Nach Beginn der Trilogverhandlungen zur EU-Kleinanlegerstrategie (Retail Investment Strategy – RIS) erhielt die EU-Kommission den Auftrag, den bisherigen Entwurf im Hinblick auf eine bessere Praktikabilität zu überarbeiten. In einem sogenannten Non-Paper – einem informellen Diskussionspapier – unterbreitet sie nun Vorschläge zur Vereinfachung der vorvertraglichen Informationen, zur Streichung von ESG-Angaben in den Basisinformationsblättern (PRIIPs, KID) sowie zur Zusammenführung von Eignungsprüfung und Best-Interest-Test. Darüber hinaus sollen Peer-Gruppen-Vergleiche und Benchmark-Modelle für unterschiedliche Produktkategorien eingeführt werden, um eine höhere Kosteneffizienz und ein ausgewogeneres Preis-Leistungs-Verhältnis zu erreichen. Auch eine Überarbeitung des umstrittenen Inducement-Tests wird angeregt.
Schon am Mittwoch gehen die Diskussionen weiter
Aus Frankreich und Tschechien werden nun Rufe nach einer deutlich weitergehenden Deregulierung laut. So wird in ihrem jeweiligen Non-Paper unter anderem gefordert, die Best-Interest-Prüfung sowie den Inducement-Test entweder ganz abzuschaffen oder zumindest erheblich zu begrenzen. Auch die Vorgaben zur Portfoliodiversifizierung und die sogenannten Level-2-Regelungen – konkretisierende Durchführungsbestimmungen mit erheblichem Einfluss auf den Beratungsalltag – sollen deutlich reduziert werden.
Die Diskussion über die Non-Paper beginnt schon in den nächsten Tagen, ihr Einfluss auf den finalen Entwurf ist noch ungewiss. Am 14.05.2025 befasst sich die Verhandlungsgruppe des EU-Parlaments mit den neuen Papieren, der EU-Rat folgt am 19.05.2025 – darauf weist der AfW-Verband hin. Mögliche nächste Trilogtermine zwischen Kommission, Rat und Parlament sind der 03.06.2025 und der 01.07.2025.
Der aktuelle Verlauf der Debatte wirft ernste Fragen auf
„Die Vorlage dieser beiden Non-Paper zeigt, wie offen die weitere Ausgestaltung der RIS derzeit ist“, erklärt Norman Wirth, Vorstand des AfW. „Gerade für unabhängige Vermittlerinnen und Vermittler ist es entscheidend, dass am Ende keine Regelungen stehen, die Beratung unnötig erschweren oder verteuern. Überregulierung gefährdet am Ende die Vielfalt und den Zugang zu guter Beratung.“
Vor diesem Hintergrund äußert sich der AfW besonders besorgt über bestimmte Tendenzen in der Diskussion. Während die ursprünglichen Pläne für ein Provisionsverbot zumindest vorerst weitgehend vom Tisch scheinen, kritisiert der Verband insbesondere die geplante indirekte Preisregulierung durch europaweite Benchmarks. „Staatliche Preisvorgaben passen nicht zu funktionierenden Märkten. Sie können zu einer Einschränkung der Beratungsvielfalt führen und gerade Kleinanleger von der unabhängigen Beratung ausschließen“, so Wirth. (bh)
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können