Interview mit Martin Bechtloff, ETF Distribution, Germany and Austria, und Martin Stenger, Director Sales, Business Development Insurance – Germany, Austria & Switzerland bei Franklin Templeton
Herr Bechtloff, Herr Stenger, frei heraus: Warum sind ETFs im Versicherungsmantel eine gute Wahl für die Altersvorsorge?
Martin Stenger Besonders im aktuellen Marktumfeld stehen bei der Kombination aus ETFs und Versicherungsmantel Aspekte wie Risikotransparenz, Kostenkontrolle, Value for Money und die messbare Qualität der Zielerreichung klar im Fokus. Kunden profitieren von der Möglichkeit, ihre Altersvorsorge individuell zu gestalten – etwa durch temporäre Renten oder Entnahmepläne. Innerhalb von Policen mit ETF-Investments können Umschichtungen innerhalb des Vertrags steuerfrei erfolgen, was eine hohe Anpassungsfähigkeit bei gleichzeitig niedrigen Kosten ermöglicht. Auch Aspekte wie Erbschaftsteueroptimierung und die gezielte Planung der Entsparphase spielen eine zunehmend wichtige Rolle.
Martin Bechtloff ETFs stehen für Kosteneffizienz, Liquidität und breite Diversifikation. Im Versicherungsmantel entfalten sie ihr volles Potenzial, da sie langfristig ausgerichtet sind und gleichzeitig eine hohe Transparenz bieten. Die Kombination aus steuerlicher Optimierung und ETF-Vorteilen ist besonders attraktiv für Vorsorgeprodukte. Statt einer klassischen Leibrente steht heute viel stärker die flexible, begleitete Entnahme nach Bedarf im Vordergrund – bei gleichzeitigem Investiertbleiben und Nutzung der ETF-Vorteile.
Worin liegen die Unterschiede zur klassischen Fondspolice ohne ETFs?
MS Die Beratung und Struktur unterscheiden sich. Bei ETF-basierten Versicherungslösungen ist die Produktauswahl oft modularer und die „Personalisierung“ eines Depots ist noch granularer möglich. Kunden können tagtäglich die einzelnen Positionen im Depot einsehen und die Zusammensetzung und ihre Strategie gezielt anpassen. Die Möglichkeit, kosteneffiziente ETFs zu kombinieren und dabei flexibel auf Marktveränderungen zu reagieren, ist ein wichtiger Unterschied gegenüber traditionellen Fondspolicen mit aktiv gemanagten Fonds.
... und worin zum klassischen Wertpapierdepot?
MS Der Versicherungsmantel bringt Struktur und Sicherheit. Kunden erhalten nicht nur steuerliche Vorteile, sondern auch Schutzmechanismen, die im Wertpapierdepot nicht gegeben sind. Zudem sind die Produkte oft auf die Entsparphase abgestimmt, was eine gezielte Planung ermöglicht. Während im Depot Kapitalerträge direkt versteuert werden, bietet der Mantel steuerliche Stundung und eine optimierte Besteuerung bei Auszahlung – ein entscheidender Vorteil für die Altersvorsorge.
MB ETFs im Depot sind flexibel, aber im Mantelprodukt werden sie in ein ganzheitliches Vorsorgekonzept eingebettet. Das erlaubt eine strategische Nutzung über die gesamte Laufzeit hinweg – mit klaren Auszahlungsmechanismen und automatischem Rebalancing. Zwar sind mit der Versicherungsstruktur und der Vermittlung gewisse Zusatzkosten verbunden, doch diese können durch die steuerlichen Vorteile und die strukturierte Entsparphase überkompensiert werden – vorausgesetzt, die Anlagestrategie wird diszipliniert und langfristig verfolgt.
Ein gerne genannter Vorteil von ETFs ist die Transparenz. Geht dieser Vorteil im Versicherungsmantel verloren?
MS Nein, der Transparenzvorteil bleibt grundsätzlich erhalten. Zwar wird die ETF-Auswahl im Versicherungsmantel oft durch den Anbieter vorstrukturiert, doch moderne Policen bieten eine klare Übersicht über die enthaltenen Fonds, deren Kosten und Performance. Wichtig ist, dass Anleger auf Tarife mit hoher Flexibilität und Transparenz achten – etwa mit kostenfreien Fondswechseln.
Welche ETFs werden bei Ihnen vornehmlich für Versicherungsprodukte nachgefragt?
MS Vornehmlich nachgefragt werden breit gestreute, kosteneffiziente ETFs, aber auch nachhaltigkeitsorientierte ETFs gewinnen an Bedeutung, da Versicherer zunehmend ESG-Kriterien in ihre Produktarchitektur integrieren. Dividendenstarke ETFs werden als stabilisierender Einkommensbaustein geschätzt und einzelne Schwellenländer wie China und Indien werden auch sehr gerne ausgewählt.
Wie handhaben Sie und die Versicherungsanbieter die Gewichtung verschiedener ETFs in den Produkten?
MS Die Gewichtung erfolgt meist über einen Core-Satellite-Ansatz, abgestimmt auf das Risikoprofil des Kunden. Einige Anbieter, mit denen wir zusammenarbeiten, ermöglichen eine breite Auswahl an ETFs über bis zu 20 Core- und zehn Satelliten-Asset-Klassen. Die Gewichtung wird dann oft auch dynamisch angepasst – etwa durch Rebalancing oder Modellportfolios.
ETFs setzen bekanntlich häufig auf breit gestreutes Wirtschaftswachstum. Wie sehen Sie das vor den aktuellen geopolitischen Bewegungen?
MB Die geopolitische Fragmentierung – etwa durch Handelskonflikte oder regionale Krisen – macht eine gezielte ETF-Auswahl wichtiger denn je. Welt-ETFs auf den FTSE All-World bleiben Basisbausteine, doch Ergänzungen durch regionale oder thematische ETFs (z. B. Asien ex-China, ex-Japan; künstliche Intelligenz) erhöhen die Resilienz. Diversifikation über verschiedene Währungsräume, Länder und Branchen ist essenziell. Übrigens sind geopolitische Risiken kein neues Phänomen – doch gerade in passiv gemanagten Portfolios spiegeln sich Veränderungen, etwa durch die Neugewichtung von Unternehmen, die von globalen Lieferkettenanpassungen profitieren, unmittelbar wider.
Flexibilität wird bei der Altersvorsorge immer wichtiger. Können ETFs in einer Versicherung hier aushelfen?
MS Absolut. ETFs bieten flexible Sparraten, die jederzeit angepasst oder pausiert werden können. In modernen Versicherungslösungen sind auch Zuzahlungen, Entnahmen und Fondswechsel möglich – oft steuerlich begünstigt. Die Kombination aus Liquidität, Kosteneffizienz und steuerlicher Optimierung macht ETFs besonders attraktiv für die Altersvorsorge.
Wie unterscheidet sich die Beratung bei ETF-Rentenversicherungen von der einer klassischen Fondspolice?
MS Die Beratung bei ETF-Rentenversicherungen ist datengetriebener und transparenter. Der Fokus liegt auf Kostenquoten (TER), Risikokennzahlen und Portfolioqualität. ETF-basierte Policen erfordern mitunter mehr Know-how in der Portfoliozusammenstellung, weil man mit ETFs sein Portfolio noch kleinteiliger strukturieren und auf einzelne Kundenwünsche eingehen kann.
Welche Trends sehen Sie in den kommenden Jahren für ETFs im Versicherungsmantel?
MB ETFs im Versicherungsmantel gewinnen weiter an Bedeutung – insbesondere durch flexible Allokationsmöglichkeiten. Wir sehen sieben zentrale Trends: den Aufstieg aktiver ETFs, ESG-Strategien mit geringem Tracking Error, die Rückkehr von Faktorstrategien, die wachsende Rolle digitaler Vertriebswege und Kommunikation, die Integration in fondsgebundene Versicherungen, eine Neustrukturierung der Fondsselektion sowie die strategische Entwicklung zwischen „Light Active ETFS“ und „Fully Active ETFs“. Jene Entwicklungen machen ETFs zu einem immer relevanteren Baustein in modernen Versicherungslösungen: Diese sind heute deutlich diversifizierter, und sowohl Berater als auch Investoren begegnen der zunehmenden Komplexität der ETF-Auswahl mit wachsendem Fachwissen. Zudem beobachten wir, dass die ETF-Kosten weiter sinken – ein klarer Vorteil auch für Versicherungskunden.
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