Vorabentscheidungsersuchen bieten Gerichten in den EU-Mitgliedstaaten die Möglichkeit, den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Klärung von Fragen zur Auslegung des Unionsrechts zu bitten. Und vor wenigen Tagen hatte der EuGH einen befremdlich anmutenden Fall zu beurteilen: Es ging um die Frage, ob ein Hund bei einem Flug als Reisegepäck zu betrachten ist.
Ausgangspunkt war ein Flug am 22.10.2019 von Buenos Aires nach Barcelona, den eine Reisende gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrer Hündin antrat. Die Hündin musste wegen ihrer Größe und ihres Gewichts in einer Transportbox im Frachtraum reisen. Beim Check-in gab die Reisende keinen konkreten Betrag für die Ablieferung am Bestimmungsort an. Was dies konkret bedeutet, wird in der Entscheidungsbegründung noch eine Rolle spielen. Während der Beförderung gelang es dem Hund jedoch, sich aus der Box zu befreien. Anschließend gelang es nicht, ihn wieder einzufangen.
Hund entlaufen: Reisende verlangt immateriellen Schadensersatz
Die Reisende verlangte für den Verlust ihrer Hündin immateriellen Schadensersatz in Höhe von 5.000 Euro. Die Fluggesellschaft Iberia erkannte zwar ihre Haftung und das Recht auf Entschädigung an, begrenzte die Zahlung jedoch auf den für aufgegebenes Reisegepäck vorgesehenen Höchstbetrag.
Das zuständige spanische Gericht wandte sich daher an den EuGH, um klären zu lassen, ob mitreisende Haustiere vom Begriff „Reisegepäck“ im Sinne des Übereinkommens von Montreal ausgenommen sind.
Der Gerichtshof entschied, dass Haustiere nicht von diesem Begriff ausgeschlossen sind. Zwar bezieht sich die gewöhnliche Bedeutung von „Reisegepäck“ in erster Linie auf Gegenstände, doch folgt daraus nicht, dass Haustiere nicht darunterfallen.
Zur Entscheidungsbegründung
Das Übereinkommen von Montreal regelt die internationale Luftbeförderung von Personen, Reisegepäck und Gütern. Da „Personen“ sich ausschließlich auf Reisende bezieht, können Haustiere nicht als solche gelten. Für die Beförderung fallen sie daher unter den Begriff „Reisegepäck“ – und ein Schadenersatzanspruch richtet sich nach der dafür vorgesehenen Haftungsregelung.
Wurde kein Betrag für die Ablieferung am Bestimmungsort angegeben, deckt der Haftungshöchstbetrag der Fluggesellschaft sowohl materielle als auch immaterielle Schäden ab. Wer einen höheren Schutz wünscht, kann – mit Zustimmung des Luftfahrtunternehmens – den Wert beim Check-in angeben und den entsprechenden Zuschlag zahlen.
Was ist mit Tierschutz?
Dass der Schutz des Wohlergehens von Tieren ein von der EU anerkanntes Gemeinwohlziel ist, schließt nicht aus, dass Tiere als „Reisegepäck“ befördert werden können. Für die Haftung bei ihrem Verlust gelten sie entsprechend als solches. Voraussetzung ist jedoch, dass ihr Wohl während der Beförderung vollständig berücksichtigt wird. (bh)
EuGH, Urteil vom 16.10.2025 – Az: C-218/24
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können