Zuletzt hatte sich die Finanzmarktaufsicht der EU (ESMA) mehrfach mit warnenden Worten an die Anleger gewandt. In einer dieser Warnungen, über die AssCompact berichtete, ging es auch um die Risiken von Investments in Kryptowährungen. In einer anderen stellte die ESMA bereits Mitte Februar erhebliche Marktkorrekturen in Aussicht – noch bevor der Einmarsch Russlands in der Ukraine die Märkte zum Wanken brachte (AssCompact berichtete).
Hohe Volatilität an den Rohstoffmärkten
Im Rahmen eines Interviews mit dem Handelsblatt hat ESMA-Chefin Verena Ross nun betont, dass die Risiken an den Märkten weiterhin hoch seien. Gerade an den Rohstoffmärkten ließen sich besonders große Kursschwankungen verzeichnen.
Liquiditäts- und Bewertungsprobleme
Ross macht aber noch auf ein weiteres Problem aufmerksam. Gerade bei Produkten, die eng mit dem russischen oder ukrainischen Markt zusammenhingen, gebe es derzeit nicht nur Liquiditäts-, sondern auch Bewertungsprobleme. „Es ist in der aktuellen Situation nicht einfach, eine angemessene Bewertung bestimmter Fonds darzustellen“, so die ESMA-Chefin. Weitere Informationen zum EU-Rating-Verbot sind hier zu finden.
Krieg, Inflation und Leitzinserhöhungen
Welche Auswirkungen es nach sich ziehen würde, wenn Russland in die Staatspleite schlittern würde, vermag Ross nicht abzuschätzen. Die aktuellen Marktturbulenzen dürften jedoch nicht nur mit dem Ukraine-Krieg erklärt werden. Auch die hohen Inflationsraten und mögliche Zinserhöhungen hielten die Volatilität hoch.
Neobroker und Influencer
Gefragt nach dem Einfluss von Neobrokern wie Trade Republic und Scalable Capital auf das Anlegerverhalten merkt Ross an, dass es zunächst zu begrüßen sei, dass die Digitalisierung mehr Anlegern den Weg an die Kapitalmärkte ebne. Allerdings erfülle es die ESMA mit Sorge, dass die Plattformen zum schnellen und häufig auch spekulativen Trading verleiteten. Ebenso kritisch sieht Ross den Einfluss von Influencern auf Investitionsentscheidungen von Privatanlegern.
Finanzindustrie stärker überwachen
Auch auf die Finanzindustrie kämen neue Herausforderungen zu. „Beim Verbraucher- und Investorenschutz sehe ich Handlungsbedarf für das gesamte Finanzsystem, das kann die ESMA nicht alleine lösen“, so Ross im Interview. „Vorschriften verpflichten Finanzfirmen bereits heute, im besten Interesse ihrer Kunden zu handeln. Aber die Einhaltung dieser Regeln muss intensiver überwacht werden.“
Kampf gegen Greenwashing
Und auch das Thema Greenwashing steht bei der ESMA weit oben auf der Agenda. Die Informationen, die Anlegern aktuell zur Verfügung gestellt werden, seien noch nicht ausreichend, sagt Ross. Die EU-Vorschriften, die im Kampf gegen Greenwashing erlassen werden, sollten demnach in den verschiedenen Mitgliedsstaaten einheitlich umgesetzt werden.
ESG mit mehr S und G
Demnächst werde es hinsichtlich der EU-Taxonomie aber nicht mehr nur um Umweltaspekte bei der Bewertung von Investments gehen. Auch soziale Aspekte sowie jene der Unternehmensführung würden künftig verstärkt miteinbezogen, wenn es um das Thema Nachhaltigkeit gehe. „Ich bin überzeugt, dass sich die Taxonomie weiterentwickeln wird“, so Ross zu diesem Punkt.
Das Interview in voller Länge kann hier nachgelesen werden. (tku)
Bild: © hkama – stock.adobe.com
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