nicht. Das Wohnungseigentumsgesetz regelt sie nicht. Selbst wenn im Verwaltervertrag oder in der Gemeinschaftsordnung eine Entlastung vorgesehen ist, seien solche Klauseln meist unwirksam, erläutert der Verband. Zulässig sei allenfalls ein Anspruch auf eine Beschlussfassung über die Entlastung, nicht jedoch auf die Entlastung selbst.
Eine nachträgliche Geltendmachung von Schadensersatz gegen die Verwaltung ist nur dann möglich, wenn ihr eine Straftat wie Betrug oder Untreue nachgewiesen werden kann und zum Zeitpunkt der Entlastung keinerlei Anhaltspunkte dafür vorlagen. In der Praxis ist ein solcher Nachweis jedoch meist schwer zu erbringen.
Zu beachten ist, dass die Entlastung sich ausschließlich auf Ansprüche der Gemeinschaft gegenüber der Verwaltung bezieht. Ansprüche einzelner Eigentümer aus ihrem Sondereigentum bleiben auch nach einer Entlastung bestehen.
Entlastung keine reine Formalie
Trotzdem wird die Entlastung oft als reine Formalie betrachtet. Zu Unrecht, wie Dr. Sandra von Möller, Vorständin des Verbands WiE, betont: „„Die Entlastung der Verwaltung ist also keinesfalls eine reine Formalie, sondern sie kann weitreichende Folgen haben und für die WEG teuer werden. Juristisch gesehen ist die Entlastung ein negatives Schuldanerkenntnis – die verbindliche Erklärung, dass die Verwaltung der WEG nichts mehr schuldet“, sagt WiE-Vorständin Dr. Sandra von Möller. „Auch wenn Wohnungseigentümer mit der Arbeit der Verwaltung zufrieden sind, sollten sie daher in der Eigentümerversammlung dem Beschlussantrag über die Entlastung nicht zustimmen“, rät von Möller.
Wurde die Entlastung dennoch beschlossen, kann dieser Beschluss innerhalb der einmonatigen Anfechtungsfrist von einzelnen Wohnungseigentümern angefochten werden. (bh)
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