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Steuern & Recht
6. März 2020
Erwachsene Kinder haben kein Zeugnisverweigerungsrecht

Erwachsene Kinder haben kein Zeugnisverweigerungsrecht

Die erwachsenen Kinder von Eltern, die um Kindergeldzahlungen streiten, haben kein Zeugnisverweigerungsrecht. Die grundsätzliche Möglichkeit dazu laut Finanzgerichtsordnung greift hierbei nicht, wie ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs zeigt.

Kinder stehen häufig zwischen den Fronten, wenn ihre Eltern sich trennen. Um so größer die Konfrontation zwischen den Eltern, desto höher auch der Leidensdruck für das Kind. Und dieser Leidensdruck hat wohl auch kein konkretes Ablaufdatum, denn auch ein volljähriges Kind kann beim Streit zwischen den Eltern ins Kreuzfeuer geraten. Geht es dann schließlich bis vor Gericht, kann das volljährige Kind sich jedoch nicht ohne Weiteres auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen.

Eltern streiten um Kindergeld

Im konkreten Fall ging es um einen Kindergeldprozess zwischen zwei Elternteilen. Die Eltern hatten sich scheiden lassen und stritten nun darüber, wem das Kindergeld für das gemeinsame volljährige Kind zustand. Zu dem Zeitpunkt erhielt die Mutter des Sohnes die Zahlungen von der Familienkasse.

Welchem Haushalt gehört der Sohn an?

Der Vater begründete seinen Anspruch damit, dass das Kind nicht mehr im Haushalt der Mutter lebe und er den höheren Unterhaltsbeitrag für das Kind leiste. Die Mutter hingegen gab an, dass das Kind sehr wohl weiterhin in ihrem Haushalt lebe. Dies versuchte sie mit einem Schreiben des Kindes an die Kindergeldkasse zu belegen. In diesem gibt der Sohn der Eheleute an, dass er jedes zweite Wochenende bei seiner Mutter verbringt und auch die Semesterferien komplett dort verbracht habe. Der Vater zweifelte dies an und behauptete, seinem Sohn stehe im Haushalt der Mutter nicht einmal mehr ein Bett zur Verfügung.

Finanzgericht entscheidet ohne Sohn zu vernehmen

Das Finanzgericht Hessen hatte zugunsten der Kindsmutter entschieden und festgestellt, dass der Sohn weiterhin dem Haushalt der Mutter angehört hat. Dieses Urteil fiel jedoch, ohne den Sohn persönlich zu vernehmen, da dieser bereits vor der mündlichen Verhandlung in einem Schreiben angekündigt hatte, von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch zu machen.

Revision vor dem BFH

Der Vater legte gegen das Urteil Revision vor dem Bundesfinanzhof (BFH) ein und begründete dies damit, dass das Finanzgericht Hessen seine Sachaufklärungspflicht verletzt habe, indem es keine Beweise für die angegebene Haushaltszugehörigkeit erhoben hat.

Sachaufklärungspflicht wurde verletzt

Der BFH gab der Klage des Vaters statt und verwies den Fall zur erneuten Entscheidung an das Finanzgericht Hessen zurück. Zwar habe das Finanzgericht richtig entschieden, dass die Zahlungen dem Elternteil zustehen, in dessen Haushalt das Kind lebt und ansonsten derjenige bevorzugt wird, der die höheren Unterhaltsbeiträge leistet – jedoch habe das Gericht tatsächlich seine Sachaufklärungspflicht verletzt.

Zeugnisverweigerungsrecht bestand nicht

Der BFH weist das Finanzgericht Hessen darauf hin, dass es ja schon erkannt hatte, dass eine Vernehmung des Sohnes notwendig sei, um den Sachverhalt zu klären. Schließlich hatte es bereits angekündigt, den Sohn vorladen zu wollen und sich dann jedoch von seinem Schreiben davon abhalten lassen. Das Zeugnisverweigerungsrecht habe jedoch überhaupt nicht bestanden, führte der BFH in seiner Urteilsbegründung aus.

Kindergeldprozesse fallen nicht unter § 84 FGO

Volljährige Kinder seien gemäß § 68 Abs. 1 Einkommenssteuergesetz (EstG) zur Mitwirkung an der Aufklärung des für die Kindergeldzahlung maßgebenden Sachverhalts verpflichtet. Das ansonsten geltende Zeugnisverweigerungsrecht (§ 84 Finanzgerichtsordnung) erstrecke sich ausdrücklich nicht auf den Kindergeldprozess. Insbesondere für die Klärung, welchem Haushalt das Kind angehöre, sei die Mitwirkung des Sohnes unerlässlich. (tku)

BFH, Urteil vom 18.09.2019, Az.: III R 59/18

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