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12. Juli 2022
Erbschaftsteuerbefreiung nur für selbst genutztes Familienheim?

Erbschaftsteuerbefreiung nur für selbst genutztes Familienheim?

Mit der Frage, ob ein Erbe wirklich nur dann von der Erbschaftsteuer für ein Einfamilienhaus befreit ist, wenn er es mindestens zehn Jahre selbst bewohnen kann, musste sich der Bundesfinanzhof befassen und hat dazu jüngst ein Urteil gefällt. Im konkreten Fall geht es um den Gesundheitszustand der Erbin.

Eine Frau hatte das von ihrem Vater geerbte Einfamilienhaus zunächst selbst bewohnt, war aber bereits nach sieben Jahren ausgezogen. Im Anschluss wurde das Haus abgerissen. In Sachen Erbschaftsteuerbefreiung machte die Frau dann gegenüber dem Finanzamt und dem Finanzgericht (FG) erfolglos geltend, sie habe sich angesichts ihres Gesundheitszustands kaum noch in dem Haus bewegen und deshalb ohne fremde Hilfe dort nicht mehr leben können. Das FG war der Ansicht, dies sei kein zwingender Grund für den Auszug, da sich die Frau ja auch fremder Hilfe hätte bedienen können.

Was „zwingende Gründe“ sind – Und was nicht

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen: Grundsätzlich setze die Steuerbefreiung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4c des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes voraus, dass der Erbe für zehn Jahre das geerbte Familienheim selbst nutzt – es sei denn, er ist aus „zwingenden Gründen“ daran gehindert. „Zwingend“, so der BFH, erfasse nicht nur den Fall der Unmöglichkeit, sondern auch die Unzumutbarkeit der Selbstnutzung des Familienheims. Reine Zweckmäßigkeitserwägungen, wie etwa die Unwirtschaftlichkeit einer Sanierung, genügten hier nicht, so der BFH.

Anders stelle es sich aber dar, wenn der Erbe aus gesundheitlichen Gründen für eine weitere Nutzung des Familienheims so erheblicher Unterstützung bedürfe, dass nicht mehr von einer selbstständigen Haushaltsführung zu sprechen sei. Das FG hat deshalb nun unter Mitwirkung der Erbin das Ausmaß ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu prüfen. (ad)

BFH, Urteil vom 01.12.2021 – II R 18/20

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