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15. Juli 2022
EU-Versicherungsaufsicht nimmt Neukundenrabatte ins Visier
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EU-Versicherungsaufsicht nimmt Neukundenrabatte ins Visier

Nach Auffassung der EU-Versicherungsaufsicht EIOPA locken Versicherer Neukunden oft mit günstigeren Tarifen, als sie Bestandskunden angeboten werden, trotz des gleichen Risikoprofils. Diese Praxis ist der Aufsicht ein Dorn im Auge, weswegen sie nun dagegen vorgehen will.

Die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) nimmt sich Rabatte für Neukunden und ähnliche Preisstrategien vor. Einige dieser Praktiken sind nach Ansicht der EIOPA nicht von der geltenden EU-Gesetzgebung gedeckt und führen zu einer unfairen Behandlung der Kunden, heißt es in einem Papier der Behörde. Als Ausgangspunkt ihres Vorwurfs nennt die EU-Versicherungsaufsicht die Praxis unter Versicherern, Neukunden mit günstigeren Tarifen anzulocken, als sie Bestandskunden angeboten werden, auch dann, wenn sie sich in ihrem Risikoprofil nicht unterscheiden.

Loyale Kunden werden unangemessen benachteiligt

„Loyale Kunden, die keine Preise vergleichen, laufen Gefahr, schlechter behandelt zu werden als Neukunden, die durch Rabatte angelockt werden“, erläuterte jüngst Petra Hielkema, Vorsitzende des EIOPA-Vorstandes, in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung, und erklärt weiter: „Wenn Versicherer zum Beispiel im Zuge der Digitalisierung neue Technologien wie künstliche Intelligenz nutzen, um die Wahrscheinlichkeit zu berechnen, dass ein Kunde wechselt, und von den Wechselunwilligen mehr Prämie verlangen, dann wäre das ein Grund zur Sorge.“ Das sei zwar kein rein auf die Versicherungsbranche beschränktes Phänomen, denn man kenne das Vorgehen auch aus anderen Branchen wie der Energiewirtschaft, so die EIOPA-Chefin weiter, aber das mache die Praxis der Versicherer nicht besser. Folge sei, dass besonders treue Kunden bei der Verlängerung ihrer Verträge mit höheren Prämien rechnen müssten. Vor allem der Preiswettbewerb in der Autoversicherung werde auf diese Weise ausgetragen, heißt es von der EIOPA. Die Aufsicht kommt daher zu dem Ergebnis, dass Neukundenrabatte seitens der Versicherer loyale Kunden unangemessen benachteiligen würden. Und darunter seien vor allem schutzbedürftige ältere Menschen, die den Anbieter erfahrungsgemäß seltener wechseln.

EIOPA startet Konsultation zu Neukundenrabatten

Grundsätzlich seien bestimmte Rabatte in der EU erlaubt. Die EIOPA erwarte von den Versicherern aber den Nachweis, dass sie die Kunden mit ihren Preisstrategien nicht unfair behandelten. In ihren aufsichtsrechtlichen Erwartungen lege sie deshalb fest, erklärte die EIOPA, „dass Versicherer, die von differenzierten Preisgestaltungspraktiken Gebrauch machen wollen, nachweisen müssen, dass sie über angemessene Produktaufsichts- und Governance-Maßnahmen verfügen, um eine faire Behandlung der Verbraucher und die Minderung von Verbraucherrisiken zu gewährleisten“. Unternehmen und Verbraucherschützer haben daher nun bis 07.10.2022 Zeit, zur Auffassung der EIOPA, Neukundenrabatte benachteiligten loyale Kunden unangemessen, Stellung zu nehmen. In Großbritannien beispielsweise hat die auf den Verbraucherschutz spezialisierte Finanzaufsicht FCA solche Praktiken, die dort unter dem Schlagwort „Price Walking“ bekannt sind, bereits 2021 untersagt. (as)

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